Fraport greift Störfall-Kommission an
Flughafenbetreiber sieht Standort Deutschland durch Votum der Kommission gefährdet
<2004-02-14>
Mit einer Großoffensive versucht Fraport in letzter Minute zu verhindern, dass die Störfall-Kommission die vorliegende Empfehlung ihrer "Arbeitsgruppe Flughafen Frankfurt" zum Risiko der geplanten Landebahn Nordwest verabschiedet. Die Arbeitsgruppe hatte die geplante Landebahn Nordwest und den Betrieb des Chemiewerks Ticona für nicht vereinbar erklärt.
Wenige Tage vor der abschließenden Beratung durch die Störfall-Kommission am Mittwoch, den 18. Februar, erhielten die Presse, einige Mitglieder der Kommission und mehr als 100 politische Entscheidungsträger, darunter das Bundesumweltministerium und die Ministerpräsidenten, Post von Fraport. In einem Brief bitten der Fraport-Vorstandsvorsitzende Bender und sein Stellvertreter Schölch die Addressaten, "ihren Einfluss geltend zu machen, dass das Votum nicht in der vorliegenden Form von der Störfall-Kommission und der Bundesregierung übernommen wird". Es gehe darum, "erheblichen Schaden für die deutsche Wirtschaft abzuwehren".
In dem Brief und den beiliegenden Analysen bezeichnet Bender das Votum der Arbeitsgruppe als "wissenschaftlich und rechtlich nicht haltbar". Man habe sich aus den vorliegenden Gutachten lediglich die negativen Passagen herausgesucht und die positiven Wertungen, die eine Verträglichkeit von Ticona und Landebahn belegten, ignoriert. Nach Ansicht von Bender stelle die Wertung der Arbeitsgruppe die Betriebsgenehmigung der Ticona in Frage, da das Werk auch jetzt schon direkt überflogen würde; die Genehmigung müsse widerrufen werden.
Prof. Schölch erklärte, die von der Arbeitsgruppe angesetzten Maßstäbe seien realitätsfremd. Würden diese "konsequenterweise auf alle von Flugzeugabstürzen potenziell betroffenen Lagen an anderen deutschen Flughäfen angewandt, wäre der Luftverkehrsstandort Deutschland ebenso gefährdet wie eine nicht überschaubare Anzahl deutscher Industriestandorte." Zu einer Entscheidung von solcher Tragweite sei die Störfall-Kommission nicht berechtigt.
Der Vorsitzende der Störfall-Kommission, Prof. Jochum, wies die Vorwürfe der Fraport zurück. Er sprach am Freitag von einem nicht zu akzeptierenden Versuch des Flughafenbetreibers, politischen Einfluss auf die Entscheidung des Gremiums auszuüben. Fraport könne zwar der Kommission ihre Argumente unterbreiten, es werde aber nicht gelingen, die Mitglieder zu beeinflussen. "Der Fraport-Vorstand steht mit dem Rücken zur Wand und so verhält er sich", kommentierte Jochum bissig. Die Beurteilung der Arbeitsgruppe gefährde weder den Luftverkehrsstandort noch den Industriestandort Deutschland. Es gäbe keinen anderen Fall, in dem ein Chemiewerk und ein Flughafen so nahe zusammen lägen.
Jochum sprach die Befürchtung aus, es könnte demnächst eine Kampagne gegen einzelne Mitglieder der Kommission geben, um deren Unabhängigkeit in Frage zu stellen. In der Tat hat Fraport in ihrer dem Brief beiligenden Analyse bereits Vorwürfe gegen den BUND erhoben, der Mitglied der Kommission sei und gleichzeitig gegen Fraport klagen wolle.
Recht ungnädig reagierte das Umweltministerium, an dem die Störfall-Kommission aufgehängt ist, auf die Fraport-Aktion. "Es ist ein einmaliger und unverständlicher Vorgang, dass der Vorstand eines Unternehmens auf diese Art Einfluss auf die Arbeit einer unabhängigen Kommission nimmt", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin, Margareta Wolf. "Diese dreiste Politik des Vorstandes schadet dem Unternehmen, seiner Wirtschaftskraft und Akzeptanz und seiner Bedeutung für die Rhein-Main-Region."
Die Grünen im Hessischen Lantag zeigten sich empört über den Versuch von Fraport, der Ticona die Schuld an dem jetzt erkannten Sicherheitskonflikt zu geben. "Wenn die Flugroutenführung über der Ticona zu riskant ist, dann muss diese wieder so weit geändert werden, dass das Risiko akzeptabel wird. Mit der Verhöhnung der Störfall-Kommission schafft man auf jeden Fall keine zusätzliche Sicherheit", betonte der parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion Kaufmann. Als "besonders übles Manöver" bezeichneten die Grünen die Forderung von Fraport nach dem Widerruf der Genehmigungen für Ticona. Damit versuche man, die Entschädigungslast von sich auf den Rücken der Steuerzahler abzuwälzen.
Der Umweltschutzverband BUND sprach von einem "leicht durchschaubaren Einschüchterungsversuch" und hielt Fraport vor, einen "Rabatt in Sicherheitsfragen" einzufordern und auf Drohungen statt Argumente zu setzen.
Der Deutsche Fluglärmdienst (DFLD) wies erneut auf das Risiko auf Anflügen von Osten auf die geplante Nordwestbahn hin, das bei der Diskussion um die Ticona nicht genügend beachtet würde. Der DFLD forderte, dass es für das geplante Airrail-Center, den ICE-Bahnhof und andere Gebäude in der Einflugschneise der geplanten Landebahn Nordwest eine ebenso detaillierte Untersuchung wie für Ticona geben müsse.
Wenige Tage vor der abschließenden Beratung durch die Störfall-Kommission am Mittwoch, den 18. Februar, erhielten die Presse, einige Mitglieder der Kommission und mehr als 100 politische Entscheidungsträger, darunter das Bundesumweltministerium und die Ministerpräsidenten, Post von Fraport. In einem Brief bitten der Fraport-Vorstandsvorsitzende Bender und sein Stellvertreter Schölch die Addressaten, "ihren Einfluss geltend zu machen, dass das Votum nicht in der vorliegenden Form von der Störfall-Kommission und der Bundesregierung übernommen wird". Es gehe darum, "erheblichen Schaden für die deutsche Wirtschaft abzuwehren".
In dem Brief und den beiliegenden Analysen bezeichnet Bender das Votum der Arbeitsgruppe als "wissenschaftlich und rechtlich nicht haltbar". Man habe sich aus den vorliegenden Gutachten lediglich die negativen Passagen herausgesucht und die positiven Wertungen, die eine Verträglichkeit von Ticona und Landebahn belegten, ignoriert. Nach Ansicht von Bender stelle die Wertung der Arbeitsgruppe die Betriebsgenehmigung der Ticona in Frage, da das Werk auch jetzt schon direkt überflogen würde; die Genehmigung müsse widerrufen werden.
Prof. Schölch erklärte, die von der Arbeitsgruppe angesetzten Maßstäbe seien realitätsfremd. Würden diese "konsequenterweise auf alle von Flugzeugabstürzen potenziell betroffenen Lagen an anderen deutschen Flughäfen angewandt, wäre der Luftverkehrsstandort Deutschland ebenso gefährdet wie eine nicht überschaubare Anzahl deutscher Industriestandorte." Zu einer Entscheidung von solcher Tragweite sei die Störfall-Kommission nicht berechtigt.
Der Vorsitzende der Störfall-Kommission, Prof. Jochum, wies die Vorwürfe der Fraport zurück. Er sprach am Freitag von einem nicht zu akzeptierenden Versuch des Flughafenbetreibers, politischen Einfluss auf die Entscheidung des Gremiums auszuüben. Fraport könne zwar der Kommission ihre Argumente unterbreiten, es werde aber nicht gelingen, die Mitglieder zu beeinflussen. "Der Fraport-Vorstand steht mit dem Rücken zur Wand und so verhält er sich", kommentierte Jochum bissig. Die Beurteilung der Arbeitsgruppe gefährde weder den Luftverkehrsstandort noch den Industriestandort Deutschland. Es gäbe keinen anderen Fall, in dem ein Chemiewerk und ein Flughafen so nahe zusammen lägen.
Jochum sprach die Befürchtung aus, es könnte demnächst eine Kampagne gegen einzelne Mitglieder der Kommission geben, um deren Unabhängigkeit in Frage zu stellen. In der Tat hat Fraport in ihrer dem Brief beiligenden Analyse bereits Vorwürfe gegen den BUND erhoben, der Mitglied der Kommission sei und gleichzeitig gegen Fraport klagen wolle.
Recht ungnädig reagierte das Umweltministerium, an dem die Störfall-Kommission aufgehängt ist, auf die Fraport-Aktion. "Es ist ein einmaliger und unverständlicher Vorgang, dass der Vorstand eines Unternehmens auf diese Art Einfluss auf die Arbeit einer unabhängigen Kommission nimmt", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin, Margareta Wolf. "Diese dreiste Politik des Vorstandes schadet dem Unternehmen, seiner Wirtschaftskraft und Akzeptanz und seiner Bedeutung für die Rhein-Main-Region."
Die Grünen im Hessischen Lantag zeigten sich empört über den Versuch von Fraport, der Ticona die Schuld an dem jetzt erkannten Sicherheitskonflikt zu geben. "Wenn die Flugroutenführung über der Ticona zu riskant ist, dann muss diese wieder so weit geändert werden, dass das Risiko akzeptabel wird. Mit der Verhöhnung der Störfall-Kommission schafft man auf jeden Fall keine zusätzliche Sicherheit", betonte der parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion Kaufmann. Als "besonders übles Manöver" bezeichneten die Grünen die Forderung von Fraport nach dem Widerruf der Genehmigungen für Ticona. Damit versuche man, die Entschädigungslast von sich auf den Rücken der Steuerzahler abzuwälzen.
Der Umweltschutzverband BUND sprach von einem "leicht durchschaubaren Einschüchterungsversuch" und hielt Fraport vor, einen "Rabatt in Sicherheitsfragen" einzufordern und auf Drohungen statt Argumente zu setzen.
Der Deutsche Fluglärmdienst (DFLD) wies erneut auf das Risiko auf Anflügen von Osten auf die geplante Nordwestbahn hin, das bei der Diskussion um die Ticona nicht genügend beachtet würde. Der DFLD forderte, dass es für das geplante Airrail-Center, den ICE-Bahnhof und andere Gebäude in der Einflugschneise der geplanten Landebahn Nordwest eine ebenso detaillierte Untersuchung wie für Ticona geben müsse.
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