Zu Beginn des Tages wurde die Frage erörtert, ob die angekündigte Erweiterung des Terminal 1 um Kapazität für 4 Millionen Passagiere luftverkehrsrechtlich beantragt worden sei und ob diese 4 Millionen Passagiere in die Gesamtplanung des Ausbaus eingehen würde. Fraport antwortete, diese Erweiterung sei nicht Teil des Planfeststellungsantrages, es gehe hier vor allem um Brandschutzmaßnahmen und Verbesserung der Abfertigung, nicht um eine Erweiterung der Beton-Kapazität. Mit den Ausbauplänen hätte dies nichts zu tun.
Der Rechtsanwalt der Ticona bemängelte, dass den Einwendern eine schriftliche Stellungnahme der Fraport zu den Einwendungen bisher nicht zugänglich gemacht wurde, nur der Anhörungsbehörde. Dann packte er eine Zeitung aus, die für Aufsehen und heftige Diskussionen sorgte:
Datenschutzskandal?
In der Zeitung "Lufthanseat" vom 9. September 2005 ist folgendes zu lesen: "Die Vorhabensträgerin Fraport und Lufthansa haben sich sorgfältig auf den Anhörungstermin vorbereitet - umso mehr, als die Gegenseite mit knapp 60 Bürgerinitiativen und über 15 Anwälten und Kanzleien vertreten ist. Wir haben aus allen relevanten Bereichen unseres Konzerns ein 15-köpfiges Kompetenzteam zusammengestellt - von Juristen bis zum Bauingenieur, vom Umweltspezialisten bis zum Netzmanagement-Profi. ... Gemeinsam haben wir die aus den 127000 Einwendungen resultierendes Kernfragen abgeleitet, verdichtet und für Lufthansa mögliche Fragen herauskristallisiert. . Auf die Argumente der Gegenseite sind wir - fachlich wie juristisch - gut vorbereitet". Hat die Lufthansa etwa die 127 000 Einwendungen erhalten?
Um diese Frage, die im Laufe des Tages immer wieder auftauchte, entspann sich eine heftige Diskussion. Das Regierungspräsidium antwortete, man habe den Artikel auch gelesen und die Frage dem Datenschutzbeauftragten vorgelegt, von diesem habe man aber von ihm noch keine Antwort. Bei Nachfragen stellte sich heraus, das nicht der Hessische Datenschutzbeauftragte, sondern der Datenschutzbeauftragte beim RP gemeint war (das RP ist für Datenschutz bei Fraport zuständig). Das Regierungspräsidium habe bislang überhaupt keine privaten Einwendungen an Fraport weitergegeben. Der RW TÜV Essen hätte als Verwaltungshelfer die Einwendungen erfasst und daraus eine Sammlung der Einwendungsgründe erstellt, diese sei Fraport übergeben worden. Die Einwendungen von Kommunen habe Fraport dagegen in Original erhalten.
Der Fraport-Vertreter sagte, man habe "keine Einwendungen direkt weitergegeben". Man habe Fragestellungen in den Einwendungen, die die Lufthansa betreffen, dieser zur Stellungnahme vorgelegt. Rechtsanwältin Philipp-Gerlach forderte daraufhin, zur Herstellung der Waffengleichheit Einsicht in die Teile der Lufthansa-Einwendung zu erhalten, die das Nachtflugverbot betreffen (was wie erwartet nicht genehmigt wurde). Andere Anwälte schlossen sich diesen Forderungen an. Kommentare: "Über dem EÖT schwebt das Gespenst des Geheimnisverrats". Und: "Glaubt wirklich jemand dass die Lufthansa nichts weiß? Fraport ist sowieso nur Strohmann der Lufthansa.
Rechtsanwalt Haldenwang (Neu-Isenburg) beschwerte sich über "Anwaltsmobbing": ein Fraport-Mitarbeiter habe einem Neu-Isenburger Magistratsvertreter gesagt, die Stadt solle ihm das Mandat entziehen, dann würde Fraport der Stadt auch die üblichen Zuschüsse zahlen. Er kritisierte dann die Tagesordnung, weil wichtige Punkte weit hinten stehen würden. Auf seine Frage, ob das Ministerium an der Aufstellung der Tagesordnung mitgewirkt hätte, hieß es: Ja. Nähere Angaben über Art und Intensität der Mitwirkung wurden verweigert.
Danach gab es wieder Streit um die Zutrittsberechtigung zum EÖT. RA Möller-Meinecke, der den Main-Kinzig-Kreis und die Stadt Gelnhausen vertritt, beschwerte sich, dass ein Bürger von Gelnhausen keinen Zutritt erhalten habe, obwohl er betroffen sei. Das RP konkretisierte daraufhin, "Betroffene" seien nur Bürgerinnen und Bürger, die in Städten und Kreisen wohnen, wo auch die Unterlagen ausgelegt worden seien. Möller-Meinecke beantragte daraufhin, das der Auslegung zugrunde liegende Lärm-Kriterium auch für 700 000, 800 000 und 900 000 Flugbewegungen nach der 100:100-Regel auszurechnen, dann würden viele Betroffene hinzukommen. Die Erörterung solle solange ausgesetzt werden. Versammlungsleiter Gaentzsch sagte dazu, die Beschränkung der Betroffenheit auf den Auslegungsbereich sei zulässig. Sollte sich später herausstellen, dass die Einwohner von Gelnhausen betroffen wären, hätte man dort auch auslegen müssen und das müsste man dann nachholen, eine Aussetzung der Erörterung würde dagegen nicht helfen.
Privateinwender kamen nur wenige zu Wort. Ein Einwender aus Offenbach bestritt das öffentliche Interesse am Ausbau. Abteilungsleiter Güttler vom Verkehrsministerium (dort für den Ausbau zuständig) habe bei einer RDF-Veranstaltung gesagt, das öffentliche Interesse bestehe nur im Verkehr, während in der Diskussion und vom Ministerpräsidenten Koch immer die 100 000 Arbeitsplätze als Grund des öffentlichen Interesses genannt würden. Beseitigung echter Engpässe am Flughafen zur Bewältigung des für die Region nötigen Flugverkehrs seien akzeptabel, nicht aber, möglichst viele Umsteiger nach Frankfurt zu bringen, nur weil man hier den größten Flughafen haben wolle: "das Verkehrsministerium hat "nicht alle Welt" einzuladen. Eine Stadt, in der es zuviel Verkehr gäbe, baue eine Umgehungsstraße, am Flughafen versuche man, aus Profitstreben möglichst viel Verkehr anzuziehen.
Der Einwender zitierte danach eine Aussage des ehemaligen Verfassungsrichters Berkemann auf derselben RDF-Veranstaltung. Berkemann habe gesagt, "Sie haben keine Chance den Ausbau zu stoppen, weil es hier keine dazu geeigneten Gesetze gibt. Es sei denn, sie finden den Molch". Er werde jedenfalls den Molch suchen. >.[Anmerkung: Gemeint ist der Kammmolch, ein streng geschütztes, vom Aussterben bedrohtes Tier. Wegen entsprechender EU-Richtlinien könnte daran ein Ausbau scheitern].
In der Diskussion um die Anträge auf Abbruch des Verfahrens wegen Unvollständigkeit der Antragsunterlagen sagte Versammlungsleiter Gaentzsch, "ein Erörterungstermin. werde nicht dadurch beeinträchtigt, dass die eingereichten Unterlagen alle vollständig oder vorliegend seien."
Die Diskussion führte noch andere merkwürdige Kleinigkeiten zu Tage. So sind in den Planfeststellungsunterlagen relativ große Flächen außerhalb des Flughafenzauns beschrieben und beantragt, gewerbliche Flächen (z.B. für Hotels) und auch ein "Hundeplatz" von 4400 Quadratmeter. Der Hundeplatz soll als Tierpension und als Übungsgelände für die Hunde des Security-Personals dienen. Alles klar - so etwas muss jeder Flughafen einfach haben! Die wichtige Erweiterung des Terminal 1 dagegen geht locker ohne Planfeststellung.
Fraport AG PFV Landebahn Nordwest Erörterungstermin
Droht Schließung des Flughafenbahnhofs?