Lufthansa droht: die Flugzeuge bleiben am Boden
Der Staat soll weiter die Versicherung gegen Terroranschläge übernehmen
<2002-02-19>
Die Lufthansa fordert, dass der Staat langfristigen Versicherungsschutz gegen die Folgen von Terroranschlägen zur Verfügung stellen soll. Noch bis zum 31. März besteht eine Garantie der Bundesregierung, Schäden durch Terroranschläge zu übernehmen. Wenn diese nicht verlängert würde, müsste die Airline womöglich ihren Betrieb einstellen, so drohte Lufthansa-Manager Ulrich Schulte-Strathaus jetzt den Politikern.
Bis zu den Terroranschlägen am 11. September 2001 gab die Lufthansa etwa 48 Millionen Dollar im Jahr für Versicherungen aus. Seither ist der Betrag auf etwa 170 Millionen gestiegen. Umgerechnet auf die Zahl der Fluggäste bedeutet das, dass die Versicherungskosten von etwa einem auf etwas mehr als 3 Dollar pro verkauftem Ticket gestiegen sind. Der Bundesfinanzminister stellt noch einen weiteren Dollar dafür in Rechnung, dass der Staat zur Zeit den größten Teil von eventuellen Schäden übernimmt, die bei einen Terroranschlag durch eine Lufthansa-Maschine verursacht werden könnten. Der private Versicherungsschutz der Airline deckt derzeit nur einen Haftpflichtschaden von 50 Millionen Dollar ab.
Lufthansa versucht, ein Geschäft mit dem Bund zu möglichst günstigen Konditionen abzuschließen. Auf dem freien Markt, so meint die Airline, könnte man eine Versicherung, die Schäden wie die in New York entstandenen, realistisch abdeckt, nicht bezahlen: die Preise für Tickets müssten dann um mindestens 30 Dollar angehoben werden. "Das würde zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen", sagte eine Konzernsprecherin von Lufthansa. Die Kunden würden dann zur billigeren Konkurrenz abwandern.
Wettbewerbsverzerrung? Doch wohl nur, wenn alle anderen Staaten für "ihre" Fluglinien die Versicherung zahlen würden - nur unserer nicht. Wie die "billigere Konkurrenz" ihr Versicherungsproblem löst, wissen wir nicht. Eines aber wird hier deutlich: die Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten des Luftverkehrs. Durch noch mehr Subventionierung nämlich. Wenn die Kunden alle - auch die externen - Kosten des Luftverkehrs tragen müssten, wäre Fliegen entsprechend teurer. Nicht unerschwinglich. Was sind 30 Dollar bei einem realistisch gepreisten Transatlantikflug? Doch das grenzenlosen Wachstum des Luftverkehrs auf Kosten der Umwelt und der Allgemeinheit würde abgebremst. Aber das will ja niemand. Die Wirtschaft nicht, und die Politiker auch nicht. Man muss schließlich immer an den globalen Wettbewerb denken. Und so wird der Luftverkehr überall weiter subventioniert. Lufthansa könnte also mit ihrer Drohung durchaus Erfolg haben.
[Quelle: taz vom 15.2.02]
Bis zu den Terroranschlägen am 11. September 2001 gab die Lufthansa etwa 48 Millionen Dollar im Jahr für Versicherungen aus. Seither ist der Betrag auf etwa 170 Millionen gestiegen. Umgerechnet auf die Zahl der Fluggäste bedeutet das, dass die Versicherungskosten von etwa einem auf etwas mehr als 3 Dollar pro verkauftem Ticket gestiegen sind. Der Bundesfinanzminister stellt noch einen weiteren Dollar dafür in Rechnung, dass der Staat zur Zeit den größten Teil von eventuellen Schäden übernimmt, die bei einen Terroranschlag durch eine Lufthansa-Maschine verursacht werden könnten. Der private Versicherungsschutz der Airline deckt derzeit nur einen Haftpflichtschaden von 50 Millionen Dollar ab.
Lufthansa versucht, ein Geschäft mit dem Bund zu möglichst günstigen Konditionen abzuschließen. Auf dem freien Markt, so meint die Airline, könnte man eine Versicherung, die Schäden wie die in New York entstandenen, realistisch abdeckt, nicht bezahlen: die Preise für Tickets müssten dann um mindestens 30 Dollar angehoben werden. "Das würde zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen", sagte eine Konzernsprecherin von Lufthansa. Die Kunden würden dann zur billigeren Konkurrenz abwandern.
Wettbewerbsverzerrung? Doch wohl nur, wenn alle anderen Staaten für "ihre" Fluglinien die Versicherung zahlen würden - nur unserer nicht. Wie die "billigere Konkurrenz" ihr Versicherungsproblem löst, wissen wir nicht. Eines aber wird hier deutlich: die Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten des Luftverkehrs. Durch noch mehr Subventionierung nämlich. Wenn die Kunden alle - auch die externen - Kosten des Luftverkehrs tragen müssten, wäre Fliegen entsprechend teurer. Nicht unerschwinglich. Was sind 30 Dollar bei einem realistisch gepreisten Transatlantikflug? Doch das grenzenlosen Wachstum des Luftverkehrs auf Kosten der Umwelt und der Allgemeinheit würde abgebremst. Aber das will ja niemand. Die Wirtschaft nicht, und die Politiker auch nicht. Man muss schließlich immer an den globalen Wettbewerb denken. Und so wird der Luftverkehr überall weiter subventioniert. Lufthansa könnte also mit ihrer Drohung durchaus Erfolg haben.
[Quelle: taz vom 15.2.02]
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Luftverkehr Politik und Behörden
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