Erörterungstermin: Kurzbericht vom 28.11.2005
Fluglärmberechnung - Kritik an der AzB
Von: @cf <2005-11-28>

Am Montag, den 28.11.2005, wurden die Tagesordnungspunkte 5.1.2, Fluglärm Ermittlungsgrundlagen, und 5.1.3., Lokale Betroffenheit, behandelt. Hauptthema war die Fluglärmberechnung nach AzB (Anleitung zur Berechnung von Fluglärm). ZRM-Gutachter Dr. Kühner und Dr. Fuld (Bundesvereinigung gegen Fluglärm) präsentierten ihre Kritik an dem gegenwärtigen Berechnungsverfahren.

Mit der AzB kann man aus einem System von Flugrouten, der Belegung der Flugrouten mit Flugzeugen unterschiedlicher Klassen und Parametern zur Lärmemission der Flugzeuge, dem Flugverhalten und anderen Parametern rechnerisch den Dauerschallpegel für alle Punkte eines vom Fluglärm betrachteten Gebietes bestimmen. Die hier betrachteten Fragestellungen sind technisch komplex und für den Laien nur schwer nachzuvollziehen, deshalb ist der Bericht nur kurz. Interessierten am Lärmberechnungsverfahren sei die Präsentation von Herrn Fuld empfohlen, sie enthält auch viele allgemein verständliche Hinweise.

ZRM-Gutachter Dr. Kühner, Experte für Lärmberechnung, nahm die möglichen Fehler bei der Berechnung nach der AzB kritisch unter die Lupe. Aus dem Gutachten der EMPA, das im Auftrag des RDF angefertigt wurde, ergibt sich, dass die Berechnung nach AzB die tatsächliche Belastung in Gebieten weiter weg vom Flughafen unterschätzt. Kühner forderte daher für die nach AzB berechneten Isophonen einen Sicherheitszuschlag. Es seien Abweichungen bis zu 6 dB(A) denkbar. Das Isermann-Gutachten sei nicht verwertbar, weil es keine Bewertung der Genauigkeit enthalte. GPS-Daten müssten mit einbezogen werden (solche Daten hat aber auch Fraport nicht).

Danach setzte sich Dr. Fuld kritisch mit der Berechnung von Fluglärm nach der AzB auseinander. Als allgemeine Schwächen der AzB nannte Fuld die nur grobe Klassifizierung der Flugzeugklassen, die verwendeten Flugprofile (Höhe und Geschwindigkeit), Nicht-Berücksichtigung von Abweichungen von Flugrouten (über die statistische Ungenauigkeit hinaus), fragwürdige Dämpfungswerte, ungenaue Berechnung beim Kurvenflug und die fehlende Verifizierung im weiteren Umfeld des Flughafens (mehr als 20 km entfernt). Zur Berechnung von Maximalpegel-Verteilungen sei die AzB grundsätzlich nicht geeignet.

Fuld zeigte eine schon vorher im Verfahren erwähnte Fluglärm-Tabelle , nach der die Dauerschallpegel in der Region an den meisten Messstellen der Fraport in den letzten 2-3 Jahren um 1-3 Dezibel zugenommen haben. Eigentlich hätte der Lärm eher abnehmen müssen, da besonders laute Flugzeuge (wie die Galaxy) weggefallen sind und andere laute Typen durch leisere ersetzt worden sind; die Zunahme der Flugbewegungen kann die Lärmzunahme nicht erklären. Fuld äußerte die Vermutung, es würden lärmreichere Flugverfahren angewendet.

Anhand von Radarspuren des DFS zeigte Fuld, dass die Streuung in Kurven viel ausgeprägter ist als beim Geradeausflug und dass es zahlreiche "Directs" (erlaubtes "Abbiegen von der theoretischen Flugroute sobald eine bestimmte Höhe erreicht ist, z.B. bei der TABUM-Flugroute sichtbar) gibt, die die AzB nicht hinreichend berücksichtigt. Durch die nötige Unterquerung der Gegenanflüge würden die startenden Flugzeuge länger tiefer gehalten als sie theoretisch steigen können, auch dies wird in der AzB nicht abgebildet. [Die Gegenanflüge selbst werden bei der Berechnung gar nicht berücksichtigt.]

Nach den allgemeinen Fragen beschrieb Fuld die Situation in Bad Homburg. Durch die Berechnung nach AzB würde die Belastung dort stark unterschätzt (47 dB(A) gegenüber geschätzten 52 dB(A) in der Realität). Die abwägungsrelevanten Schwellenwerte würden in Bad Homburg überschritten, so gebe es schon ab 48 dB(A) außen Aufweckreaktionen. Fuld wies darauf hin, dass auch in anderen Orten die Messungen des Deutschen Fluglärmdienstes höhere Lärmwerte ergeben als die nach AzB berechneten. Er forderte verlässlichere Berechnungsverfahren, gerade für Gebiete, die weiter weg vom Flughafen liegen. Auch weitab vom Flughafen würden noch hohe Einzelpegel auftreten, eine messtechnische Kontrolle sei hier dringend erforderlich.

Fuld fasste zusammen, die AzB sei zur Abschätzung der tatsächlichen Fluglärmbelastung ungeeignet und würde die Belastung unterschätzen. Er forderte die Anwendung eines zeitgemäßen Simulationsverfahrens. Ein solches Verfahren bilde die Situation viel besser ab. [Fraport behauptet dagegen regelmäßig, die AzB würde die Belastung überschätzen.]

Rechtsanwalt Fislake beantragte, ein Schreiben des Bundesumweltministeriums zur Problematik der AzB99 zu Protokoll zu nehmen, das RP stimmte dem zu. Rechtsanwalt Möller-Meinecke beantragte, eine qualitätsgesicherte Fluglärmberechnung mit einem Simulationsverfahren oder alternativ nach der AzB 1984 für den Ist-Zustand und die Jahre 2020 und 2025 durchzuführen.

Am Rande: Erörterungsleiter Dr. Gaentzsch ist krank. Nach den aktuellen Gerüchten wird er erst zum nächsten Tagesordnungspunkt wieder zur Verfügung stehen.



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