Der Streit über die Funktionstüchtigkeit des Vogelschlag-Warnsystems Mivotherm geht in eine neue Runde. Die Presse berichtet über die beiden beim Anflug auf die Nordwestbahn bekannt gewordenen Fälle von Vogelschlag und die Zweifel daran, dass das neue Warnsystem hinreichend ausgetestet ist und sicher funktioniert. Die BFU Eddersheim, die sich schon länger mit dem Thema Vogelschlag befasst, hatte am 29. Februar auf die Probleme hingewiesen, nachdem ein internes Protokoll eines Piloten über die Kollision mit Vögeln bekannt gworden worden war. Beim ersten Vorfall am 21. November 2011, hatte das Warnsystem nicht angeschlagen. Ein zweiter Vorfall ereignete sich am 21. Februar, beim Anflug von Osten. Dort gibt es kein Mivotherm, dafür aber offenbar eine Lücke zwischen dem Waldsaum und "Vogelschutzzaun Mönchwaldsee", die dort eigentlich nicht sein sollte. Fraport und Lufthansa hatten die Vorfälle bisher erst mit großer Verzögerung gemeldet, dann heruntergespielt. Die LINKE forderte, die Nordwestbahn erst einmal zu schließen, weil die gesicherte Funktion des Warnsystems nach dem Planfeststellungsbeschluss eine Voraussetzung für den Betrieb sei.
- Kampf um die Lufthoheit, Bericht im Darmstädter Echo vom 29.02.2012
- Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 08.03.2012
- Zweifel an Vogelschlag-Überwachung, Bericht beim hr vom 09.03.2012
- Pressemitteilung der LINKEN zur Vogelschlag-Problematik vom 09.03.2012
Pressemitteilung Bürgerinitiative für Umweltschutz Eddersheim vom 29. Februar 2012
Mivotherm/Landebahn-NW: Interner Lufthansa Bericht bestätigt schlimme Befürchtung
Die Kollision eines Lufthansa-Jets mit einem ganzen Vogelschwarm wurde monatelang vertuscht Die Eddersheimer BfU legt das letzte Puzzle im Mivotherm-Skandal vor. Lufthansa und Fraport wollten gemeinsam verhindern, dass der gescheiterte Test der Vogelschlagvorwarnung noch vor der Leipziger Revisionsverhandlung publik wird. Bundesverkehrsministerium gewährte der BfU überraschend Einblick in die interne Lufthansa-Vogelschlagakte. Der beispiellose Vorfall beweist, mit welcher Skrupellosigkeit hier vorgegangen wurde. Ein bekannt fehlerhaftes System soll die Sicherheit eines Weltflughafens gewährleisten. Die 120m-Landungen durch die vogelzugreichen Eddersheimer Mainauen sind hochriskant (wo).
(Eddersheim) Die Medien haben bereits ausführlich über die Vogelschlaglandung des Lufthansa Airbus LH1121 „Freudenstadt“ vom 21. November 2011 berichtet. Der Vorfall hat großes Aufsehen erregt und führte zu einer zeitweiligen Sperrung der Landebahn-Nordwest. Die Vorgänge wurden auch auf der Landespressekonferenz vom 26. Januar geschildert. Das Fraport-Management behauptete wochenlang wahrheitswidrig, es habe sich um einen reinen Vogelschlagverdacht gehandelt, der sich nicht bestätigt habe. Nach hartnäckigen Recherchen der Eddersheimer BI mussten Fraport-Manager Amann und Lufthansa-Pressesprecher Lamberty Anfang Januar dann doch zähneknirschend einräumen, das tatsächlich 4 Wochen nach Landebahneröffnung ein Vogelschlag stattfand. Der Pilot wurde jedoch vor diesem Vogelschlag nicht gewarnt. Fraport und LH begründeten dieses Zurückrudern unisono mit der nun neuen Behauptung, dass es sich lediglich um einem (kleinen) Vogel gehandelt habe, dessen Anprall am Flugzeug zwar Spuren aber keine Schäden hinterließ.
Wie sich nun zeigt, war auch dies gelogen.
Fraport und Lufthansa wurden mit den Vorwürfen konfrontiert. Wie aufgrund der erdrückenden Beweislage zu erwarten war, haben sie bis heute zu den Vorwürfen geschwiegen. Das interne LH-Dokument „Flight Report Cockpit 2011-11-0949“ bringt nun die Wahrheit an das Tageslicht. Es zeigt auf, wie hier bewusst die Fakten, die ein schlechtes Licht auf den Mivotherm-Test werfen könnten, zuerst systematisch verschwiegen, dann verfälscht und dann bagatellisiert wurden. In dem Pilotenbericht wird ausdrücklich bestätigt, dass die Crew nicht vor den Vögeln gewarnt wurde, wie es Aufgabe des Mivotherm-Systems gewesen wäre. Hochbrisant und der Grund für die von der LH verhängte Nachrichtensperre war aber der Punkt, in dem der Pilot angibt, dass es „mehrere Vögel“ waren (Number of Birds: More) , die den Airbus sowohl an der Radarnase (Radom) als auch am Bug trafen. Und gerade die rechtzeitige Warnung der Jets vor Vogelschwärmen durch das Mivotherm-Wärmebildsystems war die wichtigste Auflage aus dem Planfeststellungsbeschluss von 2007.
LH und Fraport-Verantwortliche müssen sich fragen lassen, warum sie es nötig hatten, die Zahl der Vögel zu manipulieren und die Öffentlichkeit und das hessische Wirtschaftsministerium als Genehmigungsbehörde hinters Licht zu führen.
Die LH muss sich ferner fragen lassen, warum sie die in dem internen Bericht erwähnten und sichergestellten Federreste bis zum heutigen Tag pflichtwidrig keiner Artenbestimmung unterzogen hat. Vor allem aber ist höchst dubios, warum der Airbus A321 ab dem folgenden Tag (22.11.2011) zu einer mehrtägigen, angeblichen „Fahrwerkswartung“ nach Berlin-Schönefeld überführt wurde. Die Begründung, diese Wartung sei „schon länger“ geplant gewesen, ist angesichts der aufgedeckten Ungereimtheiten völlig unglaubhaft, zumal Herr Horst Amann noch in einem Telefonat mit dem BfU Vorstand Mitte Dezember Blutspuren am Fahrwerk des Airbus einräumte, später aber wieder abstritt (!).
Wie gewaltig die aktuelle Vogelschlaggefahr durch Pendelflüge am Mainkilometer 14.4 ist, zeigen beeindruckende aktuelle Zahlen1) des Ornithologen Bernd Petri. Nach jüngsten Zählungen des Biologen halten sich gegenwärtig 40.000 Möwen im Untermaingebiet auf. Allein bei Rüsselsheim befindet sich laut Petri mit 25.000 Vögeln der größte Schlafplatz von Dohlen und Krähen in der Bundesrepublik.
Der einzige Trost der Fraport ist eine dauerhafte Westwetterlage. Dann nämlich erfolgen die Landungen aus der östlichen, der vogelschlagärmeren Richtung auf der Landebahn-Nordwest.
Siehr: "Falsche Schlussfolgerungen"