"Die Auseinandersetzung mit der EU-Kommission endete mit einer empfindlichen Niederlage für die Landesregierung und die Ausbauplanung", fasst die Vorstandssprecherin Brigitte Martin vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) das Ergebnis der bisherigen Auseinandersetzung um die Beachtung der Seveso-II-Richtlinie im Zusammenhang mit dem Chemiewerk Ticona zusammen.
Der Klageverzicht der EU-Kommission hat gravierende rechtliche Konsequenzen:
- Das Raumordnungsverfahren der Jahre 2001/2002 ist ab sofort wertlos. Die Variantendiskussion ist wieder offen. Denn nur die völlige rechtliche Öffnung der Variantendiskussion entspricht den Anforderungen der Seveso-II-Richtlinie. Hierzu gehört auch die Nullvariante.
- Das gesamte Rechtsverfahren startet mit dem Landesentwicklungsplan wieder bei Null. Die Standortfrage muss bei der Aufstellung des Landesentwicklungsplans vom Grund auf neu diskutiert werden. Dabei startet die Nordwest-Landebahn in diesem Verfahren mit dem Makel der bekannten Risiken durch das Chemiewerk Ticona und den Vogelschlag.
- Das Planfeststellungsverfahren kann erst beginnen, wenn der Landesentwicklungsplan beschlossen wurde. Alles andere muss als Vorfestlegung der Landespolitik im Genehmigungsverfahren gewertet werden und wäre ein erneuter Verstoß gegen die Seveso-II-Richtlinie.
- Die rechtliche Bedeutungslosigkeit des Raumordnungsverfahrens macht eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bei der Aufstellung des Landesentwicklungsplanes erforderlich. Ohne diese UVP würde eine Raumordnungsentscheidung ohne Prüfung der Umweltweltverträglichkeit entstehen.
Der BUND begrüßt die konsequente Haltung der EU-Kommission bei der Durchsetzung der Sicherheitsanforderungen. "Wir hätten uns wegen des Symbolgehaltes zwar eine Klage der Kommission gegen die Landesregierung gewünscht. In der Sache wurde dem Ausbauverfahren jedoch die unvermeidliche Schwächung zugefügt", zeigt sich die BUND-Vorstandssprecherin Brigitte Martin zufrieden.
Der Umweltverband fordert Ministerpräsident Koch auf, aus dem rechtlichen Sachverhalt auch politische Konsequenzen zu ziehen und die Bevölkerung vollständig zu informieren. Der aktuelle Widerspruch zwischen dem Neustart des Rechtsverfahrens zur Genehmigung und dem Fortbestand der politischen Vorfestlegungen ist unerträglich und fördert die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung.
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