Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert die Regionalversammlung Südhessen auf, bei der heutigen Abstimmung die Fraport-Planung zur A380-Werft abzulehnen. Der vom Regierungspräsidium formulierte Beschlussvorschlag ist eindeutig rechtwidrig. "Was hier geschieht, ist ein handfester Skandal", kritisiert BUND-Vorstandssprecherin Brigitte Martin.
Der von Regierungspräsident Dieke (F.D.P.) unterzeichnete Beschlussvorschlag beinhaltet gleich mehrere offensichtliche Verstöße gegen das Hessische Landesplanungsgesetz und das Naturschutzrecht. Darauf haben nicht nur der BUND, sondern auch zwei renommierte Anwaltskanzleien hingewiesen. Regierungspräsident Dieke bleibt von dieser Kritik unbeeindruckt und reagiert auf die Argumente der Kritiker mit Halbwahrheiten und Verdrehungen (s. Anlage 1).
Als besonders gravierendes Beispiel für den offensichtlichen Rechtsbruch in der Beschlussvorlage des Regierungspräsidenten stuft der BUND die Zustimmung zum Bau des Parkhauses ein, das Fraport in Verbindung mit der A380-Werft beantragt hat. Das Parkhaus soll mehrere hundert Meter südlich der A380-Werft mitten im Wald errichtet werden und steht in keinem Zusammenhang mit dem Werftbetrieb. Seine Errichtung erfordert die weiträumige Verlegung der Okrifteler Straße, erhöht aber den Bannwaldverbrauch deutlich und stellt eine schwere Beeinträchtigung für den als europäisches FFH- und Vogelschutzgebiet vorgeschlagenen Wald dar. Obwohl der Regierungspräsident in seiner Beschlussvorlage für die Regionalversammlung die Verlegung des Standortes für dieses Parkhaus fordert, empfiehlt er der Versammlung gleichzeitig die uneingeschränkte Zustimmung zur Fraport-Planung. "Spätestens hier ist der Rechtsverstoß in der Beschlussempfehlung völlig eindeutig, denn das Naturschutzrecht verbietet solche vermeidbaren Beeinträchtigungen in europäischen Schutzgebieten", erläutert BUND-Vorstandssprecherin Brigitte Martin. Zulässig sind in europäischen Schutzgebieten lediglich "zwingende" Vorhaben, die dem Gemeinwohl entsprechen. Für das Parkhaus gilt dies nicht, weil für den Betrieb der A380-Werft keine neuen Parkplatzflächen benötigt werden.
Anlage 1 zur Pressemitteilung
Warum der Beschlussvorschlag des Regierungspräsidenten rechtswidrig ist:
Das beantragte Abweichungsverfahren vom Regionalplan Südhessen darf nicht ohne Raumordnungsverfahren erfolgen.
Der Regierungspräsident stimmt der BUND-Rechtsauffassung grundsätzlich zu, dass für ein Vorhaben wie die A380-Werft ein Raumordnungsverfahren notwendig ist. Er bestreitet auch nicht, dass das Raumordnungsverfahren zum Flughafenausbau für den Ausbaubereich Süd die Forderung nach einer Neuplanung beinhaltet, und er bestreitet auch nicht, dass ca. 10 ha der nun zur Abweichung vorgesehen Fläche nicht Gegenstand des Raumordnungsverfahren zur Flughafenerweiterung im Jahre 2002 waren. Gleichwohl hält er die Durchführung eines eigenständigen Raumordnungsverfahrens für verzichtbar, weil die Diskrepanz zwischen der Planung zum abgeschlossenen Raumordnungsverfahren und zur A380-Werft eine Folge der behördlichen Kritik an der Fraport-Planung war.
Wäre die Auffassung des Regierungspräsidiums richtig, würde aus der Forderung nach einer Neuplanung kein neues Verfahren, sondern die Zulässigkeit einer - irgendwie - geänderten Planung resultieren.
Die Abweichungsentscheidung muss die Zulässigkeit nach der FFH-Richtlinie beinhalten.
Das Regierungspräsidium stimmt der Rechtsauffassung des BUND zu. Gleichwohl beinhaltet sein Beschlussvorschlag die Verlagerung der Entscheidung zur FFH-Verträglichkeit in das Planfeststellungsverfahren. Dieser Widerspruch wird nicht aufgelöst. Das Regierungspräsidium behandelt die FFH-Problematik lediglich in der Begründung zur Beschlussempfehlung. Dies kann nicht mit der Entscheidung im Abweichungsverfahren gleichgesetzt werden.
Der Regierungspräsident verkennt den Rechtscharakter des EU-Vogelschutzgebiets
BUND und Regierungspräsidium stimmen darin überein, dass jede Beeinträchtigung von faktischen EU-Vogelschutzgebieten untersagt ist. Der Konflikt besteht in der Frage, ob das EU- Vogelschutzgebiet "Mark- und Gundwald" bereits nach den Vorschriften der EU-Vogelschutzrichtlinie ausreichend geschützt ist. Der Regierungspräsident unterstellt die volle Schutzwirkung, weil er das Gebiet "einstweilig als Naturschutzgebiet sichergestellt" hat und die Verordnung verschiedene Ver- und Gebote enthalte. Der BUND verweist auf ein Urteil des OVG Koblenz und einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts mit gegenteiliger Rechtsauffassung. Danach genügt die einstweilige Sicherung nicht, weil eine dauerhafte Ausweisung von der Vogelschutzrichtlinie gefordert wird. Das Regierungspräsidium kennt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht (oder unterschlägt diese, weil es sich "nur" um eine Entscheidung im Eilverfahren handelte).
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