Lärm - das Umweltproblem Nummer Eins
Doch Politik und Wirtschaft wollen weiter den Fluglärm schützen
<2001-04-26>
Der 4. "Tag gegen Lärm" (International Noise awareness day) - ein weltweiter Aktionstag gegen den Lärm - ist gestern zu Ende gegangen. Wie schon seit Jahren haben Experten vor den schädlichen Folgen des Lärms gewarnt. Nach ihrer Meinung ist Lärm das Umweltproblem Nummer Eins. Fast jeder sechste Deutsche leidet an Schwerhörigkeit. Dauernder Straßenlärm ist wahrscheinlich für 10000 Herzinfarkte pro Jahr verantwortlich. Nach den neuesten Zahlen des Umweltbundesamtes fühlen sich 79 Prozent der Deutschen durch Verkehrslärm, 46 Prozent durch Fluglärm massiv gestört. Angesichts der Dimension des Problems sollte man annehmen, das mit großer Energie an seiner Bekämpfung gearbeitet wird. Eigentlich sollte es ein "Recht auf Ruhe" geben und Gesetze, die es schützen.
Doch die Politik ist untätig oder mauert sogar. Untersuchungen über die von Lärm verursachten Gesundheitsschäden stammen überwiegend aus den 70iger und 80iger Jahren, als Umweltschutz noch "modern" war; heute haben Forscher Mühe, für derartige Projekte Geld aufzutreiben. Bürger, die auf Basis der bestehenden Gesetze gegen Straßenverkehrslärm das Recht auf Geld für Schallschutz-Maßnahmen haben, beißen bei den zuständigen Behörden oft jahrelang auf Granit, ohne Anwalt geht oft gar nichts. Lärmminderungspläne, eigentlich für jede Gemeinde vorgeschrieben, sind nur ganz vereinzelt erstellt worden.
Und das "Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm", von 1971 und völlig veraltet, schützt den Fluglärm vor den Menschen und nicht umgekehrt. Die Bundesregierung war mit dem Anspruch angetreten, das Gesetz in dieser Legislaturperiode zu novellieren. Tatsächlich hat Umweltminister Trittin einen Entwurf in der Schublade, in dem zwar nicht optimale, aber doch recht ordentliche Grenzwerte zum Lärmschutz enthalten sind. Derzeit ist er noch entschlossen, für seinen Entwurf zu kämpfen, braucht er doch nach verschiedenen Schlappen wenigstens ein "grünes" Projekt, was erfolgreich realisiert wird. Doch ob das klappen wird, steht in den Sternen.
Denn die Gegenseite rüstet schon auf. Heftige Gegenwehr kommt von anderen Ministern im Kabinett. Verkehrsminister Bodewig, Verteidigungsminister Scharping und Wirtschaftsminister Müller haben massiven Protest eingelegt und versuchen, Trittins Pläne zu kippen. Der Verkehrsminister hat letztes Jahr ein Flughafenkonzept vorgelegt, in dem der Bau von 5 neuen Start- und Landebahnen an deutschen Flughäfen vorgesehen ist, unter anderem am Flughafens Frankfurt. Er befürchtet, dass die neuen Lärmgrenzwerte diese Ausbaumaßnahmen unfinanzierbar machen. Auch für den Ausbau des Frankfurter Flughafens würden die bisherigen Wirtschaftlichkeitsrechnungen von den zusätzlichen Kosten für Schallschutz über den Haufen geworfen werden. Der Verteidigungsminister fürchtet Kosten in Milliardenhöhe, wenn auch Militärflughäfen in die Lärmschutzbestimmungen einbezogen würden. Der Wirtschaftsminister ist im Interesse der Wirtschaft sowieso dagegen. Und die Flughafen- und Luftverkehrslobby verbreitet Weltuntergangsstimmung - 150 000 Arbeitsplätze seien gefährdet, weil der Flugverkehr ins umliegende Ausland ausweichen würde. Der Lobby nahestehende Experten zweifeln derweil die geplanten Grenzwerte für den nächtlichen Lärm an, die Nachtflüge sehr erschweren würde.
Es ist zu befürchten, dass Trittins neues Fluglärmgesetz in dieser Legislaturperiode wegen des massiven Widerstands aus Wirtschaft und Politik nicht mehr beschlossen wird. Doch es gibt trotzdem Anlass zur Hoffnung: die EU-Kommission plant in nächster Zeit die europaweite Harmonisierung des Lärmschutzes, und die dort vorgesehenen Grenzwerte sind auch nicht so schlecht. Dann wird Deutschland seine Gesetze (freiwillig oder unfreiwillig) anpassen müssen. Die Chancen stehen gut, dass wir auf diese Weise sogar ein Nachtflugverbot „geschenkt“ bekommen. Dann kann man zu einem der nächsten „Tage gegen Lärm“ endlich mal etwas Positives berichten.
Doch die Politik ist untätig oder mauert sogar. Untersuchungen über die von Lärm verursachten Gesundheitsschäden stammen überwiegend aus den 70iger und 80iger Jahren, als Umweltschutz noch "modern" war; heute haben Forscher Mühe, für derartige Projekte Geld aufzutreiben. Bürger, die auf Basis der bestehenden Gesetze gegen Straßenverkehrslärm das Recht auf Geld für Schallschutz-Maßnahmen haben, beißen bei den zuständigen Behörden oft jahrelang auf Granit, ohne Anwalt geht oft gar nichts. Lärmminderungspläne, eigentlich für jede Gemeinde vorgeschrieben, sind nur ganz vereinzelt erstellt worden.
Und das "Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm", von 1971 und völlig veraltet, schützt den Fluglärm vor den Menschen und nicht umgekehrt. Die Bundesregierung war mit dem Anspruch angetreten, das Gesetz in dieser Legislaturperiode zu novellieren. Tatsächlich hat Umweltminister Trittin einen Entwurf in der Schublade, in dem zwar nicht optimale, aber doch recht ordentliche Grenzwerte zum Lärmschutz enthalten sind. Derzeit ist er noch entschlossen, für seinen Entwurf zu kämpfen, braucht er doch nach verschiedenen Schlappen wenigstens ein "grünes" Projekt, was erfolgreich realisiert wird. Doch ob das klappen wird, steht in den Sternen.
Denn die Gegenseite rüstet schon auf. Heftige Gegenwehr kommt von anderen Ministern im Kabinett. Verkehrsminister Bodewig, Verteidigungsminister Scharping und Wirtschaftsminister Müller haben massiven Protest eingelegt und versuchen, Trittins Pläne zu kippen. Der Verkehrsminister hat letztes Jahr ein Flughafenkonzept vorgelegt, in dem der Bau von 5 neuen Start- und Landebahnen an deutschen Flughäfen vorgesehen ist, unter anderem am Flughafens Frankfurt. Er befürchtet, dass die neuen Lärmgrenzwerte diese Ausbaumaßnahmen unfinanzierbar machen. Auch für den Ausbau des Frankfurter Flughafens würden die bisherigen Wirtschaftlichkeitsrechnungen von den zusätzlichen Kosten für Schallschutz über den Haufen geworfen werden. Der Verteidigungsminister fürchtet Kosten in Milliardenhöhe, wenn auch Militärflughäfen in die Lärmschutzbestimmungen einbezogen würden. Der Wirtschaftsminister ist im Interesse der Wirtschaft sowieso dagegen. Und die Flughafen- und Luftverkehrslobby verbreitet Weltuntergangsstimmung - 150 000 Arbeitsplätze seien gefährdet, weil der Flugverkehr ins umliegende Ausland ausweichen würde. Der Lobby nahestehende Experten zweifeln derweil die geplanten Grenzwerte für den nächtlichen Lärm an, die Nachtflüge sehr erschweren würde.
Es ist zu befürchten, dass Trittins neues Fluglärmgesetz in dieser Legislaturperiode wegen des massiven Widerstands aus Wirtschaft und Politik nicht mehr beschlossen wird. Doch es gibt trotzdem Anlass zur Hoffnung: die EU-Kommission plant in nächster Zeit die europaweite Harmonisierung des Lärmschutzes, und die dort vorgesehenen Grenzwerte sind auch nicht so schlecht. Dann wird Deutschland seine Gesetze (freiwillig oder unfreiwillig) anpassen müssen. Die Chancen stehen gut, dass wir auf diese Weise sogar ein Nachtflugverbot „geschenkt“ bekommen. Dann kann man zu einem der nächsten „Tage gegen Lärm“ endlich mal etwas Positives berichten.
Themen hierzuAssciated topics:
Lärm Fluglärmgesetz Umweltbundesamt Tag gegen Lärm
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