Das Chemiewerk Ticona soll im Industriepark Höchst neu errichtet werden. Das teilte die amerikanische Muttergesellschaft, der Celanese-Konzern, gestern mit. Dabei sollen rund 100 der 380 Arbeitsplätze in der Produktion wegfallen, obwohl die Produktionskapazität schon zu Beginn des Betriebs mit 140000 Tonnen Kunststoff deutlich höher liegen soll als jetzt (110000 Tonnen) - das neue Werk soll eines der modernsten in Europa sein und entsprechend rationeller produzieren. Die Produktion am neuen Standort soll 2011 aufgenommen werden. Wohin die Verwaltung zieht, ist noch nicht bekannt. Um das neue Chemiewerk hatten sich 50 Standorte beworben. Zum Schluß waren noch der Industriepark Höchst und der Industriepark Kalle-Albert in Wiesbaden im Rennen verblieben. Wohin die Verwaltung mit etwa 300 Arbeitsplätzen ziehen wird, ist noch nicht bekannt.
Im November letzten Jahres hatten sich Celanese und Fraport darauf geeinigt, dass das direkt in der Einflugschneise der geplanten neuen Landebahn Nordwest gelegene Chemiewerk gegen eine "Abfindungszahlung" von Fraport von 670 Millionen Euro bis 2011 geschlossen wird. Das Risiko durch einen Störfallbetrieb direkt in der Endanflugstrecke galt als einer der maßgeblichen Stolpersteine für die Pläne zum Ausbau des Flughafens.
Erste Reaktionen
Ministerpräsident Koch begrüßte die Entscheidung von Celanese. Die Verlagerung des Werks sei ein "hervorragendes Beispiel eines Interessenausgleichs, der es ermöglicht, Arbeitsplätze in der Region zu halten, und gleichzeitig für den Flughafen die Möglichkeit bietet, neue Arbeitsplätze zu schaffen." Die CDU-Fraktion meinte, mit Ticona sei nun "die wichtigste Hürde auf dem Weg zum Flughafenausbau erfolgreich und für alle Beteiligten zufrieden stellend genommen". Dies sei vor allem Ministerpräsident Koch zu verdanken.
Die SPD-Fraktion nannte den Umzug der Ticona nach Höchst ein "gutes Signal für die Mitarbeiter und den Chemiestandort Rhein-Main". Der von "Ministerpräsident Die Lobhudelei der CDU auf Ministerpräsident Koch sei allerdings "mehr als peinlich". Der von Koch "initiierte Ritt auf der Rasierklinge ein gutes Ende gefunden", sagte die Vorsitzende Ypsilanti.
Die Grünen im hessischen Landtag kritisierten, 670 Millionen EURO seien ein "stolzer Preis für eine fatale Fehleinschätzung", nämlich die vorzeitige Festlegung von Ministerpräsident Koch auf die Nordwestbahn. Das Geld der Fraport sei zum größeren Teil das Geld der öffentlichen Hand, das man besser einsetzen könne.
Diese Kritik wird von vielen geteilt. Der (ansonsten ausbaufreundliche) Kommentator der FNP brachte es auf den Punkt: "Was jetzt als gelungene Standort-Aktion gefeiert wird, ist in Wahrheit eine der größten Pleiten, die Fraport und deren Haupteigentümer – das Land Hessen – hingelegt haben ... die Rechnung bezahlt jetzt die Allgemeinheit".
Das Bündnis der Bürgerinitiativen forderte anlässlich der Ansiedlung eines Störfallbetriebs nahe an der Wohnbebauung, endlich eine Studie über die Gesamtbelastung des Rhein-Main-Gebietes durch Schadstoffe und Feinstäube zu erstellen, da mehrere weitere umweltbelastende Großprojekte wie Kraftwerke und Müllverbrennungsanlagen in der Region geplant seien.
Ticona Standorteignung für Flughafenausbau FRA Landebahn Nordwest