Am heutigen Tage verkündete der 4. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) in Leipzig das Urteil zum Frankfurter Flughafen. Dabei negierte auch das (BVerwG) die vom Land Hessen ursprünglich genehmigte Regelung der Nachtflüge. Erlaubt hatte das Land Hessen durchschnittlich 17 Starts und Landungen pro Nacht zwischen 23.00 und 5.00 Uhr, obgleich die Fraport im Planfeststellungsverfahren keinerlei Nachtflüge beantragt hatte. Damit bestätigte Leipzig die Sicht des Verwaltungsgerichtshofes Kassel aus 2009, dass dies nicht zulässig sei. Der VGH Kassel hatte damals die vorgesehene Regelung für Nachtflüge in Frankfurt beanstandet und wurde darin nun vom obersten deutschen Verwaltungsgericht bestätigt. Das Land Hessen muss den Planfeststellungsbeschluss nachbessern.
Der aktuelle OB-Vertreter Christopher Sitte begrüßt die Entscheidung des Leipziger Bundesverwaltungsgerichtes als „wegweisend für Rhein-Main“. Sitte weiter: „Der Gesundheitsschutz und die Nachtruhe der Bürger im Rhein-Main-Gebiet hat oberste Priorität. Der langjährigen Forderung hat das Bundesverwaltungsgericht nun eindeutig entsprochen.“ Die betriebswirtschaftlichen Einzelinteressen der Flughafenbetreiber und der Fluggesellschaften müssten hinter die Interessen des Gemeinwohls gestellt werden. Sitte sieht mit dem Urteil und dem künftigen Nachtflugverbot aber nur einen ersten wichtigen Schritt vollzogen. Weitere Schritte zur Reduzierung des Fluglärms müssten folgen. „Auch am Tag müssen alle möglichen Maßnahmen ergriffen werden, um den Fluglärm über Mainz zu reduzieren. Hierzu gehören insbesondere technische Maßnahmen wie die Überprüfung der Flugrouten, der Anflug- und Abflugverfahren und der Flughöhen.“ Das Urteil mache Mut, den eingeschlagenen Weg zur Reduzierung des Fluglärms entschlossen fortzusetzen.
Die für Fluglärm zuständige Mainzer Umweltdezernentin Katrin Eder sieht den Urteilsspruch als großen Erfolg im jahrelangen Kampf auf allen nur erdenklichen Ebenen: „Die bittere Pille ist definitiv: Die neue Landebahn ist mit dem heutigen Tage legitimiert. Doch gleichzeitig stellt das Urteil im Hinblick auf die Nachtruhe das in diesem Verfahren maximal Erreichbare dar. Damit haben wir einen großen Erfolg errungen, während die hessische Landesregierung mit ihrem Kurs gegen die Interessen der Bürger erneut heftig Federn lassen musste. Leipzig hat den hessischen Planern die Dokumente zurückgereicht mit der deutlichen Bitte, den Schutzbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger in den Kernstunden von 23 bis 5 Uhr als auch in den Nachtrandstunden von 5.00-6.00 und von 22.00-23.00 Uhr deutlich stärker zu entsprechen.“
Das Urteil stelle zugleich einen wichtigen Sieg gerade für die engagierten Bürgerinnen und Bürger in Mainz und der Region dar: „Der langjährige Protest hat sich gelohnt - ein Etappenziel ist erreicht. Zumindest das Recht auf Nachtruhe wird deutlich stärker geschützt, als dies der Betreiber jemals zu realisieren bereit war. Leipzig hat den Glauben an ein normales menschliches Maß wiederhergestellt. Dies ist ein Sieg der gesamten Region, die aufgestanden ist: Bürger, Bürgerinitiativen, engagierter Kommunen, auch der Initiative ,Zukunft Rhein-Main’.“
Zugleich, so Eder, sei „die hessische Landesregierung mit ihrer Politik, die das Nachtflugverbot handstreichartig auszuhebeln versuchte, zunächst vom hessischen Verwaltungsgericht und nun auch vor dem höchsten deutschen Verwaltungsgericht ausgebremst worden.“
Dies auch vor dem Hintergrund, dass selbst in Bundesämtern der Blick in wachsendem Maße den steigenden Belastungen gelte. Eder: „Gerade da der Präsident des Umweltbundesamtes ein Flugverbot in Ballungsräumen von 22 bis 6 Uhr fordert und mit Verweis auf die Erkenntnisse der aktuellen Lärmwirkungsforschung hätten wir uns eine noch entschiedenere Haltung des Bundesverwaltungsgerichts gewünscht.“
Eder kündigt mit Blick auf die Zukunft an: „Wir werden das nun neu durch das Land Hessen einzuleitende Ergänzungsverfahren sehr genau beobachten und kritisch begleiten.“ Zudem sei es an der Zeit, dass die ausgesetzte Mainzer Klage in einem ordentlichen Verfahren mit mündlicher Sacherörterung verhandelt werde, so Eder: „Schließlich werden viele Menschen in unserer Region insbesondere auch tagsüber durch den Fluglärm gequält.“
Hintergrund
Das Bundesverwaltungsgericht hatte heute bestätigt, dass planmäßige Flüge in der „Mediationsnacht“ weiterhin unzulässig sind und beschränkte zudem das Kontingent für die Gesamtnacht - also Kernnacht plus Nachtrandstunden - auf durchschnittlich 133 Flüge. In der Mediationsnacht (23.00 bis 5.00 Uhr) sind Flüge damit bis zu einer Neubescheidung (weiterhin) unzulässig. Der Spielraum des beklagten Landes bei der Neuregelung des Flugbetriebes ist dementsprechend gering. Hinsichtlich der „Nachtrandstunden“ (22.00 bis 23.00 Uhr und 5.00 bis 6.00 Uhr) ging der 4. Senat sogar über die Beanstandung des VGH Kassel hinaus: Ab sofort dürfen in dieser Zeit nicht mehr durchschnittlich 150, sondern nur noch - auf das Kalenderjahr bezogen - durchschnittlich 133 planmäßige Flüge stattfinden.
Über die Zulassung eines darüber hinausgehenden Kontingents hat das beklagte Land neu zu entscheiden. Absehbare „tagähnliche“ Belastungen in den einzelnen Nachtrandstunden oder in längeren, insbesondere kernzeitnahen Zeitabschnitten müssen deswegen in den jeweils betroffenen Überfluggebieten vermieden werden.
Pressemitteilungen der Stadt Mainz