Während man in unserem Land auf die Bahn und ihren ICE nicht gerade gut zu sprechen ist, sind schnelle Züge in China offenbar ein Erfolgsmodell. Wie der Presse zu entnehmen ist, macht der aktuelle Boom von Hochgeschwindigkeitszügen in China der Luftverkehrswirtschaft ernsthaft zu schaffen - der Spiegel spricht sogar von "Unheil für die Luftfahrtbranche". Auf den Strecken zwischen den großen Metropolen, auf denen die Fluggesellschaften bisher gut verdient haben, brechen die Passagierzahlen ein, nachdem man die Strecke auch mit dem superschnellen Zug fahren kann. So wurden auf der stark frequentierten Strecke zwischen Zhengzhou und Xi'an die Flugverbindungen wenige Wochen nach Aufnahme des Zugbetriebs sogar ganz eingestellt. Auf Strecken von bis zu 1000 km (das wären in Deutschland praktisch alle) sind die neuen Sprinter-Züge nicht nur schneller als Flüge, es können auch noch bis zu sechs mal so viele Passagiere pro Fahrt transportiert werden als in den entsprechenden Flugzeugen.
Nirgendwo auf der Welt wird der Ausbau des Hochgeschwindigkeits-Bahnnetzes so schnell und konsequent vorangetrieben wie in China, geplant vom Eisenbahn-Ministerium. In drei Jahren soll das Schienennetz schon mehr als 15000 km lang sein, langfristig soll es das ganze Land überziehen und alle Metropolen miteinander vernetzten. Bis zu 300 Milliarden Dollar aus dem Konjunkturprogramm will man in den nächsten Jahren in neue Bahntrassen investieren. Die Strategen träumen sogar schon von Hochgeschwindigkeitsstrecken nach Indien oder Europa.
Die Züge sind vom Feinsten und Modernsten (-> Bilderstrecke beim "Spiegel"): ältere Modelle sind 250 km/h, neue 350 km/h schnell, der Rekord steht bei fast 400 Kilometern. Zum Ende des Jahres sollen neue Züge der Art "Velaro" in Betrieb gehen, die (als Doppelgespann) 400 Meter lang sind und mehr als 1000 Reisende bei einer Geschwindigkeit von bis zu 350 km/h befördern können. Velaro-Züge sollen zwischen Peking und Schanghai fahren: die Fahrzeit für die mehr als 1300 km lange Strecke wird dann etwa 4 Stunden betragen. Auch wenn Siemens bei dem Auftrag noch mit 750 Millionen beteiligt ist: die Technologie ist inzwischen überwiegend "made in China", und die Chinesen sind dabei, mit ihren Zügen den Weltmarkt zu erobern.
Für die Fluggesellschaften ist der Erfolg der Bahn eine ernste Bedrohung. So rechnet man damit, dass das Wachstum, was im Rekordjahr 2008 noch bei 15% jährlich lag, in den nächsten Jahren auf weniger als 5% zurückgehen könnte - verglichen mit den üblichen chinesischen Wachstumsraten eine Katastrophe. Infolge des massiven Konkurrenzdruckes werden sich wohl Fluggesellschaften zusammenschließen müssen. Ansonsten versucht die Luftverkehrsbranche, durch den Bau weiterer Flughäfen im Wettbewerb zu bestehen. Bis zum Jahr 2020 will man angeblich 90 neue Airports aus dem Boden stampfen (falls man jemand findet, der zahlt). Wenn die Bahn da nur nicht schneller ist ...
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