Bei der gestrigen Veranstaltung zur Novelle des Fluglärmgesetzes in Hattersheim-Eddersheim stellte der Leiter der Abteilung für Nachbarschaftsanfragen, Thomas Lurz, klar, dass die Fraport AG sich hinsichtlich der Grenzwerte für Schallschutzmaßnahmen nicht an das Ergebnis der sog. Mediation gebunden fühlt. Zum Erstaunen der Teilnehmer sieht der auch im Ausbauverfahren zuständige Fraport-Jurist in dieser Position auch keinen Widerspruch zur Mediation.
Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist es ein unglaublicher Vorgang, dass die Fraport sich bei der Novelle des Fluglärmgesetzes gegen Werte ausspricht, die die Mediationsrunde beschlossen hatte. Es zeigt sich mit erschreckender Klarheit, dass die Fraport AG auf die brutale Durchsetzung der eigenen Interessen setzt und die Zweifel an dem angeblichen Konsensverfahrens berechtigt waren. Brigitte Martin vom BUND Landesvorstand sieht nun die Politik gefordert: "Da das Land Hessen, die Stadt Frankfurt und die Bundesregierung die Mehrheitsaktionäre der Fraport sind, muss der Fraport-Aufsichtsrat den Vorstand des Unternehmens unverzüglich und scharf zur Ordnung rufen".
Die Mediation vereinbarte mit Zustimmung der Fraport zusammen mit dem Ausbau des Frankfurter Flughafens einen Vorsorgewert von 60 dB(A) als Tages-Dauerschallpegel festzulegen, oberhalb dessen Schallschutzmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Dabei ging die Mediationsrunde noch von der geltenden Berechnungsgrundlage aus. Mit dem neuen Fluglärmgesetz, zu dem Anfang der nächsten Woche eine Anhörung des Bundesumweltministeriums stattfindet, soll eine neue Berechnungsgrundlage eingeführt werden. Legt man diese neue Berechnungsart zugrunde, würde der Wert der Mediation bei 57-58 dB(A) liegen.
Im Gesetzgebungsverfahren hat Fraport nun aber gänzlich andere Vorstellungen geäußert und fordert einen Wert von 67 dB(A). Wegen der logarithmischen Berechnung von Fluglärmpegeln entspräche diese Erhöhung um 10 dB(A) mehr als achtfach höheren Schwelle, ab der Fraport Schallschutzmaßnahmen finanzieren müsste. Die Bevölkerung, die im Bereich zwischen dem Vorsorgewert der Mediation und dem Fraport-Wunschwert wohnt, würde die notwendigen Schallschutzmaßnahmen selbst bezahlen müssen, wenn Fraport sich bei der Novelle des Gesetzes durchsetzt. Der BUND schätzt, dass dies für mehrere zehntausend Menschen eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Mediationsergebnis bedeuten würde. "Für diese Menschen würde der Ausbau teuer, wenn sie ihre Gesundheit schützen wollen", kritisiert Brigitte Martin vom BUND.
Auch in einem weiteren Punkt bekämpft die Fraport AG das neue Fluglärmgesetz, obwohl dieses eine Vereinbarung der Mediation aufgreift. Hinsichtlich der grundsätzlichen Berechnung des Fluglärms hatte man sich in der Mediation auf die sog. 100:100-Regelung verständigt. Danach wird ein Mittelungspegel über den tatsächlichen Lärm errechnet, der über eine längere Zeit in den einzelnen Betriebsrichtungen existiert. Fraport plädiert dagegen für eine Mittelwertsberechnung über beide Betriebsrichtungen. Die Folge dieser Herangehensweise wären deutlich kleinere Lärmschutzzonen und damit viel geringere Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen für das Unternehmen.
Benachteiligt würden vor allem die Menschen, die unterhalb der West-Anflugroute und den östlichen Abflugsrouten wohnen. In der Mediation hatte Fraport der 100:100-Regelung für den Tag widersprochen, sie aber für die Nacht akzeptiert. Mit dieser Einzelmeinung konnte sich der Flughafen aber gegenüber den anderen Mediationsteilnehmern nicht durchsetzen. Nun will Fraport offenbar nicht einmal mehr die Zustimmung zu dieser Berechnungsweise für die Nacht akzeptieren.
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