Erörterungstermin - Bericht vom 09.01.2006
Akteneinsicht - Streit um die konkrete Regelung
Von: @cf <2006-01-07>

Beherrschendes Thema an diesem mehrfach durch Beratungspausen unterbrochenen Tag war weiterhin die Akteneinsicht. Das RP lehnte alle Anträge auf Unterbrechung der Erörterung zur Ermöglichung der Akteneinsicht kompromisslos ab, die Modalitäten der nachträglichen Erörterung anhand aus den Akten ausgegrabener Sachverhalte sind immer noch unklar. Das RP machte deutlich, wer "Herr im Hause" ist und forcierte das Tempo. Während die Anwälte die Diskussion mit professioneller Fassung ertrugen, fragte sich so mancher Privateinwender nur noch: In welchem Staat leben wir hier eigentlich?

Anträge auf Unterbrechung abgelehnt

Die Erörterung begann gleich mit einer halben Stunde Verzögerung, weil das RP noch intern etwas zu beraten hatte. Erst um 10:07 eröffnete Dr. Gaentzsch die Sitzung. Als erstes wurde die Ablehnung aller Anträge auf Unterbrechung aus den letzten beiden Tagen verkündet. Begründung: die vom VGH Kassel geforderte Akteneinsicht werde gewährt, eine Behinderung der Erörterung sei damit nicht verbunden und die Tätigkeit der Anwälte werde auch nicht unzumutbar oder unverhältnismäßig erschwert. Man könne auch neben der Teilnahme am Erörterungstermin die Akten ansehen, schließlich müsse man nicht immer anwesend sein. Die Teilnahme an der Erörterung der Einwendungen von anderen Einwendern sei nicht im Gesetz vorgeschrieben. Als Begründung wurde auch genannt, eine substanzielle Erörterung sei auch ohne Kenntnis der Stellungnahmen von Fachbehörden möglich. Die Akteneinsicht diene nur dazu, die bereits vorgetragenen Einwendungen zu vertiefen. Ein solcher Erörtertungsbedarf soll vorher schriftlich angemeldet werden. Die Stellungnahmen der Fachbehörden werden auch auf DVD verfügbar gemacht werden. Wer wegen Akteneinsicht nicht da ist, kann sich für später auf die Rednerliste setzen lassen. Es könne keine Rede davon sein, dass die Akteneinsicht nur formal gewährt werde, faktisch hierzu jedoch keine Möglichkeit bestehe

Empörung über die Entscheidung

Als erstes meldete sich eine der erfolgreichen Klägerinnen beim VGH, eine Privateinwenderin aus Sachsenhausen, zu Wort. Sie sagte, sie fühle sich durch die Verbiegung der Entscheidung durch das RP verhöhnt. Sie habe bereits 2004 Akteneinsicht beantragt, es sei lange genug Zeit gewesen diese zu gewähren. Die Einwenderin hegte "größtes Misstrauen" gegen die Auswahl des Akteninhalts (150 Ordner von 1300), den das RP zur Verfügung stellen wolle.

Rechtsanwalt Diederichsen meinte, er sei über diese Entscheidung entsetzt, sie sei unrechtmäßig. Er beantragte eine Stunde Unterbrechung, damit die Anwälte beraten könnten. Rechtsanwalt Fislake schloss sich an und bezeichnete die Entscheidung als eine grobe Missachtung seiner anwaltlichen Verpflichtungen. Die Meinung, er könne das alles nebenher leisten, verkenne seine Möglichkeiten. Herr Faulenbach da Costa (Offenbach) sagte, Offenbach habe auch schon vor langer Zeit Akteneinsicht beantragt. Er vermutete, dass in den Akten erheblich mehr Brisanz stecke als das RP den Einwendern einreden wolle. Die Beschränkung auf reine Konkretisierung anhand der neuen Erkenntnisse sei unzulässig. Außerdem wolle man den Einwendern offensichtlich wichtige Verfahrensakten vorenthalten. Er forderte sogar den Abbruch des Verfahrens.

Rechtsanwältin Fridrich kritisierte, so gehe es nicht. Fraport würde öfter mit Duldung des RP einem Einwender vorhalten "diese Frage haben wir bereits beantwortet", deshalb müsse man immer da sein (Herr Gaentzsch bestritt, dass das RP dies toleriere). Es sei nicht zumutbar, die Akten so nebenbei einzusehen. Der Verweis des RP auf schriftliche Erörterung sei sinnwidrig und rechtsfehlerhaft. Die Verfahrensfehler seien nicht heilbar. Das RP erklärte auf Nachfrage die Zeiten für die Akteneinsicht: während der Erörterungszeit ab 8 Uhr in der Stadthalle, am Mittwoch in Darmstadt beim RP. Rechtsanwältin Philipp-Gerlach (für den BUND) hielt das für nicht praktikabel. Sie erinnerte an das Angebot, den aktuellen TOP Naturschutz nach hinten zu verschieben, damit sie die Akten zwischendurch einsehen könne, während des aktuellen Punktes müsse sie immer anwesend sein. Auch dies sei abgelehnt worden. Sie fragte, weshalb man ihre speziellen Gründe nicht bedacht habe, sie werde unverhältnismäßig in ihrer Arbeit behindert. Sie verlangte eine qualifizierte begründete Entscheidung. Das RP sagte dazu, die Anträge auf Unterbrechung reichten von 2 Wochen bis zu 6 Monaten und die Ablehnung beziehe sich auf alle. Es gebe schließlich die Möglichkeit einer Nacherörterung, wenn man die Notwendigkeit beim RP angemeldet hätte.

45 Arbeitstage zum Studium der Akten

Rechtsanwalt Moeller-Meinecke rechnete vor, wenn er in den 3 Stunden außerhalb der Erörterung die Akten einsehe, brauche er 45 Arbeitstage, das sei rein rechnerisch bis zum Ende des Verfahrens gar nicht möglich. Das Verfahren werde so erheblich verzögert. Die Aussagen des VGH seien der Meinung des RP entgegengesetzt und klar. "Sie zielen auf Ermüdung und das Versanden des sachlichen Inhalts. Das ist eine Aushöhlung der Rechte der Einwender. Ihre Erklärungen sind hilflos. Was würden sie denn machen, wenn Fraport völlig neue Inhalte beantragen würde und sie sollten das nebenbei bewerten? Uns muten sie das zu". Das RP erklärte, die Stellungnahmen der Behörden und Verbände seien digitalisiert und würden auf CD zur Verfügung gestellt. Die Papierform werde in mehreren Sätzen bereitgestellt. Die Stellungnahmen der Kommunen seien am längsten (die brauchten die Anwälte ja nicht zu lesen), die Gutachten seien kürzer und seien zu schaffen. Niemand fühlte sich dadurch wirklich getröstet .

Ein Privateinwender aus Offenbach beklagte sich, bei der Sachlage und der Fülle der Akten müsse er überlegen, ob er nicht doch noch einen Anwalt beauftragen müsse, was mit ganz erheblichen Kosten für ihn verbunden wäre. Durch die Art der Durchführung beschränke das RP seine Rechte: "Wer trägt meine zusätzlichen Kosten?" Er beantragte Erstattung der Verfahrenskosten, die durch die Verfahrensverzögerung entstehen. Das RP antwortete, nach geltender Rechtslage trage jeder Einwender seine Kosten selbst. Ob er einen Rechtsanwalt beauftragen wolle, sei seine Entscheidung.

Rechtsanwalt Fislake beschwerte sich, die schriftliche Form der ausgeteilten Regelung decke sich nicht mit den mündlichen Aussagen. Selbst wenn er jeden Tag ab 8 Uhr in der Stadthalle und jeden Mittwoch in Darmstadt arbeiten würde, würde es ein halbes Jahr dauern, bis er einmal durch sei. "Ihr Vorschlag ist irreal, eine Satire". Versammlungsleiter Gaentzsch wies darauf hin, die eingegangenen Stellungnahmen einzuarbeiten habe über den Beginn des Erörterungstermins hinaus gedauert. Eine frühere Akteneinsicht hätte also gar nicht keine vollständige Kenntnis ermöglicht (!!). Das Gesetz sehe nicht vor, dass alles noch einmal ausgelegt werden muss. Man biete die Möglichkeit der späteren Ergänzung.

Rechtsanwalt Scheidmann bezweifelte, dass die Begründungen des RP, insbesondere beim aktuellen Punkt Naturschutz, tragfähig seien (Widerspruch zum § 73 (6) Verwaltungsverfahrensgesetz) . Man zwinge die Einwender, zweimal erheblichen Aufwand zu treiben. Herr Faulenbach da Costa kritisierte, bisher habe das RP nur der Antragstellerin beratend zur Seite gestanden: "Wir sind inzwischen doch wohl vom Obrigkeitsstaat (Pickelhaubenstaat) weg. Die Behörden haben eine Beratungspflicht auch gegenüber dem Bürger, der werden Sie nicht gerecht". Danach gab es eine Stunde Pause zur Beratung für die Anwälte.

Was tun die Anwälte nun?

Nach der Pause erklärte Herr Faulenbach da Costa, die Stadt Offenbach werde am Donnerstag das weitere Vorgehen mitteilen. Rechtsanwalt Fislake teilte mit, auch Kelsterbach habe noch nicht entschieden. Er verlangte Aufklärung darüber, wie jetzt vorzugehen sei. Wie lange hätte man Akteneinsicht, wann solle die Nacherörterung stattfinden und wie werde entschieden, was nacherörtert würde? Es könne sein, man melde jetzt Nacherörterungsbedarf an und später entscheide das RP dann, es bestehe kein Bedarf. Die Stadt Kelsterbach werde es nicht akzeptieren, dass ihre Wortbeiträge der Genehmigungspflicht unterliegen und man wolle bei der Erörterung auch nicht von den anderen Einwendern getrennt werden.

Die Rechtsbelehrung durch Herrn Gaentzsch

Herr Gaentzsch antwortete, das Akteneinsichtsrecht nach dem Umweltinformationsgesetz bestehe noch beliebig lange, weiterer Erörterungsbedarf müsste bis zum Ende dieses Termins (Abschluss der normalen Tagesordnung) gemeldet werden. Man müsse prüfen, ob nicht völlig neue Aspekte eingewendet würden, das Recht gelte nur für die Konkretisierung bis jetzt schon gemachter Einwendungen. Man könne sich z.B. jetzt nicht noch Argumente aus anderen Einwendungen zu Eigen machen. Das Auslageverfahren würde nicht neu eröffnet, die Umweltinformationen seien nicht Teil des Verfahrens. Wie man es genau handhaben werde, wolle man sich noch nicht festlegen. So würde sich das RP vorbehalten zu prüfen, wann ein Antrag auf Akteneinsicht gestellt worden sei. Die Anhörungsbehörde sei gehalten, im Interesse der Antragstellerin das Verfahren zügig durchzuführen, sonst könnte diese Ansprüche geltend machen. Man werde eine Erörterung durchführen, soweit gesetzlich geboten. Man sei aber nicht gehalten, alle Einwender gleichzeitig einzuladen. Man könne auch einzeln nach Darmstadt einladen. Gaentzsch wies darauf hin, dass Kopien der Stellungnahme der Oberen Naturschutzbehörde nach der Mittagspause zur Verfügung stehen würden.

Akteneinsicht Teil des Verfahrens?

Rechtsanwalt Fislake wies darauf hin, es gebe auch Betroffene, die keine Einwendung gemacht hätten. Zum Anspruch von Fraport auf ein zügiges Verfahren meinte er, die Kommunen könnten auch Ansprüche geltend machen, denn eine doppelte Verhandlung koste sie auch viel Geld. Herr Gaentzsch antwortete, er nehme an, dass es für Kelsterbach teurer würde, wenn Fislake 45 Tage lang die Akten lesen würde. Er fragte, wann Fislake den Antrag auf Akteneinsicht gestellt habe. Wenn er ihn Anfang September gestellt hätte, hätte man deshalb auch nicht den Termin verzögern oder unterbrechen müssen: "Es ist Ihr Problem, wenn und wann Sie in die Akten einsehen wollen, es ist nicht Teil des Verfahrens". Fislake widersprach: der VGH habe klar gesagt, es sei im laufenden Verfahren Akteneinsicht zu gewähren (RP: Tun wir ja!) und die erworbenen Kenntnisse könnten im laufenden Verfahren verwendet werden. "Wir haben schon zu Beginn der Erörterung Akteneinsicht verlangt und erst jetzt vor Gericht Recht bekommen. Natürlich können Sie sagen, Sie hätten die Akten schon am 19. September hinstellen können, aber Sie haben es nicht getan. Jetzt, nach drei Monaten, können Sie nicht erwarten, dass die Einwender abgeschlossene Punkte nicht wieder aufnehmen wollten. Manche Einwender hätten vielleicht gar keinen formalen Antrag auf Akteneinsicht gestellt, weil es sowieso aussichtslos gewesen sei: "Sie können nach dem Verlesen aller Ablehnungen nicht erwarten, dass jemand noch einmal einen Antrag stellt, damit dieser gleich wieder abgelehnt wird". Er bestand darauf, gemeinsam mit den anderen Einwendern zu erörtern.

Die Diskussion ging dann einige Zeit lang hin und her, wie, warum und wie genau der zusätzliche Erörterungsbedarf zu bereits abgeschlossenen Punkten angemeldet werden soll, ob und wie er begründet sein muss und ob das RP ihn genehmigen soll. Die Sachlage blieb unklar und war offenbar vom RP noch nicht voll durchdacht worden. Jedenfalls wollte man beim RP nochmals darüber nachdenken.

Einsicht in die Stellungnahme der Fraport?

Rechtanwältin Philipp-Gerlach erinnerte an ihren Antrag vom 27.11.2005, in dem sie Einsicht in die Stellungnahme der Fraport verlangt hatte. Das RP habe die Einsicht mit der Begründung auf das beim VGH laufende Eilverfahren zur Akteneinsicht abgelehnt. Jetzt habe das RP erklärt, die Erwiderung der Vorhabensträgerin auf die Einwendungen sei nicht Teil der freigegebenen Akten. Sie verlangte nochmals eine Entscheidung über ihren Antrag mit einer nachvollziehbaren Begründung, da der VGH jetzt entschieden habe. "Ich stelle erneut den Antrag vom 27.11.05 und bitte um schriftliche Ablehnung" ... (Gelächter im Publikum). Das liege wohl daran, dass immer alle Anträge abgelehnt werden würden, begründete sie den Versprecher. "Sie provozieren laufend neuen Rechtsstreit, das wollen wir nicht. Aber wenn Sie jetzt wieder ablehnen, sehen wir uns vielleicht in 2 Monaten wieder beim VGH." Philipp-Gerlach wies darauf hin, das Urteil gewähre auch Einsicht in die Akten der Planfeststellungsbehörde. Sie wolle auch dafür einen Antrag stellen. Sie habe dann auch das Recht, mit den Fakten in den anderen Akten zu erörtern. So habe man im LEP-Änderungsverfahren Anträge gestellt, die die Behörde möglicherweise schon verarbeitet habe und die wesentliche Hinweise enthalten könnten, die sie verwenden dürfe.

Herr Gaentzsch sagte, man habe keine Erwiderung der Fraport auf die Einwendungen. Man werde zu gegebener Zeit entscheiden. Während des Termins jetzt gehe man nicht davon aus, dass sie zum TOP Naturschutz die Akten schon bereits gelesen haben müsse.

Fachbehörden sollen ihre Stellungnahme erörtern

Rechtsanwalt Scheidmann (Ticona) nahm zum Argument des RP Stellung, einige (auch er) hätten den Antrag auf Akteneinsicht erst später in der laufenden Erörterung gestellt. "Wir sind davon ausgegangen, dass die Stellungsnahmen der Fachbehörden hier erörtert werden. Als wir gemerkt haben, dass das nicht passiert, waren wir gezwungen, Akteneinsicht zu beantragen, weil sonst eine Erörterung dieser Stellungnahmen nicht stattfinden würde. Wir haben das dann auch sofort getan. Die Situation hat sich zugespitzt, und das wird jetzt auf dem Rücken der Einwender ausgetragen". Darauf Herr Gaentzsch: "Sie hätten ja auch direkt bei den anderen Behörden den Antrag auf Akteneinsicht stellen können". Das fand Scheidmann gar nicht in Ordnung: "Sie rechtfertigen das eigene nicht rechtmäßige Verhalten damit, eine andere Behörde hätte sich rechtmäßig verhalten können". Er beantragte, dass die betreffenden Fachbehörden in der Erörterung anwesend sein sollten, um die Stellungnahme zu erörtern und auf Fragen der Einwender zu antworten. Weiterhin beantragte er Einsicht in die Äußerungen, die Fraport zu den Einwendungen abgegeben hat. Nach der EU-Richtlinie 2003/35 EG Art. 3 Nr. 4 sei auch diese Stellungnahme vorzulegen. Auch Informationen, die nicht selbst Umweltinformationen sind, müssten zugänglich gemacht werden.

Ist die Einwendungs-Datenbank eine Akte?

Herr Gaentzsch wiederholte, es gebe keine Stellungnahme der Fraport. Zu den Einwendungen der Ticona werde Fraport eine Stellungnahme innerhalb der Erörterung abgeben, beim entsprechenden Tagesordnungspunkt. "Sie können ja Fraport fragen, ob die Ihnen ihre vorläufigen Überlegungen zur Verfügung stellen". Scheitmann erwiderte, es sei doch schon häufiger von einer Datenbank die Rede gewesen, ob die vorläufigen Überlegungen der Fraport vielleicht da drin seien? Herr Hoepfner, RP, erläuterte näher die geheimnisvolle Datenbank KADEC. Verwaltungshelfer hätten die Einwendungen ausgewertet und zu Themenbköcken zusammengefasst und diese in die Datenbank eingetragen. Fraport habe dann in der Datenbank zu den Argumenten die Gegenargumente eingetragen, die sie "voraussichtlich beim Erörterungstermin zu den Einwendungen äußern würde". Es gebe keine weitere schriftliche Stellungnahme der Fraport. Das was Fraport eingegeben habe, diene dem RP zur besseren Vorbereitung des Erörterungstermins und sei eine interne Arbeitshilfe - wie eine handschriftliche Notiz – und keine Akte. Statt einer handschriftlichen Notiz nehme man heute eben eine Datei.

Scheidmann wollte trotzdem Einsicht in die Äußerungen der Fraport zu den Einwendungen, in welcher Form auch immer. Doch Gaentzsch meinte, die Grundlage der Erörterung seien die Einwendungen und nicht die Gegenargumente der Fraport. Er wollte die Diskussion zum Thema beenden. Scheidmann war empört: "Ich bin schon etwas betroffen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie zu der Zeit, als Sie noch auf einem anderen Stuhl sassen, auch schon so geurteilt haben. Warum hat man Fraport aufgefordert, irgendetwas zu den Einwendungen zu liefern, wenn es später für die Behörden gar nicht relevant sein soll? Ich habe den Eindruck, dass es doch verwendet werden wird. Das wollen wir überprüfen und dazu haben wir das Recht".

Verfahrensfehler immer wichtiger

Auch nach der Mittagspause wurde die Geschäftsordnungsdebatte fortgesetzt. Rechtsanwalt Diederichsen führte aus, das RP habe auf das VGH-Urteil schnell reagiert, wohl um das Verfahren nicht zu verzögern, die Regelung sei aber mit heißer Nadel gestrickt und unklar. Die Einwender hätten einen Anspruch, ihre Rechte optimal wahrnehmen zu können, sowohl nach dem Umwelt-Informationsrecht als auch nach dem Beteiligungsrecht. Man erörtere durchgängig, dies schließe eine Parallelität zwischen Akteneinsicht und Erörterung aus. Der Mittwoch sei auch nur theoretisch frei, die Anwälte hätten auch noch etwas anderes zu tun als dieses Verfahren. Eine Individualerörterung beschränke die Rechte der Einwender - das führe zu weiteren Verfahrensfehlern.

Diederichsen wies darauf hin, dass es im europäischen Recht die Tendenz zur "Verfahrensbezogenheit" im Gegensatz zur "Ergebnisbezogenheit" gebe, das heißt, es wird mehr darauf geachtet, ob die Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, weniger was inhaltlich beschlossen wurde. Dies werde auch im deutschen Recht einiges ändern. Die Bedeutung von Verfahrensfehlern werde zunehmen, der Europäische Gerichtshof würde die Verfahren sehr genau auf Verfahrensfehler prüfen. Dies könnte gravierende Folgen für einen eventuellen Planfeststellungsbeschluss haben.

Wie soll die Nacherörterung aussehen?

Diederichsen stellte den Antrag, wenn schon die Erörterungs nicht abgebrochen würde, sei ein Nacherörterungstermin durchzuführen. Dieser sollte die jetzt noch offenen Punkte als auch die Wiederholungsdebatte wegen Akteneinsicht umfassen. Er fragte, wann das Anhörungsverfahren zu Ende sei, Das RP sagte, es werde den Erörterungsbericht erst nach Beendigung der Nacherörterung abfassen

"Endlich mal ein Lichtblick", meinte Rechtsanwalt Fislake dazu. Er wollte genauere Auskunft haben, wie die Nacherörterung ablaufen solle, was noch Erörterungsgegenstand sein könne. Nur die schon abgeschlossenen Punkte? Und Naturschutz? Würde das Thema "Sicherheit", was danach komme, schon die Kenntnis der Akten voraussetzen? Fragen über Fragen ... Das RP gab zu, man habe schnell entschieden und sich diese Details noch nicht so genau überlegt. Fislake meinte, er habe in der Mittagspause schon in der gerade verteilten Stellungnahme der Oberen Naturschutzbehörde gelesen und fand darin gleich Kritikpunkte. So habe er dort eine für ihn sehr relevante Stellungnahme zum Vogelschlag gefunden, die er dort nicht gesucht, sondern unter "Sicherheit" erwartet hätte. "Wenn ich bei Ordner 144 bin, sind Sie vielleicht schon beim letzten TOP. Und ich merke es dann erst". Er sei nach wie vor der Meinung, dass man nicht gleichzeitig erörtern und die Akten studieren könne. Er schlug vor, nach dem Abschluss der normalen Tagesordnung eine Pause zu machen, und dann bei der Nacherörterung die ganze Tagesordnung noch einmal von vorn aufzurufen, um die Zusatzpunkte zu diskutieren. Wenn er jedes Mal, wenn er in einem Ordner etwas Interessantes finden würde, eine Zettel zum "Nacherörterungsbedarf" ausfüllen müsste, würde es einen riesigen Papierstapel und großen bürokratischen Aufwand geben. Das dauere länger, als noch einmal kurz durch alle Punkte durchzugehen. Das RP versprach, sich über ein " praktisches sinnvolles Verfahren" Gedanken zu machen.

Eine Vertreterin des Kreises Groß-Gerau beantragte die vollständige Überlassung der Akten nach EU-Recht in digitalisierter Form. Dazu gehöre auch die Stellungnahme der Fraport. Die EU-Richtlinie zur Öffentlichkeitsbeteiligung gelte (nach Ablauf der Umsetzungsfrist in nationales Recht am 25.6.2005) unmittelbar, damit müssten die Akteneinsichtsrechte voll umfänglich gewährt werden.

Die Natur der Fraport-Stellungnahme zu den Einwendungen

Herr Norgall (für BUND und ZRM) schloss sich dem Antrag von Rechtsanwalt Scheidmann an, auch die Fraport-Äußerungen zu den Einwendungen zugänglich zu machen. Man habe bereits in der Einwendung des BUND Akteneinsicht, insbesondere auch in die Stellungnahme der Fraport, gefordert. Er widersprach der Ansicht, die Stellungnahmen der Fraport seien keine Akten. In dem Moment, wo Fraport eine vorläufige Stellungnahme abgegeben habe, habe sie auch umweltrechtlich relevante Sachverhalte angeführt. Dies sei umweltrelevante Information, egal ob das RP sie später verwende oder nicht. Er fragte nach, was denn "die Verfahrensakte" genau sei.

Versammlungsleiter Hoepfner wiederholte, es gebe "nichts schriftliches" von Fraport. Die Argumente seien direkt in die Datenbank eingetragen worden. Es handele sich um vorläufige Informationen, um "nicht abgeschlossene" Akten. Die Einträge der Fraport in der Datenbank seien "die Ankündigung einer beabsichtigten Äußerung auf Argumente der Einwender". Auf Nachfrage, wie die Einträge denn in die Datenbank hineinkämen, sagte man, sie würden "importiert". Die Datenbank sei beim RP. Wie es genauer technisch aussieht, vermochte keiner der Anwesenden auf dem Podium zu sagen, damit kenne man sich nicht aus. Umweltinformationen seien aber nicht in der Datenbank.

Viel Papier und Bürokratie

Norgall beantragte, das zu klären. Seiner Meinung nach handele es sich mit dem Import in die Datenbank um abgeschlossene Dokumente. Das RP nahm die unterschiedliche Meinung zur Kenntnis, machte aber deutlich, dass man die Äußerungen der Fraport nicht als Akten betrachte. Herr Gaentzsch wollte die Frage "abgeschlossenes Dokument" nicht weiter "abstrakt diskutieren". Norgall wollte dann auch zahlreiche Fragen zur Meldung des zusätzlichen Erörterungsbedarfs geklärt haben. Wenn das RP entscheiden könne, ob die Nacherörterung eines Punktes erforderlich sei, sei dies eine Vorwegnahme der Entscheidung und nicht zulässig. Wie groß sei der Spielraum? Wann sei die endgültige "Deadline" für die Anmeldung? Müsse man die Erforderlichkeit des Erörterungswunsches begründen? Wie genau? ... Es sehe nach verdammt viel Papier und Bürokratie aus, meinte er. Jedes Mal, wenn man eine Nachfrage an das RP stelle, ändere sich die Situation. Er könne vom Vorstand des BUND keinen Beschluss zum weiteren Vorgehen bekommen, solange die Situation so unklar sei. Außerdem sei der Aufenthaltsraum zum Durcharbeiten der Akten völlig ungeeignet, eiskalt, zu klein, kein Anschluss für PC.

RP - Wenig hilfreich gegenüber den Einwendern

Herr Faulenbach da Costa äußerte ruhig, aber sehr bestimmt, heftige Kritik am RP. "Sie sind wenig hilfreich gegenüber den Einwendern. In den letzten Jahren hat es andauernd Abstimmungsgespräche zwischen Ihnen und der Fraport gegeben, wie soll der Antrag aussehen, was soll hinein usw. Sie haben Fraport detaillierte Hinweise gegeben. Wenn Sie unvoreingenommen wären, könnte ich mir vorstellen, dass die Behörde auch gegenüber den Einwendern einen solchen Beratungsservice anbietet und sie jetzt bei der Akteneinsicht unterstützt. Es genügt nicht, zu sagen, stellen sie einen Antrag, wir entscheiden darüber. Von ihrer Seite kann ich kein Entgegenkommen sehen, noch nicht mal Objektivität. Wir können zwar viel diskutieren und Fehler aufzeigen, ob das bei ihrer Einstellung Erfolg hat, kann ich mir nicht mehr vorstellen."

"Wir haben schon im Herbst 2003 einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt, der wurde abgelehnt. Wir wurden bei der Formulierung unserer Einwände behindert, weil wir keine Akteneinsicht hatten. Sie sind schuld an der Situation, und ich erwarte dass jetzt Gelegenheit gegeben wird, das zu reparieren. Ich appelliere eindringlich an Sie, die Serviceleistung der Behörde auch uns gegenüber geltend zu machen. Sie sollen uns helfen, unseren Antrag so zu formulieren, dass unsere Rechte nicht beschnitten werden und eine vernünftige Diskussion möglich ist.“

Weitere Rechtsanwälte und Verbandsvertreter äußerten ähnliche Kritik am Vorgehen der Behörde und beklagten die Unklarheiten der gegenwärtig ins Auge gefassten Regelung. Versammlungsleiter Hoepfner sagte, man wolle sich darum kümmern und spätestens bis Donnerstag eine klarere Version der Regelung vorlegen. In der Zwischenzeit wolle man aber weiter die Fachthemen erörtern. Man wolle nun Punkt 8.2.2. bearbeiten. Die Geschäftsordnungsdebatte wolle man nicht bis zum Abend führen. Einige Anwälte und Einwender widersprachen. Eine Vertreterin des BUND erinnerte daran, man solle auch an die Privateinwender denken, diese müssten auch Gelegenheit zur Akteneinsicht bekommen. Man müsse dies hinreichend bekannt machen. Das RP meinte dazu nur, "verwechseln Sie die Akteneinsicht nicht mit einer erbeuten Offenlage". Hoepfner bestand darauf, die Geschäftsordnungsdebatte zu beenden und mit der Tagesordnung weiter zu machen. Eine Unterbrechung bis zur Klärung der offenen Fragen wollte er auf keinen Fall, nicht einmal eine verlängerte Pause.

Keine schriftliche Stellungnahme, keine Fachbehörde

Herr Norgall forderte eine schriftliche Ausfertigung der Zusammenfassung von Herrn Amann von der letzten Woche, nach der langen Geschäftsordnungsdebatte habe er vergessen, was Amann gesagt habe. Fraport wollte jedoch nicht einmal diese "Stellungnahme" schriftlich verteilen. Norgall beschwerte sich, das RP verweigere die Einsicht in die "Stellungnahme" der Fraport in der Datenbank mit dem Hinweis, alle Stellungnahmen von Fraport würden im Termin erörtert. Fraport sei jedoch nicht einmal bereit, die kleine Zusammenfassung vom Donnerstag schriftlich zu verteilen. "Sorgen Sie für ein faires Verfahren", forderte er das RP auf. Das RP darauf: "Wir können Fraport nicht zwingen".

Rechtsanwalt Scheidmann erinnerte an seinen Antrag, die Fachbehörden zuzuziehen. Er beantrage, die Erörterung erst dann fortzusetzen, wenn feststehe, welche Fachbehörden für den Naturschutz relevante Stellungnahmen gemacht hätten. Das RP meinte, die Fachbehörden hätten sich doch meistens freiwillig gemeldet und nannte den Vertreter der HLUG als Beispiel [Anmerkung: dieser hatte tatsächlich immer freiwillig und objektiv Auskunft gegeben]. Scheidmann: "Das war aber auch der einzige". Herr Hoepfner meinte, aus dem Kopf könne er die Liste der Fachbehörden nicht nennen. Man könne die Fachbehörden nicht zwingen. Sie seien genauso eingeladen worden wie die Einwender auch. Er lehnte es ab, überhaupt eine Liste der Fachbehörden vorzulegen, die Stellungnahmen eingereicht haben. Selbst auf die Frage, welche Fachbehörden denn heute anwesend wären (sie sitzen oft unter den normalen Einwendern), wollte er nicht antworten. "Wir führen die Verhandlung jetzt fort, wir lassen sie nicht weiter verzögern", bestimmte er kategorisch.

Hoffnung schon wieder zerschlagen

Danach gab es eine Pause, und es lagen immer noch vier Wortmeldungen zur Geschäftsordnung vor. Rechtsanwalt Fislake hatte wieder Grund zum Schimpfen. "Wir haben gerade wieder Hoffnung gehabt, dass Sie eine praktikable Lösung der Akteneinsicht finden wollen, doch die hat sich gerade wieder zerschlagen", meinte er in Richtung RP. Wir hören, dass Fraport keine schriftliche Stellungnahme zum Naturschutz abgeben will, wir sollen aber unseren Erörterungsbedarf schriftlich beantragen, was nur einen unsinnigen Verwaltungsaufwand bringt. Das ist kein faires Verfahren. Der Beschluss des VGH ist eindeutig. Jeder kann natürlich eine Risikobewertung für sein Vorgehen machen. Ihr letzter Wortbeitrag gibt wieder Anlass zu größter Besorgnis". Rechtsanwalt Scheitmann fragte, ob es schon eine begründete Entscheidung zu seinem Antrag von vorhin (Anwesenheit der Fachbehörden) da sei, er bestehe darauf.

Ein Privateinwender - auch einer von den Akteneinsichtsklägern beim VGH - sagte, er habe den Beschluss des RP von heute morgen gelesen, dieser verdrehe die Entscheidung des VGH ins Gegenteil. Die Entscheidung verletze das VGH Urteil. Leider sei Rechtsanwalt Baumann krank, aber sobald es möglich sei, werde er prüfen lassen, ob eine weitere Beschwerde beim VGH nötig sei.

Danach sollte wieder in die Sach-Tagesordnung eingestiegen werden. Alle Anwälte wollten aber nur unter Vorbehalt erörtern, bis sie die endgültige Regelung zum weiteren Vorgehen kennen und sich mit ihren Auftraggebern abgesprochen haben und/oder die akten eingesehen haben.

Genervte Einwender

Rechtsanwältin Fridrich schloss sich für Rüsselsheim den Ausführungen des Vertreters des NABU Rheinland-Pfalz an. Auf der Steuobst/Trockenwiese in Nauheim/Königsstätten gebe es auch den Wiedehopf. Man habe bisher keine Betroffenheit dieser Vögel festgestellt, aber das könnte daran liegen, dass die Lärmbelastung dort schon lange Zeit praktisch unverändert sei. während in den gebieten in Rheinland-Pfalz die Belastung neu aufgetreten sei.

Rechtsanwalt Scheidmann meldete einen Vorbehalt bezüglich der Kenntnis der Stellungnahme der Fraport an. Er zeigte auf einer Karte ein kleines Gebiet im Kelsterbacher Wald, dass der Ticona gehört und das für die Landebahn enteignet werden müsste, und machte anhand der Karte deutlich, wie das FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald durch die Landebahn zerschnitten wird. Die Reste hätten nicht mehr die Funktion eines FFH-Gebietes. Er forderte eine Erörterung zur Bewertung der Variante Nordost.

Rechtsanwalt Fislake kommentierte die heute Mittag verteilte Stellungnahme und regte sich auf: "Bereits die erste verteilte Unterlage wirft eine Menge Fragen auf". Er sei nicht bereit, die Stellungnahme in homöopathischen Dosen zu lesen. "Es fallen einem die Augen aus dem Kopf, wenn man diese Stellungnahme liest. Wie soll man gleichzeitig erörtern können. Die Fülle der Brisanz die da drin steckt, kann man nicht nebenbei lesen, erkennen, bewerten. Man könnte ausrasten. Fraport hat gestern eine Seite aus einer Einwendung einer Kommune in einer Sekunde am Computer parat gehabt. Es nervt. Fraport hat alles, wir stehen hier unten wie die Bittsteller. Wir wollen nichts von Fraport, es ist doch Fraport, die unser Grundstück haben will! Und wir werden hier in die Position des armen Sünders gesteckt." Das RP wiederholte seine vorherigen Argumente zur weiteren Führung der Verhandlung.

Eine Privateinwenderin dankte den Klägern, die die Akteneinsicht erstritten haben. Das RP habe heute eine entwürdigende Vorstellung geliefert. Dabei habe sie mit anderen Stellen des RP schon gute Erfahrungen gemacht. Hier werde sie in Zukunft wohl ohne ihren Anwalt gar nichts mehr sagen. Das Verfahren sei eine große nervliche Beanspruchung und damit gesundheitliche Belastung für sie.

Schadstoffeinträge in FFH-Gebiete

Zum Schluss des Erörterungstages ging es um Schadstoffeinträge in FFH-Gebiete. Rechtsanwältin Fridrich gab eine Einführung. Im Unterrichtungsschreiben des RP seien bereits Untersuchungen dazu gefordert worden. Im Gutachten G1 seien die Probleme nicht einmal ansatzweise abgearbeitet worden, auch in anderen Schadstoffgutachten fehlten Aussagen. Es sei nicht einzusehen, dass in Baden-Württemberg und in der Schweiz entsprechende Untersuchungen gemacht worden seien, diese hier aber unmöglich sein sollen. Die Auswirkungen auf den Wald und die FFH-Gebiete würden nicht korrekt bewertet.

Frau Dr. Dähne, Biologin und Gutachterin für ZRM, gab eine Einführung ins Thema "Deposition", der Ablagerung von Schadstoffen und die Folgen. Über die Depositionsbelastung sei bereits im ROV gesprochen und es sei eine Erfassung der Depositionen aus Boden- und Luftverkehr in den Wäldern um den Flughafen gefordert worden. Diese Forderungen seien in den Planunterlagen nicht erfüllt, die Darstellung der Schadstoffkonzentrationen in der Luft reiche für die Bewertung der Auswirkungen auf den Wald und die FFH-Gebiete nicht aus. Sie zeigte ein Schema der Deposition. Die Schadstoffe werden emittiert, dann transportiert (und dabei eventuell umgewandelt) - man kann sie an den Immissionsorten messen - und zum Schluss werden sie abgelagert (Deposition). Man unterscheidet die "trockene Deposition" (Ablagerung auf Boden, Pflanzen etc.), die "nasse Deposition" (Auswaschung durch Niederschläge, Transport durch Wolken) und die "feuchte Deposition" (Ablagerung auf Oberflächen durch Nebel oder Tau). Letztere sei besonders bedeutsam im Wald, durch die Blätter und Nadeln habe der Wald einen großen "Auskämmeffekt", sodass dort eine höhere Belastung durch Schadstoffe auftrete. Im Umland des Flughafens gebe es nur eine Depositionsfläche zur Untersuchung dieser Effekte und dies erst seit 2003. Das reiche nicht aus. Durch die „Auskämmeffekte“ werde im Wald viel mehr deponiert als auf freier Fläche, dies sei die Luftreinhaltefunktion des Waldes. Der Dreck bleibe im Wald. Nach dem aktuellen Waldschadensbericht gebe es keine Entlastung. Durch den Ausbau solle der Eintrag um 109 % steigen. Die Deposition von Stickstoff verändere den Stoffwechsel der Pflanzen. mit lange anhaltenden Wirkungen. Die Auswirkungen reichten bis ins Grundwasser. Sowohl die einzelnen Pflanzen würden geschädigt als auch die Zusammensetzung der Pflanzengesellschaften. Dr. Dähne stellte einige Fragen an Fraport, etwa warum die Depositionen nicht einmal für den Ist-Zustand in den Gutachten dargestellt worden sei.

Fraport-Gutachter Müller-Pfannenstiel antwortete, die Deposition und ihre schädliche Wirkung sei unstreitig vorhanden. Man bestreite aber die Kausalkette zwischen NOx-Emissionen am Flughafen und dem Schadstoffeintrag in den umliegenden Waldgebieten. Es sei nicht bewiesen, dass die Schadstoffe vom Flughafen dort abgelagert würden. Im Ausbaufall würden die NOx-Emiossionen insgesamt abnehmen,. Im Frankfurter Umfeld liege die Belastung bei 5-15 kg/Hektar und Jahr, dies sei eine typische Vorbelastung für Hessen. Wenn sich die NOX-Emissionen durch den Ausbau nicht erhöhten, gebe es auch keine zusätzliche Deposition. Außerdem gebe es direkt auf dem Flughafen nährstoffarme Pflanzengesellschaften, die es bei Deposition von viel NOx gar nicht geben könnte.

Dr. Dähne zeigte eine Tabelle aus den Planunterlagen. Die dort genannte Probefläche sei für die Startbahn West angelegt worden und seit 10 Jahren geschlossen. Danach habe es erhebliche Steigerungen gegeben, die alten Zahlen könnte man nicht mehr verwenden. Die anderen Testflächen lägen z.B. im Mittelgebirge und ließen sich nicht auf den Flughafen übertragen. Sie zeigte eine Karte der HLUG zu Nitrat-Depositionen in Hessen aus 2001. Müller-Pfannenstiel antwortete, diese Daten hätten systematische Fehlerquellen, die Berechnung sei sehr schwierig und es gebe keinen verbindlichen Stand der Technik. Dähne meinte dagegen, das Bild der HLUG zeige einen Versuch, den Stickstoffkreislauf zu modellieren, dies sei Teil der Luftreinhaltepolitik. Man könne nicht sagen, eine Berechnung sei nicht möglich. Die Existenz nährstoffarmer Böden werde auch von anderen Faktoren bestimmt als vom Schadstoffeintrag. Aus der Existenz nährstoffarmer Böden könne man nicht schließen, dass es keine Schadstoffbelastung gebe.

Das RP sagte zum Vorwurf, Fraport habe die geforderten Untersuchungen nicht gemacht, man habe bei der Prüfung der Vollständigkeit die Unterlagen nicht inhaltlich auf Genehmigungsfähigkeit geprüft. Die Anstoßfunktion sei erfüllt gewesen. Ob die Genehmigungsfähigkeit erreicht sei, solle die Erörterung zeigen. Es sei nicht gesagt, dass die Anhörungs- oder Genehmigungsbehörde nicht Nacharbeiten fordern würde.

Eine Privateinwenderin kommentierte in einer Zwischenbemerkung, die Ausführungen von Dr. Dähne habe sie verstanden. Zu den Aussagen von Gutachter Müller-Pfannenstiel habe sie den Eindruck. "Kippe ich ihm einen Eimer Wasser über den Kopf, wird er nass. Kippe ich einen zweiten Eimer Wasser über ihn, wird er weniger nass".

Rechtsanwältin Fridrich fuhr fort, im Flughafenumfeld liege die NOx-Konzentration deutlich über der tolerablen Konzentration. Im Ausbaufall würde es nach den Unterlagen der Fraport besser, aber liege immer noch über der Schwelle. Sie fragte nach Daten für den Planungsnullfall, sowie nach Messdaten für die Gemeinde Bischofsheim, die Fraport erst beschaffen musste. Fraport sagte, es gebe beim NOx keine besondere Belastung durch den Flughafen, man liege überall unter den Vorsorgewerten. Das gelte auch für den Wald. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen den Schadstoffen im Boden und dem Flughafen. Das RP versuchte die Debatte über folgende Detailfragen zu stoppen, was von den interessierten Einwendern missbilligt wurde. Rechtsanwalt Fislake fragte, wo man in den Planunterlagen finden könne, was vorgetragen werde, er wolle sich vorbereiten und habe nichts gefunden. Herr Hoepfner machte sich nochmals unbeliebt mit der Antwort, er habe die Einwendungen der Stadt Kelsterbach zu erörtern, nicht die Stellungnahme der Fachbehörde. Man könne nicht jede Ziffer nennen.

Gutachter Müller-Pfannenstiel nannte schließlich einige Fundstellen. Es komme schon zu erhöhtem NOx durch den Flughafen (Tabelle S. 45), die Veränderung sei aber nur gering (siehe Tab. 8-15, S 49. wo der Planungsfall dargestellt ist). Selbst bei einer 100-prozentigen Deposition von NOX komme es nur zu 0,5 kg pro Jahr und Hektar. Damit sage man nicht, dass es im Ballungsraum kein Thema ist, sondern nur, dass es für die Genehmigung keine Bedeutung habe. Rechtsanwältin Fridrich wiederholte ihre schon früher dargelegte Position, das EU-Recht verlange Verbesserungen. Fraports letzter Kommentar an diesem Tag: "Das hatten wir schon diskutiert. Wir können uns die Verringerungen beim Kfz-Verkehr zurechnen. Wir sind auf der sicheren Seite".

Sprüche des Tages:

  • "Sie zielen auf Ermüdung und das Versanden des sachlichen Inhalts. Das ist eine Aushöhlung der Rechte der Einwender ."
    Rechtsanwalt Möller-Meinecke zum Vorschlag der Durchführung der Akteneinsicht
  • "Ihr Vorschlag ist irreal, eine Satire."
    Rechtsanwalt Fislake zur Idee des RP, die Akten neben der Erörterung zu lesen
  • "Ich stelle erneut den Antrag vom 27.11.05 und bitte um schriftliche Ablehnung ".
    Rechtsanwältin Philipp-Gerlach. Die ständige Ablehnung aller Anträge hinterlässt ihre Spuren ...
  • "Fraport hat alles, wir stehen hier unten wie die Bittsteller. Wir wollen nichts von Fraport, es ist doch Fraport, die unser Grundstück haben will! Und wir werden hier in die Position des armen Sünders gesteckt".
    Rechtsanwalt Fislake beschwert sich, dass Fraport alle Informationen hat, die er nicht bekommt


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