Geltende Grenzwerte sind vielen Forschern zu hoch
Eine Diskussion über den Lärm am Himmel
<2001-10-15>
<p>Die Frankfurter Rundschau hat zum RMI-Informationsabend den nachfolgenden Bericht veröffentlicht:<br /> <small>(Der <a href="http://www.frankfurter-rundschau.de/fr/spezial/flughafen/t2002004.htm">=> Original-Text dieses Artikels</a> ist auf den <a href="http://www.Frankfurter-Rundschau.de">=> Internet-Seiten der Frankfurter Rundschau</a> in der <a href="http://www.frankfurter-rundschau.de/fr/spezial/flughafen/index.htm">=> Zusammenstellung von Artikeln zum Flughafenausbau</a> einsehbar.)</small></p> <hr /> <hr /> <DIV><FONT face=Verdana size=2><STRONG><FONT face=Arial size=4>Geltende Grenzwerte sind vielen Forschern zu hoch </FONT></STRONG> <P></P> <P><FONT face=Arial size=3><STRONG>Eine Diskussion über den Lärm am Himmel </STRONG></FONT></P> <P><FONT face=Arial,Helvetica size=2><B><I>Von Peter Hanack </I></B></FONT></P> <P><FONT face=Arial,Helvetica size=2><B>Flugzeuge sind laut, rauben dem Menschen seine (Nacht-)Ruhe und machen deshalb krank. Darin sind sich die Gegner eines Ausbaus des Rhein-Main-Flughafens einig. Ihr Empfinden stützt sich auf die häufig leidvolle Erfahrung vieler Jahre - und immer mehr Studien stützen ihre Forderung nach einer Senkung der geltenden Grenzwerte. Am Wochenende diskutierten Experten auf Einladung des Rhein-Main-Instituts über den Lärm am Himmel, seine Folgen und die Hoffnung auf Besserung. </B></FONT></P> <P><FONT face=Arial,Helvetica size=2>DREIEICH. Wenn Gerichte über Fluglärm urteilen, dann tun sie das in der Regel nach Forschungsergebnissen, die 30 Jahre alt sind. Das so genannte Jansen-Kriterium (nach dem Mediziner Gerd Jansen) besagt, dass die nächtliche Lärmbelastung dann die Gesundheit eines Menschen gefährdet, wenn ihn mindestens sechs Flugzeuge aus dem Schlaf reißen - was nach Jansen bei wenigstens 60 Dezibel passiert, der von ihm so definierten Aufweckschwelle. "Wir wissen aber, dass schon lange vor dem bewussten Erwachen das Hormon- und Nervensystem zu arbeiten beginnt", so Lärmwirkungsforscher Christian Maschke von der Technischen Universität Berlin. </FONT></P P><FONT face=Arial,Helvetica size=2>Maschke referierte am Freitagabend auf Einladung des Rhein-Main-Instituts gemeinsam mit anderen Experten im voll besetzten Bürgersaal von Dreieich-Buchschlag (Kreis Offenbach), einer Stadt, die selbst erheblich vom Lärm des nahen Rhein-Main-Flughafens betroffen ist. </FONT></P> <P><FONT face=Arial,Helvetica size=2>Erwachen setzt nach Maschkes Urteil wesentlich früher ein als bei der bisher geltenden 60-Dezibel-Schwelle. Schon bei 45 Dezibel seien körperliche Reaktionen feststellbar, wenn dieser Lärm von einem Einzelereignis wie dem Überflug eines Jets herrühre. Gleichförmiger Lärm wie beispielsweise von einer Autobahn bewirke im Unterschied dazu erst bei 60 Dezibel körperliche Reaktionen. Maschke wollte sich in seinem Vortrag nicht auf einen neuen Wert für die Aufweckschwelle festlegen. "Wir müssen viele Einflüsse berücksichtigen, wenn wir definieren wollen, ab wann Lärm Menschen krank macht", sagte er. Ein einziger Parameter allein, wie eben jene 60 Dezibel oder auch ein anderer Wert, genüge dafür nicht. </FONT></P> <P><FONT face=Arial,Helvetica size=2>Dass die bestehenden Grenzwerte keine Gültigkeit behalten dürfen, darüber sind sich die meisten Lärm- und Lärmwirkungsforscher allerdings einig. Im Juni verabschiedeten 24 renommierte Experten unter wesentlicher Beteiligung Maschkes in Neufahrn bei München eine Resolution, in der sie die Grenze zur erheblichen Belästigung durch Fluglärm nachts bei 45 Dezibel und tags bei 55 Dezibel festlegen. Bei 50 Dezibel nachts und 60 Dezibel am Tag seien Gesundheitsbeinträchtigungen zu erwarten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt ein dieser Tage veröffentlichtes "Hintergrundpapier" des Umweltbundesamtes, das die Forderung von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) nach einer deutlichen Grenzwert-Senkung untermauert. Auch Gerichte machen sich die neuen Erkenntnisse zu eigen, wie eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom September zum geplanten Ausbau des Hamburger Flughafens zeigt. </FONT></P> <P><FONT face=Arial,Helvetica size=2>Wie schwierig es allerdings ist, eine Dezibelzahl als allein verbindlichen Wert festzulegen, machte in Dreieich Rainer Hartmann vom Institut für Sinnesphysiologie der Universität Frankfurt deutlich. Denn um den durchschnittlichen Lärmwert, den so genannten Dauerschallpegel, zu erhalten, sei es unerheblich, ob dieser von 2000 Autos in einer Stunde, einem D-Zug und 200 Autos in der gleichen Zeit oder von weigen, sehr lauten Zügen oder Flugzeugen erzeugt wird, während in der übrigen Zeit absolute Ruhe herrscht. </FONT></P> <P><FONT face=Arial,Helvetica size=2>Wie man rechnet, ist allerdings relativ unerheblich, wenn der Lärm dazu geeignet ist, die Nachtruhe der Flughafenanrainer erheblich zu stören. </FONT></P> <P><FONT face=Arial,Helvetica size=2>Dass das wenigstens in Städten wie Neu-Isenburg vor den Toren Frankfurts der Fall ist, stellte Dietrich Kühner vom Institut deBAKOM bei zahlreichen Messungen fest. Er hat anhand von 17 Kriterien zur Bewertung von Fluglärm gezeigt, dass die Belastungen in und um Neu-Isenburg sehr hoch sind. "Man kann dort bei geöffnetem Fenster nicht schlafen", sagte Kühner. Und auch bei lediglich gekipptem Fenster sei der ungestörte Schlaf nicht möglich. </FONT></P> <P><FONT face=Arial,Helvetica size=2>"Schon die Wissenschaftlerin, die damals das Jansen-Kriterium mit erarbeitete, hat gesagt, dass es nicht akzeptabel sei, wenn nur zehn Prozent der Bevölkerung geweckt würden," meinte er. In Neu-Isenburg jedenfalls sei dieser Wert weit überschritten. Ob man glaubt, dies der Bevölkerung zumuten zu können, sei letztlich eine politische Entscheidung, "egal, wie wir hier die Grenzwerte bestimmen." </FONT></P> <P><FONT face=Arial,Helvetica size=2>Dass eine gestörte Nachtruhe zumindest Konzentrationsstörungen zur Folge hat, berichtete der langjährige Leiter der Frankfurter Kardiologie am Universitäts-Klinikum, Professor Martin Kaltenbach. "Wenn dann daraus eine verminderte Leistungsfähigkeit in der Schule, im Studium oder am Arbeitsplatz folgt, kann sich das eine hoch entwickelte Industrienation wie die unsere eigentlich gar nicht leisten." </FONT></P> <P> </P> <P><FONT face=Arial,Helvetica color=#080000 size=1><B>[ document info ]</B></FONT><br /> <FONT face=Arial,Helvetica color=#000000 size=1>Copyright © Frankfurter Rundschau 2001 <br /> Dokument erstellt am 14.10.2001 um 21:31:42 Uhr<br /> Erscheinungsdatum 15.10.2001 </FONT></P> </FONT></DIV>
Themen hierzuAssciated topics:
Wiss. Veranst., Symposium, Tagung Gesundheitsgefahren durch Schall Jansen-Kriterium Lärm-Grenzwerte Umweltbundesamt
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