Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) rechnet vor der Landtagswahl nicht mehr mit der Planfeststellung zum Flughafenausbau. "Alles andere wäre ein rechtliches Harakiri und für die Fraport AG hoch riskant", stellt BUND Rechtsanwältin Ursula Philipp-Gerlach fest und tritt damit der gestern von Wirtschaftsminister Alois Rhiel gemachten Ankündigung einer Planfeststellung im Dezember 2007 entgegen (FR 01.06.07). Der BUND sieht Fraport und die Landesregierung tief in politische und rechtliche Widersprüche verstrickt. In Sachen Naturschutz steht die Planung vor einem Scherbenhaufen. Für den BUND Naturschutzreferenten Thomas Norgall "passt hier nichts mehr zusammen". Neuerliche Verzögerungen drohen dem Verfahren auch wegen der von den Ausbaubefürwortern unterstützten Verhandlungen um einen besseren Lärmschutz. Solche Änderungen der Planung machen eine neue Offenlage erforderlich, weil jede der diskutierten Maßnahmen irgendwo im Umland zu größeren Belastungen als bisher prognostiziert führen wird.
Das Ausmaß der Planungspleite hat den BUND überrascht. Denn während eine erneute Offenlage üblicherweise zu Nachbesserungen und einer Verringerung der rechtlichen Risiken führt, hat Fraport es geschafft, die Planung gegenüber der ersten Offenlage deutlich zu verschlechtern und gänzlich neue Probleme aufzuwerfen. BUND Vorstandssprecherin Brigitte Martin: "Die Annahme, alle Probleme wären nach dem Ticona-Deal gelöst, ist völlig falsch".
- Allen beteiligten Fachleuten war schon immer klar, dass die Naturschutzprobleme für den Ausbau zu unüberwindlichen Hindernissen führen können. Die Argumentationsnot des Unternehmens wird im Detail sichtbar: Da sollen die rechtlich durchschlagenden Beeinträchtigungen und Störungen auf das EU-Vogelschutzgebiet "Untermainschleusen" durch einen Vorhang verhindert und Spechten sollen für wegfallende Brutmöglichkeiten Nistkästen angeboten werden, obwohl Spechte ihre Höhlen bekanntlich selbst zimmern. Die Hirschkäfer sollen zwar einen Ersatzlebensraum erhalten, doch dieser ist zu klein und liegt außerdem in staunassen Waldflächen, die für die Art denkbar ungeeignet sind. Selbst die staatliche Forstverwaltung lehnte die Ausgleichsplanungen der Fraport mit harschen Worten ab, bewertet die Ausgleichplanung als neuerliche Naturschädigung und sieht hierin einen Konflikt mit den gesetzlichen Anforderungen an die gute fachliche Praxis der Forstwirtschaft.
- Weiterhin unklar ist die rechtliche Umsetzung des Nachtflugverbots. Immerhin hat die Landtagsanhörung im Februar 2007 zum gestern beschlossenen Landesentwicklungsplan gezeigt, dass der Ausbau auch an diesem Punkt scheitern kann. Zwar sei es richtig, dass die Lufthansa und andere Airlines das Nachtflugverbot von 23.00 bis 5.00 h möglicherweise erfolgreich beklagen können, doch vertraten in der Anhörung alle Juristen die Auffassung, dass in diesem Fall eine negative Rückwirkung auf den Ausbaubeschluss selbst wahrscheinlich sei. Die Lufthansa könne dann zwar nachts weiterhin ungebremst fliegen, doch dies um den Preis, dass gar nicht ausgebaut werden dürfe. Wie der Konflikt entschieden wird, wissen alle Beteiligten erst nach den Gerichtsverfahren
- Die laufende Diskussion um einen Vertrag zu möglichen zusätzlichen Lärmschutzmaßnahmen belegt bereits, dass die bisher im Verfahren geäußerte Position, solche Maßnahmen seien nicht möglich, nicht durchgehalten werden kann. Kommen die Verhandlungen mit einzelnen Kommunen zu einem positiven Abschluss, dann löst die Vereinbarung eine Planänderung und voraussichtlich eine neue Offenlage aus.
- Weiterhin ungeklärt sind die Risiken des Vogelschlags. Der BUND wartet mit großer Spannung auf die hier notwendige ergänzende Offenlage des angekündigten Vermeidungskonzeptes. Die bisherige Planung hat im Vogelschlag weiterhin eine offene Flanke. Damit ist eine der zentralen Sicherheitsrisiken der Nordwestbahn ungeklärt. Ein Planfeststellungsbeschluss ohne eine Lösung dieser grundlegenden Probleme der Planung wäre nach Überzeugung des BUND offensichtlich rechtswidrig und könnte im Rahmen einer gerichtlichen Prüfung keinen Bestand haben.