Ausstieg aus dem Regionalen Dialogforum (RDF)
Brief von BUND und NABU Hessen an Ministerpräsident Koch
<2000-12-12>
<p>Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Koch,</p>&#10;&#10;<p>wir müssen Ihnen mitteilen, dass unsere Verbände keine Möglichkeit für eine weitere Mitarbeit im Regionalen Dialogforum (RDF) sehen, nachdem die Landesregierung mit der Entscheidung zum Landesentwicklungsplan (LEP) dem Flughafenausbau Vorrang vor allen anderen Punkten des sog. Mediationspakets eingeräumt hat. Die Landesregierung hat sich mit der rechtsverbindlichen Formulierung von ihrer Zusage nach gleichrangiger Beachtung aller 5 Punkte des sog. Mediationspakets entfernt. Insbesondere ist die Durchsetzung des Nachtflugverbotes zwischen 23.00 und 5.00 Uhr trotz aller öffentlichen Versprechungen nicht als Bedingung für die Erweiterung des Start- und Landebahnsystems fixiert worden.</p>&#10;&#10;<p>Wir hatten zu keiner Zeit einen Zweifel daran gelassen, dass unsere Mitwirkung am RDF beendet sein muss, wenn die Landesregierung die von ihr selbst beschlossene Konzeption des RDF ignoriert und den LEP nicht an die politischen Zusagen zur Frage der Flughafenentwicklung anpasst. Der Argumentation Ihres Wirtschaftsministers, dass eine Festlegung des Nachtflugverbotes im LEP nicht möglich ist, möchten wir hier erneut widersprechen. Nach den uns vorliegenden Aussagen von Juristinnen und Juristen ist diese Position mindestens umstritten. Es ist für uns auch bemerkenswert, dass das von der Landesregierung zu dieser Frage in Auftrag gegebene Gutachten, das Anfang Oktober vorliegen sollte, bis heute nicht veröffentlicht wurde.</p>&#10;&#10;<p>Selbst wenn man der Argumentation von Wirtschaftsminister Posch folgt, kann daraus nicht die nun gefundene Formulierung, sondern nur eine rechtlich gleichrangige Festlegung zwischen Ausbau und Nachtflugverbot als landesplanerischen Grundsatz abgeleitet werden. </p>&#10;&#10;<p>Wie Sie wissen, hat Wirtschaftsminister Posch auf diesen Vorschlag aus dem Gespräch im Regionalen Dialogforum weder dort, noch zu einem späteren Zeitpunkt reagiert. Stattdessen mussten wir erleben, dass er - ohne die Verknüpfung zwischen dem Ausbau und Nachtflugverbot herzustellen - kurz darauf öffentlich sogar in Frage stellt, ob ein Nachtflugverbot überhaupt durchsetzbar sein wird. <br />&#10;In den letzten Wochen wurde verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass der LEP kein geeigneter Maßstab für die Glaubwürdigkeit der Landesregierung sei. Diese Haltung ist für uns nicht nachvollziehbar. Der LEP wird von der Landesregierung als Rechtsverordnung festgesetzt. Seine Ziele sind rechtsverbindliche Vorgaben für alle Landesbehörden und damit der Abwägung entzogen. Wie aber kann man ernstlich fordern, dass wir die Normsetzung der Landesregierung nicht als Maßstab für ihre politischen Zusagen nehmen?</p>&#10;&#10;<p>Gleichwohl haben die Vorstände unserer Verbände die Frage der weiteren Teilnahme am RDF nicht abstrakt, sondern auch vor dem Hintergrund der tatsächlichen Entwicklung diskutiert. Dabei wurden die absehbaren Zunahmen der Nachtflüge in den kommenden Winter- und Sommerfahrplänen mit Verärgerung zur Kenntnis genommen.</p>&#10;&#10;<p>Weitaus ernster und letztlich unerträglich war für uns aber einmal mehr das Verhalten der FAG. Während das Unternehmen mit seinem 10-Punkte-Programm seit der Landtagsan-hörung im Mai d. J. öffentlich immer wieder erklärt, dass es sich in Gesprächen mit den Fluggesellschaften um eine Reduktion der Nachtflüge bemüht, enthalten die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung die Planung von "mindestens 150 geplanten Nachtflügen". Dies entspricht etwa einer Verdopplung gegenüber dem Jahr 1999. Die Forderung des Umweltministeriums zur Angabe von Höchstzahlen für die Nachtflüge lehnte das Unter-nehmen im Scopingtermin ausdrücklich ab. Der zuständige Mitarbeiter bekräftigte diese Position in der letzten Sitzung des RDF, als er darauf verwies, dass die FAG im Scoping-termin keinerlei Zugeständnisse zur Änderung der Planung gemacht habe.</p>&#10;&#10;<p>Obwohl der FAG-Vorstand dem Aufsichtsrat den Bau der neuen Landebahn mit einem Nachtflugverbot von 23.00 bis 5.00 Uhr vorgeschlagen hat und die Medien dies als Ihren persönlichen Erfolg als Aufsichtsratsvorsitzender herausstellten, enthalten die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung auch hierzu keine Festlegungen. Unsere diesbezügliche Nachfrage beantwortete das Unternehmen im RDF mit dem Hinweis, dass es Sache der Unternehmensleitung sei, wann dieser Punkt in die Planung eingebracht wird.</p>&#10;&#10;<p>Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Koch,<br />&#10;unsere Verbände haben sich im Sommer d. J. - trotz unserer klaren Ablehnung einer Flug-hafenerweiterung - auf der Basis der gleichrangigen Behandlung aller 5 Punkte des sog. Mediationspakets zur Mitwirkung bereit erklärt. Dieser Position waren durchaus auch kontroverse Diskussionen mit unseren Mitgliedern vorausgegangen. Wir fühlen uns an diese Zusage gebunden. Nachdem das Nachtflugverbot von 23.00 bis 5.00 Uhr nun aber weder im LEP, noch im Genehmigungsverfahren als Voraussetzung für den Bau einer neuen Start-/Landebahn respektiert wird, wurde uns die Grundlage für eine weitere Mitwirkung im Regionalen Dialogforum entzogen. Etwas anderes könnte erst wieder gelten, wenn die FAG ihre rechtsverbindlichen Antragsunterlagen im Genehmigungsverfahren endlich den öffentlichen Zusagen zum Nachtflugverbot und zur Reduktion der Nachtflüge anpasst.</p>&#10;&#10;<p>Mit freundlichen Grüßen</p>&#10;&#10;<p>gez. Walter Raiss, Vorstandssprecher des BUND Hessen<br />&#10;gez. Prof. Dr. Rüdiger Wagner, Landesvorsitzender des NABU HESSEN<br />&#10;&#10;für die Richtigkeit: Thomas Norgall, Naturschutzreferent des BUNDV&#10;
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