Rund 50 % mehr Landungen bei Schlechtwetter möglich
Von den Fachleuten wurden bei der Mediation wichtige Fakten verschwiegen
<2000-05-05>
Einer Pressemitteilung des BUND vom 5.5.2000 ist folgendes zu entnehmen:

EU-Studie wurde in der sog. Mediation nicht berücksichtigt
MLS-Navigationsverfahren wurde für den Kurvenanflug entwickelt, bietet aber weitere Vorteile
Steigerung der Gesamtkapazität, Neubewertung von Wiesbaden - Erbenheim und Auswirkungen auf die Lärmproblematik müssen dringend neu geprüft werden

Eine Kapazitätssteigerung von rund 50 % für Anflüge bei schlechten Sichtbedingungen würde die Einführung eines anderen Navigationssystems am Frankfurter Flughafen bewirken. Zu diesem Ergebnis kommt eine EU-Studie, die bereits 1996 publiziert wurde und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Auszügen vorliegt. Das Microwave Landing System, kurz MLS, ist technisch ausgereift und wurde bereits 1980 in die internationalen Regelwerke der Luftfahrt aufgenommen. In der sog. Mediation zum Frankfurter Flughafen wurde das Verfahren, dessen Einführung derzeit auch in Frankfurt diskutiert wird, aber nicht einmal erwähnt. Für den BUND belegt das Schweigen der Fachleute zu MLS, dass die verschiedenen Institutionen und Unternehmen der Luftfahrt die Mediation nur als Mittel zur Durchsetzung der Ausbaupläne des global-player FAG und nicht als Diskussionsforum gleichberechtigter Partner ansahen. "Transparenz und Offenheit gegenüber der Öffentlichkeit sind in dieser Branche offenbar immer noch keine Selbstverständlichkeit", folgert BUNDvorstandssprecher Walter Raiss aus dem Vorgang.

Nachdem für den Frankfurter Flughafen bisher eine Kapazitätssteigerung um 20 % von 460.000 auf 540.00 Flugbewegungen/Jahr kalkuliert wird, muss nach Auffassung des BUND dringend eine Neubewertung der möglichen Steigerungen durch die Einführung neuer Techniken erfolgen. Besonderer Vorteil des MLS ist seine Wirksamkeit bei schlechten Sichtverhältnissen. Solche Phasen setzen die Leistungsfähigkeit des Flughafens stark herab und beeinflussen den internationalen Flugbetrieb äußerst negativ. Während jede Bahn in Frankfurt bei Sichtflugbedingungen 43 Flüge/Stunde bewältigt, sinkt dieser Wert bei schlechter Sicht um über 30 % auf 28 Bewegungen. Die Folgen sind "Staus" im Luftraum, die sich erst viele Stunden nach Einsetzen einer Wetterbesserung auflösen. In solchen Phasen erhalten z. B. Maschinen in London heute stundenlang keine Starterlaubnis, weil alle Warteschleifen im Luftraum über Rhein-Main belegt sind. Schlechtwetterbedingungen mit geringer Sicht sind in Frankfurt zwar seltener als z. B. in Amsterdam. Trotzdem beeinflussen sie den viel diskutieren Kapazitätseckwert, d.h. die garantierte Leistungsfähigkeit des Flughafens pro Stunde, und damit die Zahl der möglichen Flugbewegungen/Jahr des Frankfurter Flughafens überproportional stark.

Dringend überprüft werden müssen deshalb nach Meinung des BUND die Konsequenzen, die sich aus dem mit MLS möglichen Anflug in der Kurve für den Frankfurter Flughafen und das Umland ergeben. Die heute notwendigen geradlinigen Anflüge können bei MLS entfallen, so dass andere Anflugmöglichkeiten möglich werden. Ob hierdurch der Überflug von Ortschaften vermieden oder reduziert werden kann, können erst genauere Untersuchungen ergeben. Auch die Nutzungsmöglichkeit von Wiesbaden-Erbenheim, die von der Flugsicherung aus Sicherheitsgründen beim bisherigen Navigationsverfahren ILS abgelehnt wird, muss nun neu untersucht werden.

Das größte Hemmnis bei der Einführung von MLS sind die Kosten für die Fluggesellschaften. Diesen Kosten stehen aber Einsparungen im Flugbetrieb durch größere Planungssicherheit und die Verringerung der Kerosinkosten in den Warteschleifen über den Flughäfen gegenüber. Eine Schlüsselstellung für die Einführung von MLS in Frankfurt hat die hier klar dominierende Lufthansa, die so einen Teil der über 100.000 Tonnen Kerosin, die sie 1998 in den Warteschleifen verbrauchte, einsparen könnte. Begünstigt wird die Einführung von MLS durch bereits erfolgte Installationen an den Flughäfen Amsterdam und London Heathrow sowie die schon realisierte Vorbereitung der Airbus-Typen für MLS und das heute benutzte ILS. Da MLS auch weniger anfällig gegen Reflexionen und gegen Frequenzstörungen aus dem Breitbandkabelbereich und zudem präziser als das heute verwendete Navigationssystem ILS ist, geht der BUND davon aus, dass MLS bereits in den nächsten Jahren in Frankfurt eingeführt und zur Kapazitätserhöhung führen wird.

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Thomas Norgall, Naturschutzreferent des BUND Hessen 069/67 73 76 14
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