Hattersheim: Herzinfarkte - der Preis für den Ausbau des Flughafens Frankfurt?
Pressemitteilung vom 14. 10. 2010
Von: @Stadt Hattersheim <2010-10-14>
Die Hattersheimer Bürgermeisterin Antje Köster nimmt Stellung zu den neuesten Studien über die gesundheitlichen Auswirkungen des Fluglärms und fordert wirksamen Schutz.

„Wer bisher lediglich die Frage gestellt hat, ob Fluglärm krank macht, kann jetzt ein dickes Ausrufezeichen dahinter setzen“, erklärte Hattersheims Bürgermeisterin Antje Köster angesichts der jüngsten Presseberichte.

Aktuelle Studienergebnisse aus der Schweiz, die im Fachmagazin „Epidemiology“ veröffentlicht wurden, bestätigen die gravierenden gesundheitlichen Risiken durch Fluglärm. Die schweizer Forscher hatten für die Studie Daten von mehr als vier Millionen Menschen ausgewertet. Das Ergebnis: fluglärmbelastete Menschen sind einem erhöhten Herzinfarktrisiko ausgesetzt! Festgestellt wurde weiterhin, dass sich das Risiko noch erhöht, je länger die Menschen in fluglärmbelasteten Gebieten wohnen. Dazu Köster: „Spätestens jetzt muss als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis gelten, dass Fluglärm nicht nur belästigt, sondern die Gesundheit schädigt.“

Die schweizer Studie bestätigt nachdrücklich die Erkenntnisse aus einer vom Umweltbundesamt für den Flughafen Köln-Bonn geförderten und von dem Epidemiologen Professor Greiser durchgeführten Studie, auf welche die Kommunen der Mainschiene schon vor Monaten aufmerksam gemacht hatten.

„Bei aller anzuerkennenden Bedeutung des Flughafens Frankfurt als Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber in der Rhein-Main-Region, muss sich doch jeder darüber bewusst sein, dass dauernder Fluglärm bei Tag und Nacht nicht nur Krach sondern krank macht“, so Hattersheims Bürgermeisterin Antje Köster.

Eddersheimer Bevölkerung in hohem Maße betroffen

Die schweizer Forscher hatten nachgewiesen, dass sich bereits ab einem Lärmpegel von 60 dB(A) der Effekt eines erhöhten Herzinfarktrisikos nachweisen läßt. „Selbst die von der Fraport AG betriebene Messstation auf der Kindertagesstätte in der Bleichstraße in Eddersheim lieferte in den vergangenen Monaten so hohe Fluglärmwerte, dass von einem erhöhten Herzinfarktrisiko für die Eddersheimer Bevölkerung auszugehen ist“, stellt Köster fest. Im Juli wurde von der Fraport AG ein Dauerschallpegel von 59 dB(A) und im August von 60 dB(A) veröffentlicht.

Deshalb fordert die Hattersheimer Bürgermeisterin jetzt: „Das Land Hessen und die Fraport AG müssen in die Pflicht genommen werden. Die Gesundheit der Menschen in Eddersheim muss geschützt und die Belastungen reduziert werden. Sonst müssen sich beide den Vorwurf gefallen lassen, für ein erhöhtes Herzinfarktrisiko verantwortlich zu sein. Das wäre doch ein viel zu hoher Preis für einen florierenden Flughafenbetrieb und widerspräche dem grundgesetzlich verankerten Recht auf körperliche Unversehrtheit,“ meint Köster.

Gesundheitsstudie gefordert

In der Anhörung im Hessischen Landtag zur Fluglärmbelastung der Rhein-Main-Region am 23. und 24. September waren zwei Konzepte zur Durchführung einer Gesundheitsstudie vorgestellt worden. Das eine der Initiative Zukunft Rhein-Main (ZRM), das unter anderem auch von 19 Städten, Gemeinden und Landkreisen unterstützt wird; das andere vom Umwelthaus des „Forums Flughafen und Region“.

Dazu, dass das Konzept des Umwelthauses Grundlagenforschung betreiben will, andere Verkehrsflughäfen mit einzubeziehen gedenkt und auch den Straßen- und Schienenverkehrslärm berücksichtigen soll, gibt es von vielen Seiten Kritik.

Bei der beabsichtigten Mega-Studie des Umwelthauses ist frühestens in fünf Jahren mit einem Ergebnis zu rechnen. Gerade in der Grundlagenforschung sehen die Kritiker eine Zeitverschwendung, da nach der Veröffentlichung der schweizer Studie nicht mehr daran zu rütteln ist, dass Fluglärm das Risiko schwerwiegender Krankheiten erhöht. Zudem macht die Einbeziehung anderer Flughäfen wenig Sinn, wenn es um solche wie den Flughafen Bremen geht. Die Belastungssituation ist nämlich keinesfalls vergleichbar, wie ein Blick auf die Flugbewegungszahlen deutlich macht. Dort wurden im Jahr 2009 knapp 36.000 Bewegungen gezählt, während der Flughafen Frankfurt fast 458.000 zu verzeichnen hatte. „Nach meiner Meinung ist das Konzept der ZRM schlüssig aufgebaut, weil es eine zeitnahe Beauftragung einer Gesundheitsstudie möglich macht und dadurch sichergestellt werden kann, dass auch frühzeitig Ergebnisse vorliegen,“ erklärt Köster.

In der Region Rhein-Main steht nämlich ganz klar die Belästigung durch Fluglärm an erster Stelle. Das hatte bereits die sogenannte Belästigungsstudie des Regionalen Dialogforums gezeigt. Eine repräsentative, landesweite Telefonbefragung, die von der Hessischen Landesanstalt für Umwelt und Geologie in Auftrag gegeben wurde, bestätigt diese Erkenntnis.

„Diese Unterschiede verdeutlichen“, so Köster, „dass mit der Studie des Umwelthauses offensichtlich eine Verwässerungs- und Verzögerungsstrategie zu Lasten der Bevölkerung gefahren werden soll, was von den betroffenen Kommunen nicht mitgetragen werden kann.“

Fraport der Urheber des Ausschreibungstextes für eine Lärmwirkungsstudie?

Bestärkt fühlt sich die Rathauschefin durch folgende Tatsache: „Wenn man sich die im September erfolgte Ausschreibung des Umwelthauses zur Erstellung eines Studiendesigns für eine Lärmwirkungsstudie anschaut, so ist in dem Text die Handschrift der Fraport erkennbar.“

Des Weiteren war einem Protokoll des „Begleitkreises Lärmwirkungsstudie“ des Umwelthauses im „Forum Flughafen und Region“ vom Juli dieses Jahres zu entnehmen, dass eine Vereinbarung darüber getroffen wurde, dass ein Mitarbeiter der Fraport AG einen ersten Vorschlag eines Ausschreibungstextes für eine Lärmwirkungsstudie vorlegt.

Festgehalten werden muss, dass es zwei Konzepte für eine Gesundheitsstudie gibt: Offensichtlich eine „Fraport-Studie“, die über das Umwelthaus in Auftrag gegeben werden soll, und andererseits ein Studienkonzept der Initiative ZRM, welches den Bedürfnissen, Notwendigkeiten und berechtigten Forderungen der Bevölkerung der Rhein-Main-Region hinsichtlich der Untersuchung der gesundheitlichen Risiken durch Fluglärm Rechnung trägt.

„Die Hessische Landesregierung ist jetzt in der Pflicht, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob sie ihrer Fürsorgepflicht gegenüber der Bevölkerung nachkommt und dem Studienkonzept der ZRM folgt, oder sich abermals den Forderungen der Fraport AG beugt und sich das Konzept des Umwelthauses zu eigen macht“, erklärt Antje Köster abschließend.

Hinweis:

Am Mittwoch, 27. Oktober informiert die Ruhebeauftragte der Stadt Hattersheim am Main, Joy Hensel, um 19 Uhr im Begegnungshaus in Eddersheim, Propsteistraße 12, über die Geltendmachung von Ansprüchen auf Entschädigung aufgrund von Fluglärm.

Themen hierzuAssciated topics:

Lärmwirkungs-Forschung NORAH-Studie Lärmbelastung Gesund­heits­ge­fah­ren durch Schall Umweltbundesamt

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