Neues Fluglärmgesetz - Gefahr für den Standort Deutschland?
Die Luftverkehrslobby attackiert Trittins Entwurf
<2004-06-27>
Der Entwurf von Umweltminster Triitin für ein neues Fluglärmgesetz war kaum veröffentlicht, da trat auch schon die gesammelte Luftverkehrs-Lobby in Politik und Wirtschaft auf den Plan und malte, wie gewohnt, den drohenden Ruin für ihre Branche und den Untergang des Luftverkehrsstandortes Deutschland an die Wand.
Die Lobby ist verstimmt."Der Entwurf des neuen Fluglärmgesetzes lässt vernünftige Vorschläge vermissen", schimpft die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Flughäfen (ADV). Obwohl "die Flughäfen und die Verkehrsministerkonferenz der Länder konstruktive Vorschläge zur Verbesserung des Lärmschutzes unterbreitet haben". Umweltminister Trittin hat nicht darauf gehört und gewagt, seinen nur leicht entschärften alten Entwurf wieder auszupacken, der in der letzten Legislaturperiode am Widerstand der Lobby gescheitert war.
Lang ist die Liste der Beschwerden der Flughafenbetreiber. Die Grenzwerte "reflektierten nicht den aktuellen Stand der Lärmwirkungsforschung" (sind ihnen also zu niedrig), die 100:100 Regel "führe zu theoretisch überhöhten Lärmbelastungen". Grenzwerte für Neu- und Ausbau von Flughäfen möchte man gar nicht im Fluglärmgesetz haben, "da den für den Luftverkehr verantwortlichen Verkehrsbehörden damit ihre originäre Zuständigkeit partiell entzogen würde". Und die Kosten sind ihnen zu hoch: mit mindesten 1 Milliarde rechnet die ADV. Und deswegen ist jetzt wieder der Standort Deutschland in Gefahr.
Man fragt sich: warum regen die Leute sich so auf? Schließlich soll dem Luftberkehrsbetrieb durch das Gesetz kein Härchen gekrümmt werden. Es geht im wesentlichen um die Finanzierung von passivem Schallschutz, irgendwelche Betriebsbeschränkungen bei Überschreiten von Grenzwerten sind nicht vorgesehen.
Die Grenzwerte sind zwar niedriger als die völlig unakzeptablen aktuell gültigen Werte, aber immer noch so hoch, dass nur relativ wenige fluglärmgeschädigte Menschen davon wirklich profitieren würden. Die Lärmschutzzonen werden mit den neuen Grenzwerten etwa wieder so gross wie in den siebziger oder achtziger Jahren, bevor sie durch leisere Flugzeuge schrumpften, nur die Nachtschutzgebiete würden grösser werden.An Großflughäfen sind deshalb die geforderten Schallschutzmaßnahmen meist schon realisiert und kosten gar nichts extra. Nur an kleineren Flughäfen, die früher nicht vom Gesetz erfasst wurden und deshalb oftmals noch gar nichts getan haben, würden zusätzliche Kosten anfallen.
Denn nur in der Schallschutzzone 1 gibt es Geld vom Flughafenbetreiber für die Lärmschutzfenster. In der Zone 2 wird bei Neubauten zwar Schallschutz verlangt, aber der geht auf Kosten des Eigentümers - das nützt den Betroffenen wenig. Die 65 Dezibel, die tagsüber für Schutzzone 1 in dem Entwurf vorgesehen sind, werden nach heutiger Berechnung nirgendwo im Rhein-Main-Gebiet erreicht. So freute sich ein Sprecher des hessischen Verkehrsministeriums bereits darüber, "dass die 20 Messstellen im näheren Umfeld des Airport-Geländes schon heute keine höheren Werte feststellten, als die in dem nun von Trittin vorgelegten Referentenentwurf verlangten".
Und die Kosten? Die Summen, um die hier gestritten wird, scheinen auf den ersten Blick gross, aber verglichen mit anderen Kosten des Flugbetriebs sind sie nur Peanuts. Würde man jedem Passagieren allein am Flughafen Frankfurt einen "Lärmtaler" von 5 Euro abknöpfen, hätte man die genannte Milliarde in 4-5 Jahren zusammen. Kaum einer würde sich dadurch am Fliegen hindern lassen. Verteilt auf alle Flughäfen und über 10 Jahre Laufzeit, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, würde weniger als ein Euro pro Passagier anfallen.
Nur die weiter reduzierten Grenzwerte bei Neubau und Ausbau würden die Flughäfen wirklich stören. Dadurch könnten die Ausbau-Vorhaben Berlin-Schönefeld und später Frankfurt bedeutend teurer werden als geplant. Genau deshalb hat sich jetzt auch Verkehrsminister Stolpe zu Wort gemeldet. Er hält die abgesenkten Grenzwerte bei Neubau und Ausbau von Flughäfen für unakzeptabel, allenfalls für ganz neue Flughäfen sollte dies gelten. Bei Ausbau will Stolpe höchstens 2 Dezibel Absenkung akzeptieren. Der Trittinsche Entwurf dürfe kein Ausbau-Verhinderungsgesetz sein, meint Stolpe. Die Wettbewerbsfähigkeit der Lftverkehrsindustrie dürfe nicht durch überzogene Umweltschutz-Vorstellungen gefährdet werden. Finanzminister Eichel hat sich ebenfalls gegen den Gesetzesvorschlag gewandt. Ihm sind die Kosten von 200 Millionen für den militärischen Bereich zu hoch. Auch sonst gibt es in der SPD Widerstand. Der verkehrspolitische Sprecher Reinhard Weis: "Wir werden keine Verkehrsfluglärm-Gesetzgebung machen, die de facto von den Grenzwerten her für Deutschland Nachtflugverbot verordnet". Nachtflugverbot?? Bei einem Grenzwert von 55 Dezibel? Schön wärs!
Alles wie gehabt: die Luftfahrtlobby ruft, die Politiker springen. Die lärmgeplagten Menschen interessieren sie offenbar nur am Rande, wenn überhaupt. Der Gesetzentwurf wird schon zerrupft sein, bevor er das erste Mal im Parlament beraten wird. Es ist zu befürchten: wenn das Gesetz diesmal verabschiedet werden sollte, wird es wieder ein Gesetz zum Schutze des Fluglärms werden.
Die Lobby ist verstimmt."Der Entwurf des neuen Fluglärmgesetzes lässt vernünftige Vorschläge vermissen", schimpft die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Flughäfen (ADV). Obwohl "die Flughäfen und die Verkehrsministerkonferenz der Länder konstruktive Vorschläge zur Verbesserung des Lärmschutzes unterbreitet haben". Umweltminister Trittin hat nicht darauf gehört und gewagt, seinen nur leicht entschärften alten Entwurf wieder auszupacken, der in der letzten Legislaturperiode am Widerstand der Lobby gescheitert war.
Lang ist die Liste der Beschwerden der Flughafenbetreiber. Die Grenzwerte "reflektierten nicht den aktuellen Stand der Lärmwirkungsforschung" (sind ihnen also zu niedrig), die 100:100 Regel "führe zu theoretisch überhöhten Lärmbelastungen". Grenzwerte für Neu- und Ausbau von Flughäfen möchte man gar nicht im Fluglärmgesetz haben, "da den für den Luftverkehr verantwortlichen Verkehrsbehörden damit ihre originäre Zuständigkeit partiell entzogen würde". Und die Kosten sind ihnen zu hoch: mit mindesten 1 Milliarde rechnet die ADV. Und deswegen ist jetzt wieder der Standort Deutschland in Gefahr.
Man fragt sich: warum regen die Leute sich so auf? Schließlich soll dem Luftberkehrsbetrieb durch das Gesetz kein Härchen gekrümmt werden. Es geht im wesentlichen um die Finanzierung von passivem Schallschutz, irgendwelche Betriebsbeschränkungen bei Überschreiten von Grenzwerten sind nicht vorgesehen.
Die Grenzwerte sind zwar niedriger als die völlig unakzeptablen aktuell gültigen Werte, aber immer noch so hoch, dass nur relativ wenige fluglärmgeschädigte Menschen davon wirklich profitieren würden. Die Lärmschutzzonen werden mit den neuen Grenzwerten etwa wieder so gross wie in den siebziger oder achtziger Jahren, bevor sie durch leisere Flugzeuge schrumpften, nur die Nachtschutzgebiete würden grösser werden.An Großflughäfen sind deshalb die geforderten Schallschutzmaßnahmen meist schon realisiert und kosten gar nichts extra. Nur an kleineren Flughäfen, die früher nicht vom Gesetz erfasst wurden und deshalb oftmals noch gar nichts getan haben, würden zusätzliche Kosten anfallen.
Denn nur in der Schallschutzzone 1 gibt es Geld vom Flughafenbetreiber für die Lärmschutzfenster. In der Zone 2 wird bei Neubauten zwar Schallschutz verlangt, aber der geht auf Kosten des Eigentümers - das nützt den Betroffenen wenig. Die 65 Dezibel, die tagsüber für Schutzzone 1 in dem Entwurf vorgesehen sind, werden nach heutiger Berechnung nirgendwo im Rhein-Main-Gebiet erreicht. So freute sich ein Sprecher des hessischen Verkehrsministeriums bereits darüber, "dass die 20 Messstellen im näheren Umfeld des Airport-Geländes schon heute keine höheren Werte feststellten, als die in dem nun von Trittin vorgelegten Referentenentwurf verlangten".
Und die Kosten? Die Summen, um die hier gestritten wird, scheinen auf den ersten Blick gross, aber verglichen mit anderen Kosten des Flugbetriebs sind sie nur Peanuts. Würde man jedem Passagieren allein am Flughafen Frankfurt einen "Lärmtaler" von 5 Euro abknöpfen, hätte man die genannte Milliarde in 4-5 Jahren zusammen. Kaum einer würde sich dadurch am Fliegen hindern lassen. Verteilt auf alle Flughäfen und über 10 Jahre Laufzeit, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, würde weniger als ein Euro pro Passagier anfallen.
Nur die weiter reduzierten Grenzwerte bei Neubau und Ausbau würden die Flughäfen wirklich stören. Dadurch könnten die Ausbau-Vorhaben Berlin-Schönefeld und später Frankfurt bedeutend teurer werden als geplant. Genau deshalb hat sich jetzt auch Verkehrsminister Stolpe zu Wort gemeldet. Er hält die abgesenkten Grenzwerte bei Neubau und Ausbau von Flughäfen für unakzeptabel, allenfalls für ganz neue Flughäfen sollte dies gelten. Bei Ausbau will Stolpe höchstens 2 Dezibel Absenkung akzeptieren. Der Trittinsche Entwurf dürfe kein Ausbau-Verhinderungsgesetz sein, meint Stolpe. Die Wettbewerbsfähigkeit der Lftverkehrsindustrie dürfe nicht durch überzogene Umweltschutz-Vorstellungen gefährdet werden. Finanzminister Eichel hat sich ebenfalls gegen den Gesetzesvorschlag gewandt. Ihm sind die Kosten von 200 Millionen für den militärischen Bereich zu hoch. Auch sonst gibt es in der SPD Widerstand. Der verkehrspolitische Sprecher Reinhard Weis: "Wir werden keine Verkehrsfluglärm-Gesetzgebung machen, die de facto von den Grenzwerten her für Deutschland Nachtflugverbot verordnet". Nachtflugverbot?? Bei einem Grenzwert von 55 Dezibel? Schön wärs!
Alles wie gehabt: die Luftfahrtlobby ruft, die Politiker springen. Die lärmgeplagten Menschen interessieren sie offenbar nur am Rande, wenn überhaupt. Der Gesetzentwurf wird schon zerrupft sein, bevor er das erste Mal im Parlament beraten wird. Es ist zu befürchten: wenn das Gesetz diesmal verabschiedet werden sollte, wird es wieder ein Gesetz zum Schutze des Fluglärms werden.
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Fluglärmgesetz Bundesregierung (Deutschland) Externe Kosten des Luftverkehrs Luftverkehr Novellierung des Fluglärmgesetzes
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