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Es wäre der Untergang einer ganzen Region

W.Ehle, Bürgerinitiative Neu-Isenburg gegen Fluglärm und Schadstoffbelastung

Ein Projekt wie der Flughafenausbau kommt nicht urplötzlich aus dem Nichts, es hat seine konkreten Ursachen und Auslöser. Um die Problematik des Ausbaus zu verstehen, ist es daher notwendig, die Entstehungsgeschichte kurz zu beleuchten.

Von der Startbahn 18 West .......

Anfang der 80er Jahre wurde die berühmte Startbahn 18 West mit großem Aufwand und gegen massive Bürgerproteste durchgesetzt. Das - wie es damals schien - Ende der Ausbaudebatten war damit erreicht. Die hessische Landesregierung unter ihrem SPD-Ministerpräsidenten Holger Börner ließ verkünden, dass nunmehr kein weiterer Baum für eine Flughafenerweiterung fallen werde. Falls überhaupt notwendig, sollte eine Kapazitätserweiterung nur ,,innerhalb des Zauns" stattfinden.

Bekanntlich war das Wachstum des Luftverkehrs in den danach folgenden zwei Jahrzehnten enorm groß, und daraus folgte, dass die vorhandenen Kapazitäten des Flughafens irgendwann um 1998 restlos ausgeschöpft waren.

Dies war der Anlass für den Hauptkunden der Flughafen AG (FAG), die Lufthansa, von ihrem Vorstand verkünden zu lassen, dass man als Fluggesellschaft mit den Zuständen auf Rhein-Main unzufrieden sei und eine Kapazitätserweiterung für unumgänglich halte. Um diese Aussage noch zu verstärken, verkündete LH-Vorstand Weber, man müsse sogar über einen Abzug der Lufthansa-Basis aus Frankfurt nachdenken. Dies habe dann natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsplätze...

Es wird nicht zu klären sein, ob die Lufthansa diesen Auftritt vorher mit der FAG abgestimmt hat, oder die FAG den Ball anschließend freudig aufnahm. Tatsache ist, dass damit die öffentliche Ausbaudiskussion losgetreten wurde. Hauptargument: Wenn Rhein-Main nicht im Wettbewerb mit den anderen europäischen Großflughäfen Amsterdam, Paris und London mithalten könne, seien die derzeitigen 58000 Arbeitsplätze aufs höchste gefährdet.

Die Politiker des damals noch SPD-geführten Landtages nahmen dieses Argument gerne und ungeprüft auf und unterstützten die FAG-Forderung in vollem Umfang. Mittlerweile zeigen die Fakten, dass die Arbeitsplätze nicht das Schlüsselargument für einen Ausbau sind. Die vielzitierte ,,Jobmaschine" wird heute von der FAG und der Landesregierung als Argument nur noch zurückhaltend ins Feld geführt.

Die tatsächliche Personalentwicklung am Flughafen spricht nachweislich eine andere Sprache. Es ist weder glaubwürdig darzulegen, dass durch einen Ausbau Zehntausende neuer Jobs entstehen, noch ist plausibel zu machen, dass der Flughafen ohne Ausbau auf provinzielles Mittelmaß zurückfällt und zu Massenentlassungen gezwungen ist.

Dennoch bleibt festzustellen, dass sich CDU-Ministerpräsident Koch bedingungslos dem Ausbau verschrieben hat. Er hat diese Haltung dadurch untermauert, dass er sich sogar zum Aufsichtsratschef der FAG hat bestellen lassen. Man muss hierzu wissen, dass die Flughafen AG zu 45,2% dem Land Hessen, zu 28,9% der Stadt Frankfurt (über Stadtwerke Holding) und zu 25,9% der Bundesrepublik Deutschland gehört.

Ein Aspekt, der nachdenklich stimmt und der moralisch und möglicherweise juristisch anrüchig ist, ist die Tatsache, dass der Ministerpräsident gleichzeitig FAG-Aufsichtsratsvorsitzender ist. In seiner Funktion als Regierungschef ist er nämlich auch oberster Dienstherr der Genehmigungsbehörde für den Flughafen­ausbau. Man muss hier wohl einen klaren Interessenkonflikt feststellen.

Die Mediation

Noch die vorige Landesregierung hat - den drohenden Konflikt vorausahnend - eine Einrichtung geschaffen, die nach Möglchkeit einen Kompromiss finden sollte zwischen den Forderungen/Bedürfnissen der FAG und den durch den Ausbau betroffenen Menschen der Region. Denn es war sofort klar, dass eine Neuauflage der Startbahn-West-Auseinandersetzungen droht.

Die Mediationsgruppe sollte eine objektive und neutrale Bewertung aller relevanten Faktoren vornehmen und schließlich eine Ausbauvariante vorschlagen, die einen akzeptablen Kompromiss bot und einen „friedlichen" Ausbau ermöglichte.

Die Umwelt- und Naturschutzverbände sowie die Mehrzahl der Bürgerinitiativen der (potenziell) betroffenen Gemeinden erkannten jedoch sehr früh, dass die Mediation auf Grund ihrer Konzeption eine Alibi-Veranstaltung zu werden drohte. Dem Bürger wurde und wird der Eindruck vermittelt, dass dieses Gremium eine echte Entscheidung herbeiführen könne. Tatsache ist, dass die Mediatoren mit Millionen von Steuergeldern aufwendige Studien finanziert haben, die bereits an der (durch die FAG mitdefinierten) Aufgabenstellung erkennen lassen, dass man am Ende ganz bestimmte Ergebnisse sehen wollte.

Tatsache ist weiterhin, dass diese Studien der FAG bei der schnellen Durchsetzung des Sofortvollzuges der Baugenehmigung helfen werden, da man jetzt darauf hinweisen kann, dass praktisch alle Untersuchungen, die das Planfeststellungsverfahren vorschreibt, bereits von der Mediation durchgeführt wurden!

Drittens ist es leider eine Tatsache, dass führende FAG-Mitarbeiter im kleinen Kreise von Gleichgesinnten sagen:

„Mediation - ergebnisoffen? Das sehen wir ganz anders. Die Mediation ist geeignet, viel Luft rauszulassen.“ Dies bestätigt die Einschätzung der Naturschützer und BIs, dass mit der Mediation dem Volke etwas vorgegaukelt werden sollte.

Bleibt festzustellen, dass viele der aufrichtig Bemühten, wie der bekannte Startbahnpfarrer und Fluglärmgegner Professor Kurt Oeser, zu denen gehören, die an der Nase herumgeführt wurden. Die Mediation ist letztlich nur eine Arbeitsgruppe, die mit großem Enthusiasmus und ohne dass sie es richtig gemerkt hat, den Flughafenplanern zugearbeitet hat. Und etliche saßen wohl auch dabei, die es wussten.

Im Verlauf ihrer Arbeit ist den Mediatoren einiges mehr klar geworden, deshalb haben sie nicht eine, sondern gleich mehrere Alternativen vorgelegt und wollen die Politik entscheiden lassen. Da von Anfang an klar war, dass die Politik ohnehin nicht an die Mediationsergebnisse gebunden ist, muss man sich nun umso mehr die Frage stellen, für was über 5,8 Millionen an Steuergeldern ausgegeben wurden.

Den Nutzen davon hat letztlich nur die FAG, die alle diese Studien frei Haus geliefert bekommt.

Die Ausbauvarianten

Als genial muss die Strategie der FAG gelten, die Diskussion immer wieder wechselnd um nördliche oder südliche Landebahnen zu entfachen. Dies hat recht effektiv verhindert, dass sich eine homogene Gegenbewegung bei den Bürgerinitiativen etabliert hat.

Frankfurt und Offenbach kämpfen gegen die Nordbahn, die Gemeinden der Kreise Offenbach und Gross-Gerau gegen jegliche Südvariante. Betrachtet man die ernsthaft diskutierten Varianten genauer, dann wird klar, dass jede neue Landebahn für alle umliegenden Gemeinden Nachteile bringt.

Nordbahn

In der Diskussion sind zwei mögliche Bahnvarianten im Schwanheimer Wald, eine östliche, näher an Frankfurt Süd, und eine westliche, näher an Kelsterbach. Beide liegen im Bannwaldgebiet, einem Wald der höchsten Schutzkategorie, der mehr als 1000 Jahre alt ist und darüber hinaus für Frankfurt ein bedeutendes Trinkwasserreservoir darstellt.

Geplant sind hier Bahnen, die auf Grund ihrer Länge ausschließlich als Landebahnen benutzt werden können. Daher ist eine Überbrückung der Autobahn A3 notwendig, damit die Flugzeuge von dort auf das alte Flughafengelände rollen können, um hier abgefertigt zu werden und zu starten.

Nachteile: Die südlichen Vororte Frankfurts und Offenbach sind massiv vom Lärm der landenden Jets betroffen. Die Flugzeuge müssen dann mit eigener Schubkraft eine Brücke überwinden, die höher als der dortige Baumbestand ist. Der Triebwerkslärm wird in der ganzen Region zu hören sein. Für das bestehende Bahnensystem und die südlichen Gemeinden kommt es außerdem zu einer entsprechenden Zunahme des Startverkehrs.

Also: Nachteile für alle. Außerdem ist für den Betreiber eine Nordbahn die schlechtere Lösung. Er bekommt zwar insgesamt ein Vier-Bahnen-System, muss aber mit einem technisch schwierigen Kompromiss leben, der langfristig keine weitere Perspektive bietet. Die explizite Präferierung einer Nordbahn durch die FAG kann leicht als taktisches Manöver enttarnt werden: siehe unten.

Südbahn

Angedacht sind zwei Bahnverläufe südlich der jetzigen Cargo City, teilweise außerhalb des Flughafengeländes. Tragisch, angesichts der Startbahn West-Ereignisse mit immerhin zwei Toten, ist die Notwendigkeit, die Startbahn West stillzulegen, wenn eine Südbahn kommt! Man kann sich zu der Weitsicht der damaligen Planer seine eigenen Gedanken machen.

Jede der beiden Südbahn-Varianten bedeutet: Der gesamte Bereich von der Frankfurter Stadtgrenze bis in die Gegend von Langen versinkt unter einem permanenten Lärmteppich. Es werden auf den dann vorhandenen drei Parallelbahnen zu jedem Zeitpunkt Starts und Landungen stattfinden. Damit steht die Region östlich und die Region westlich des Flughafens am Rand der Katastrophe.

Orte wie Zeppelinheim werden in weniger als 150 Metern überflogen - im Minutentakt! Außerdem muss man davon ausgehen, dass eine Südbahn erst den Anfang darstellt für die Realisierung der sogenannten Atlanta-Variante, die vier parallele Bahnen vorsieht, auf denen gleichzeitiger Start- und Landebetrieb möglich ist. Damit sind über eine Million Flugbewegungen realisierbar, gegenüber heute 440000!

Es liegt auf der Hand, dass die FAG langfristig eine solche Lösung als ideal ansieht, selbst wenn die Anfangskosten immens hoch sind. Die ablehnende Haltung der FAG zu einer Südbahn ist denn auch als taktisches Manöver erkennbar. Schließlich entscheidet die Politik, und die FAG muss akzeptieren, was ihr angeboten wird. Da technisch und wirtschaftlich alles für eine Südbahn-Lösung spricht, kann man davon ausgehen, dass die Landesregierung sich auch hierfür entscheidet. Man wird dabei wahrscheinlich bewusst in Kauf nehmen, dass jahrelange Prozesse und milliardenschwere Schadensersatzforderungen die Rentabilität der FAG auf Jahrzehnte belasten werden.

Die angestrebte Teilprivatisierung der FAG durch eine Kapitalerhöhung soll die Finanzierung unterstützen. Interessant wird sein, mit welchen Prognosen man dem Anleger diese Aktie verkaufen wird. Den heute rund 100 Millionen DM Jahresüberschuss der FAG stehen Baukosten in Milliardenhöhe plus mindestens 500 Millionen an Entschädigungssummen gegenüber. Große Dividenden sind da nicht zu erwarten.

Welche politischen Faktoren hierbei eine weitaus größere Rolle spielen als das Wohlergehen der Menschen im Süden wird aus dem plötzlichen Vorpreschen des Mediators Dr. Niethammer am 14. Januar 2000 deutlich, als er plötzlich eine neue Bewertung der Kapazitäten der Südbahnen hervorzauberte. Er nahm bewusst in Kauf, die versammelten Mediatoren damit zu düpieren und den Wert aller anderen Studien als beliebig manipulierbar darzustellen - alles mit dem Ziel, seine Klientel auf dem Frankfurter Lerchesberg von der Bedrohung durch die Nordbahn-Lösungen zu befreien.

Angst um den Arbeitsplatz

Die „Jobmaschine" war von Anfang an eines der Totschlagargumente. Es wurde mit erheblichem PR-Aufwand unter die Leute gebracht, und diese Arbeit hat sich gelohnt. Man hat ein resigniertes Klima geschaffen, in dem die Menschen sagen: „Wenn es doch notwendig ist für die Arbeitsplätze..."

Es ist an der Zeit, sich einige betriebswirtschaftliche Grundtatsachen wieder ins Bewusstsein zurückzurufen. Entgegen den wohlfeilen Beteuerungen der Sprecher der Unternehmerverbände und Vorstände ist es keineswegs der primäre Zweck eines Unternehmens, Arbeitsplätze zu schaffen oder zu sichern. Dieses Zweckargument eignet sich aber vorzüglich bei Tarifauseinandersetzungen und eben bei Problemen wie dem Flughafen-Ausbau.

Ein Unternehmen ist ausschließlich dazu da, eine auf Gewinn ausgerichtete Tätigkeit auszuüben. Hierfür werden Produktionsfaktoren Boden, Rohstoffe, Arbeit und Kapital gebraucht. Der Faktor Arbeit ist also eine Position in der Kostenrechnung eines Betriebes. Er wird genauso wie alle anderen Faktoren auch unter dem Gesichtspunkt der Kostenminimierung betrachtet. Auf Deutsch: Wenn ein Unternehmen seine Lohnkosten durch Arbeitsplatzabbau senken kann, ohne die Produktivität zu beeinträchtigen, dann handelt es wirtschaftlich vernünftig, wenn es Leute entlässt. Dies nennt man Rationalisierung oder Steigerung der Produktivität.

Dies geschieht auch am Flughafen, und dies ist legitim. Also sollte man sich nicht in dem Glauben wiegen, jeder neue Passagier bedeute neue Arbeitsplätze. Die FAG-Geschäftsberichte der vergangenen Jahre belegen dies auch. Der Personalzuwachs folgt in keiner Weise den gestiegenen Passagier- oder Frachtzahlen. Natürlich kann man von einem moderaten Zuwachs an Arbeitsplätzen ausgehen, wenn die Flugbewegungen von 440000 auf 660000 hochgehen. Aber die genannten Zahlen von 100000 Arbeitsplätzen sind ein ebensolcher Unsinn wie der angedrohte Verlust von Zehntausenden bei einem Nicht-Ausbau. Eine nähere Betrachtung der Arbeitsplatz-Umfrage der FAG zeigt, dass hier die Zukunftseinschätzungen einer kleinen, absolut nicht repräsentativen Gruppe von Unternehmen auf eine methodisch abenteuerliche Weise hochgerechnet werden und dann als Basis für den gesamten Komplex der Arbeitsplatzentwicklung bis 2015 herhalten müssen.

Fachleute halten die Ergebnisse daher für genauso aussagekräftig wie eine Wettervorhersage für das Jahr 2015. Aber diese Studie muss als eine der Grundlagen für die gesamte Arbeit der Mediation herhalten!

Das zentrale Drehkreuz

Ein viel zitiertes Wort, Hub- oder Drehkreuz, soll belegen, wie wichtig der Ausbau ist. Denn mehr als 50% von Passagier- und Frachtaufkommen sind Umsteiger- oder Umladeverkehr. Bisher konnte niemand die Frage beantworten, warum dieser Umsteigeverkehr unbedingt in Frankfurt stattfinden muss. Das Gegenteil wäre plausibel: Wer auf dem Wege von Amerika nach Nahost in Europa umsteigen muss, dem ist es wahrscheinlich herzlich gleichgültig, wo das stattfindet.

Auf der anderen Seite hat Frankfurt seinen unschlagbaren Standortvorteil als zentraler Airport im wirtschaftlichen Zentrum Europas. Es gibt eine große Zahl an Passagieren (und Fracht), die genau hierher müssen. Insoweit ist der Flughafen ohne Konkurrenz (im nationalen Bereich unterstützt durch die Bahn). Und von daher kann man auch zwei Prognosen wagen:

  1. Die Lufthansa wird ihren Standort hier niemals aufgeben.
  2. Der Flughafen wird, selbst bei zurückgehendem Verkehrsaufkommen und ohne Ausbau, langfristig hoch profitabel arbeiten.

Man darf hierbei auch nicht übersehen, dass die Allianzen der Airlines das klare Ziel verfolgen, den Markt zu bereinigen und damit das Tarifgefüge wieder in den Griff zu bekommen. Frankfurt wird dann das Ziel überwiegend voll zahlender Geschäftsflieger sein. Da können Airlines und FAG gleich anders kalkulieren. Und die Nachfrage nach Dienstleistungen wird entsprechend anziehen (siehe USA). Dies ist der richtige Weg, Arbeitsplätze zu schaffen! Sonstige Fracht, Touristen und Umsteiger können an beliebigen anderen Orten abgefertigt werden. Für sie ist die Nähe zum Wirtschaftszentrum Frankfurt nicht relevant!

Mit der Stabilisierung des europäischen Ostens wird sich das Wirtschaftsgeschehen deutlich nach Osten verlagern. Dies ist ein weiterer Punkt, warum ein Drehkreuz in Frankfurt nicht optimal liegt. Berlin wird diese Funktion sehr bald in großen Teilen übernehmen. Ein weiterer aussichtsreicher Aspirant ist Brüssel. Hier deutet sich ohnehin ein Wandel an:
Die Theorie vom Mega-Hub ist von einigen Vordenkern schon ad acta gelegt. Selbst die Fluggesellschaften beginnen zusammen mit Firmen wie Boeing über dezentrale Mini-Hubs nachzudenken.

Dies ist ein Ansatz, der auf dem vergleichsweise kleinen europäischen Markt umso mehr Sinn macht. Erstaunlicherweise kommt die Entwicklung aber aus den USA. Die FAG wäre gut beraten, sich sehr bald intensiv mit der Frage nach alternativen Verkehrskonzepten zu befassen. Selbst wenn in Frankfurt ausgebaut wird eine Teilverlagerung der Verkehre ist irgendwann unausweichlich. Und der menschliche Anstand gebietet eigentlich schon heute, eine langfristige Lösung zu finden, die nicht den Untergang einer ganzen Region nach sich zieht!

Neuere Diskussionen bringen folgerichtig auch wieder die Anbindung von Hahn über eine Transrapid-Strecke auf den Tisch. Dieses sehr komplexe Thema soll hier nur mit einigen Stichworten untermauert werden: Die Lösung böte die technischen Voraussetzungen, sie schaffte Planungssicherheit für die FAG, sie schaffte Arbeitsplätze in Frankfurt, in Hahn und im notleidenden Fertigungsstandort von Thyssen-Henschel in Kassel!

Angenommen, es wird eine neue Landebahn gebaut - im Norden oder im Süden - welches sind dann die langfristigen Auswirkungen? Gehen wir gemeinsam der Frage nach, was sich über den genannten Zeitraum allmählich und zunächst auch unbemerkt verändern wird.

An dieser Stelle werden drei Dinge klar:

  1. Es werden unverantwortbare Risiken eingegangen. Der eigentliche Auslöser (FAG) der geschilderten katastrophalen Entwicklung ist zunächst fein raus, weil die Spätfolgen auf Bürger und Gemeinwesen abgewälzt werden.
  2. Langfristig führt sich diese eingleisige Denkweise der Flughafenplaner selbst ad absurdum, denn der Standort­vorteil des Frankfurter Flughafens ist der funktionierende Wirtschaftsraum rundum. Wenn diese Infrastruktur zerstört ist, dann ist dem wirtschaftlichen Erfolg des Flughafens die Basis entzogen. Die viel beschworenen 58000 Arbeitsplätze sind dann wirklich ernsthaft gefährdet.
  3. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellt ein Ausbau des Flughafens die denkbar schlechteste Lösung dar. Denn in sieben bis zehn Jahren stehen wir vor der gleichen Situation: Es muss schon wieder eine neue Landebahn her! Nur wird es dann sehr schwer sein, noch ein geeignetes Waldstück zum Einschlagen zu finden.

Klug und weitsichtig wäre es, sich heute der Herausforderung zu stellen: Ein neuer Standort und ein neues Verkehrs­konzept müssen gefunden werden. Frankfurt kann ein hochprofitabler Airport mit Schwerpunkt Business werden. Erhebliche Teile von Charter, Fracht und Post können ohne Einbußen woanders abgefertigt werden. Je eher dies eingesehen wird, desto weniger schmerzlich werden die Arbeitsplatzauswirkungen sein! Wenn in 20 Jahren der gesamte Airport in einem Kraftakt umgesiedelt werden muss, dann ist es auch für die Arbeitsplätze zu spät!

Ein Vorstand, der langfristig die wirtschaftliche Ertragskraft seines Unternehmens sichern will und eine Landesregierung, die dies fördert und dabei das Wohl der Menschen der Region im Auge behält - sie können einem Ausbau des Flughafens vernünftigerweise nicht das Wort reden. Wir wollen den Flughafen erhalten wissen - aber dazu muss er nicht wachsen.

Nachtrag: Stand der Dinge im März 2000

Die Präsentation der Mediationsergebnisse am 31. Januar 2000 hat die oben geschilder-ten schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Nicht nur, dass sich die Wachstumsidelogen durchgesetzt haben, die drei Mediatoren haben auf einzigartige Weise noch eins obendrauf gesetzt: In das auf der letzten Gesamtkonferenz der Mediation verabschiedete Papier liessen sie übers Wochenende eigenmächtig ein Kapitel 6 anhängen, das die Überschrift "Erklärung der Mediatoren zu den Ausbauvarianten" trägt. Hier wird unverblümt eine klare Empfehlung für eine Südbahn abgegeben, die in keiner Weise mit den anderen Mitgliedern der Mediationsgruppe abgestimmt war.

Wie sehr man von der Dummheit des Volkes überzeugt ist, zeigt der letzte Absatz: "Die Mediatoren halten die Südvariante auch deshalb für “beachtenswert”, weil sie mehr als alle anderen Varian-ten Optionen für eine langfristige und flexible Entwicklung des Flughafens offen hält, zum Beispiel für die Nutzung von Erbenheim." Hier wird bewusst davon abgelenkt, dass das nächste Etappenziel natürlich nicht Erbenheim, sondern die Atlanta-Variante (zwei Südbahnen) ist!

Das gut gemeinte „Gesamtpaket“ der Mediation mit Ausbau, Optimierung, Lärmschutz, Lärmtaler, Nachtflugverbot und Dialogforum hat sich in der Zwischenzeit nicht nur als unausgegoren und teilweise undurchführbar, sondern auch als juristisch weder haltbar noch langfristig durchsetzbar erwiesen. Was bleiben wird ist der Ausbau und das Dialogforum, in dem dann trefflich diskutiert werden kann, warum alles anders gekommen ist.

Die Chance der betroffenen Bürger rund um den Flughafen, diese Perspektive abzuwenden, liegt jetzt im koordinierten, massenhaften Protest und in den juristischen Auseinandersetzungen zwischen FAG und kommunalen Klagegemeinschaften, die das Projekt entweder kippen oder solange verschleppen, bis es sich durch die reale Entwicklung selbst erledigt hat.

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