Pressemitteilung vom 04.05.2006
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) lehnt die Novelle des Fluglärmschutzgesetzes ab, zu der am 08.05.06 im Bundestag eine Expertenanhörung stattfindet. "Der Gesetzentwurf ist ein gänzlich unannehmbares Machwerk. Die Betroffenen werden verhöhnt. Die Luftfahrtlobby steht kurz vor einem großen Erfolg. Und der Mensch bleibt auf der Strecke". Mit so scharfen Sätzen beschreibt BUND Vorstandsmitglied Dr. Claudia Weiand das Ergebnis einer rechtlichen Analyse des Gesetzentwurfs durch die Fachanwältin für Verwaltungsrecht Ursula Philipp-Gerlach.
Würde die Novelle wie von der Bundesregierung entworfen, Gesetzeskraft erlangen, dann wären die "Mediations-Vereinbarungen" zum Lärmschutz nichts mehr wert. Denn maßgeblich wäre dann einzig die neue Gesetzeslage. Der BUND sieht deshalb die Notwendigkeit zu starken Allparteien-Bündnissen in den Kommunen des Rhein-Main-Gebietes. "Es ist fünf vor zwölf. Um das Gesetz noch zu stoppen, muss schnell ein Ruck durch die Kommunalpolitik gehen und zu deutlich hörbarem Protest bei den Bundestagsabgeordneten in Berlin anschwellen", fordert BUND Vorstandssprecherin Dr. Claudia Weiand. Ausdrücklich lobt der BUND das Engagement des Raunheimer Bürgermeisters Thomas Jühe, auch Vorsitzender der Vereinigung der Fluglärmkommissionen an den einzelnen Flughäfen, gegen den vorliegenden Gesetzentwurf. "Es wäre gut, wenn sich die Magistrate der Kommunen dem Protest von Herrn Bürgermeister Jühe anschließen würden. Auch die Fraktionen des Hessischen Landtags sind nach Meinung des BUND gefordert, ihren politischen Einfluss in Berlin geltend zu machen."
Völlig indiskutabel ist die spezielle Festlegung zu Gunsten der Fraport AG. Denn der Gesetzentwurf will, dass neuer Fluglärm, der durch den Ausbau oder die deutliche Erweiterung eines Flughafens entsteht, erst ab 2011 mit den schärferen Grenzwerten konfrontiert wird. Bis 2010, also bis zur Planfeststellung und den erwarteten rechtlichen Auseinandersetzungen zum Ausbau in Frankfurt sollen die Anwohnerrinnen und Anwohner noch den schlechteren Schallschutz erhalten. Dies ist für den BUND ein unglaublicher Vorgang. Die Unterschiede sind gewaltig. Sie betragen in der Nachtschutzzone 3 Dezibel (bis 31.12.2010 53 Dezibel bzw. ab 1.1.2011 dann 50 Dezibel) Die Grenzwerte des Gesetzentwurfs bewirken weder den vorbeugenden Gesundheitsschutz, noch entsprechen sie dem lärmmedizinischen Wissensstand. Tatsächlich fallen die nun vorgesehenen Regelungen sogar hinter die in der Praxis entwickelten weitergehenden Lärmschutzkonzepte zum Beispiel für den Flughafen Leipzig/Halle zurück. Die Bundesregierung schraubt damit den erreichten Schutz vor Fluglärm sogar zurück, statt ihn auszubauen.
Entgegen den Novellierungsvorschlägen aus dem Jahr 2000 soll der Fluglärm nun weiterhin weitgehend anhand der Mittelwerte aus verschiedenen Anflugrichtungen und nicht nach der 100:100-Regel, die die reale Fluglärmbelastung der jeweiligen Anflugrichtungen abbildet, berechnet werden. Der Schutzanspruch gegen Fluglärm würde über Städten wie Raunheim "kleingerechnet", da die für die Bevölkerung maßgeblichen Höchstbelastungen "nur" bei Ostbetrieb, d.h. Anflug über Mainz und Rüsselheim und Abflug nach Osten über Neu-Isenburg und Frankfurt/M. an 25-30 % aller Tage auftreten und mit den Werten des Westbetriebes verrechnet würden.
Vorrangige Regelungen zum aktiven Schallschutz - also z.B. Flugverbote - sieht die Novelle überhaupt nicht vor. Die Durchsetzung des rechtlich umstrittenen, aber politisch fest zugesagten Nachtflugverbotes würde durch die Novelle noch weiter erschwert.
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