Die Kollision mit Vögeln führte in den vergangenen Wochen wiederholt zu Notlandungen von Luftfahrzeugen. Die Landeshauptstadt Mainz sowie die Nordmainstädte Flörsheim, Hattersheim und Hochheim nehmen dies zum Anlass, um auf das erhöhte Vogelschlagrisiko und auf die damit verbundene Gefahr für die Bevölkerung im Falle eines Flughafenausbaus hinzuweisen.
„Von solchen Nachrichten und Bildern bleibt man natürlich nicht unbeeindruckt“, sagt Bürgermeister Hans Franssen in Bezug auf die Ryanair-Maschine, die wegen schweren Vogelschlags am 10. November in Rom notlanden musste. „Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens und des begleitenden Vogelschlag-Gutachtens haben wir vor langer Zeit schon darauf hingewiesen, dass das Risiko der Unfälle für die Rhein-Main-Region mit einem Ausbau des Frankfurter Flughafens noch einmal enorm steigen würde“, erinnert Franssen. Hattersheims Verwaltungschef verweist darauf, dass es sich bei dem irischen Billigflieger um keinen Einzelfall handelte. Nur wenige Tage später musste ein Airbus der Fluggesellschaft Iberia wie auch eine Boing der Czech Airlines ebenfalls nach Vogelschlag im Triebwerk notlanden.
2006: 117 Fälle von Vogelschlag am Frankfurter Flughafen
Das sei ein in Deutschland fast auszuschließender Vorfall, hatten sich die Lobbyisten aus Tourismusbranche und Luftverkehr sofort um entwarnende Kommentierung nach dem Rom-Vorfall bemüht. „Was heißt denn fast auszuschließender Vorfall?“, fragt sich Bürgermeisterin Angelika Munck aus Hochheim. In der Fachzeitschrift „Vogel und Luftverkehr“ des Deutschen Ausschusses zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr e. V. (DAVVL) wird nur für den Flughafen Frankfurt die Anzahl der im Jahre 2006 gemeldeten Vogelschläge mit 117 angegeben. „Natürlich freut sich jeder, wenn es so wie in Rom gerade noch glimpflich abgeht“, kommentiert Munck. „Aber es gab in der Vergangenheit bereits Abstürze mit Verletzten und Toten. Weltweit ist es in den vergangenen Jahrzehnten zu 40 schweren Vogelschlägen gekommen.
Ihr Kollege Michael Antenbrink aus Flörsheim wundert sich über Zeitungsberichte der letzten Tage. Der Flughafenförster habe vor einigen Jahren einmal einen Storch „in einem Einzelgespräch“ zum Abflug bewegen können, wusste dort der Sprecher von Fraport in der „FAZ“ zum Thema Kraniche im Flughafenaufwind zu berichten. Allerdings gehe es - wie in dem Artikel weiter zu lesen war - nach den Erkenntnissen des Naturschutzbund Deutschland (Nabu) nicht um „Einzelflugereignisse“, sondern darum, dass der Flughafen ein ganz typisches Terrain sei, das große Vögel nutzen, um im Aufwind Höhe zu gewinnen.
Zudem tummeln sich in der Einflugschneise der geplanten Landebahn Möwen, Krähen, Greifvögel und schwarmbildende Kleinvögel wie Stare. „Es geht also um viele, sehr viele Vögel“, sagt Antenbrink und verweist darauf, „dass gerade in der Start- und Landephase ein durch Vogelschlag verursachter Triebwerksausfall als besonders kritisch für die Fluglage zu sehen ist.“ Auffällig sind zurzeit die Kranichschwärme, die das Rhein-Main-Gebiet in immer wieder beeindruckenden Formationen überfliegen. Nachzulesen ist das auch auf den Plakaten, die im Rahmen der Kampagne „Biodiversität Frankfurt RheinMain“ im Monat November veröffentlicht wurden. Unter dem Bild eines Kranichs heißt es: „Regelmäßiger Durchzügler über Frankfurt: Der Kranich. Nur einer von tausenden Zugvögeln über Rhein-Main“. Mit 800.000 Euro hatte die „Stiftung Flughafen/Main für die Region“ diese Kampagne der Goethe-Universität unterstützt.
Die Aussagen des Fraport-Sprechers sowie die besagte Kampagne muten vor diesem Hintergrund doch etwas merkwürdig an, finden die Spitzenvertreter der Kommunen Flörsheim, Hattersheim, Hochheim und der Landeshauptstadt Mainz. Es sei erschreckend, wie wenig ernst Fraport das Thema nehme und es zeuge von der immer wiederkehrenden Verdrehung von Tatsachen bzw. Banalisierung von Risiken durch die Ausbaubefürworter.
„Zugwege sind genetisch festgelegt und nicht manipulierbar“
Der Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel erinnert deshalb daran, dass die in der „Zukunft Rhein-Main“ zusammengeschlossenen Kommunen, die Umweltschutzverbände und die Bürgerinitiativen bereits 2005 in einer eigenen Plakataktion auch auf die Gefahr des Vogelschlags hingewiesen hätten, um eine angemessene Betrachtung des Themas anzumahnen. Ein Mehr an Flugbewegungen bedeute auch einen deutlichen Zuwachs des Risikos, da sich die Gefahr von Vogelschlägen erhöhe.
Flusstäler, wie jene an Rhein und Main, seien uralte Zugwege für viele Vogelarten. Das Maintal, kurz vor seiner Mündung in den Rhein, stelle zudem einen besonders beliebten Rast- und Futterplatz für viele Vogelarten dar.
„Die Flüsse Main und Rhein kann man nicht verlegen. Die Zugwege der Vögel sind genetisch festgelegt und durch den Menschen auch mit noch so großem Aufwand nicht manipulierbar“, betont Beutel abschließend: „Es bleibt ein unbeherrschbares Risiko. Niemand sollte verdrängen, welche Katastrophe ein Absturz wegen Vogelschlags in dem dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet auslösen kann.“
Antenbrink, Beutel, Franssen und Munck fordern daher den Hessischen Verwaltungsgerichtshof gemeinsam auf, den Ernst der Lage für Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu erkennen. Der Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens biete nur völlig unzureichende Lösungsansätze, um die erhöhte Gefahr bei einem Flughafenausbau durch vogelschlagbedingte Abstürze mit schwerwiegenden Folgen zu verhindern.
Vogelschlag-Gefahr Absturz-Gefahr Gefahren durch Flughafenausbau FRA Mainz
Siehr: "Falsche Schlussfolgerungen"