(Kein) Schönes neues Fluglärmgesetz ?
Verkehrsminister Bodewig lehnt selbst verwässerten Kompromissvorschlag ab
<2001-09-06>
Seit vielen Jahren warten Hunderttausende lärmgeplagter Anwohner von Flughäfen auf ein neues, besseres Fluglärmgesetz - ein Gesetz, dass nicht den Fluglärm, sondern die Bürger vor demselben schützt. Die jetzige Bundesregierung hatte versprochen, noch in dieser Legislaturperiode ein solches Gesetz für mehr Schutz vor Verkehrslärm zu verwirklichen. Doch die Hoffnungen darauf lösen sich langsam ins Nichts auf.
Verkehrsminster Bodewig brachte am Dienstag dieser Woche zwar die Vereinbarung mit der Schweiz zur Verringerung des Fluglärms über Süddeutschland durch den Flughafen Zürich unter Dach und Fach. Zur Erinnerung: Verringerung der Zahl der Überflüge auf 100000/Jahr (minus 37 Prozent), Nachtflugverbot von 22-6 Uhr, ab 2002 am Wochenende sogar von 20-9 Uhr - Regelungen, von denen die Anwohner deutscher Flughäfen noch nicht einmal träumen dürfen.
Und nicht genug: Als nächstes hat er angeblich ähnliche Regelungen für den Flughafen Basel im Visier.
Doch im eigenen Land weigert sich Bodewig verbissen, ernsthaften Verbesserungen für die Fluglärmbetroffenen zuzustimmen - die Lobby der Flughäfen und der Luftverkehrsindustrie hat ihn fest im Griff. Vergangene Woche lehnte er knallhart den jüngsten Kompromissvorschlag von Umweltminister Trittin zur umstrittenen Novelle des Fluglärmgesetzes ab - obwohl Trittin schon bis hart an die Grenze der Selbstaufgabe hinter seine ursprünglichen Ziele zurückgewichen war.
Im November vergangenen Jahres hatte Umweltschützer Trittin einen Gesetzentwurf für ein neues Fluglärmgesetz vorgelegt, in dem für die Schutzzonen rund um die Flughäfen die Grenzwerte für die Lärmbelastung deutlich gesenkt werden sollten: tagsüber von 75 auf 65 Dezibel für die Schutzzone 1 und von 65 auf 60 Dezibel für die Schutzzone 2, nachts sollten 50 Dezibel gelten. Für Aus- und Neubau von Flughäfen sollten diese Grenzwerte noch einmal um je 5 Dezibel gesenkt werden. Auch in den erweiterten Schutzzonen sollten die Flughäfen den Anwohnern Schallschutzmassnahmen finanzieren und Entschädigungen für die Beeinträchtigungen in den Aussenbereichen zahlen. Die Kosten könnten durch Umlegung auf die Flugpreise finanziert werden; das Umweltministerium rechnete eine durchschnittliche Erhöhung von 2 Mark pro Ticket aus (das Verkehrsministerium kam immerhin auf den riesigen Betrag von 4 Mark). Auch für Militärflughäfen sollten die neuen Schutzbestimmungen gelten. Dieser Entwurf hätte den Bürgern echte Verbesserungen gebracht und wäre durchaus finanzierbar gewesen.
Doch Flughäfen, Luftverkehrsindustrie und Wirtschaftverbände liefen Sturm gegen die Pläne und malten den Untergang des Wirtschaftsstandorts Deutschland und den Ruin von Flughäfen und Luftverkehr an die Wand. Der Verteidigungsminister lehnte die Pläne ebenso strikt ab, weil er die Investitionen für Schallschutzmassnahmen fürchtet. Und die meisten Bundesländer sahen ihre Flughafenausbau-Konzepte durch den Entwurf Trittins in Gefahr.
Monatelang bewegte sich im Streit zwischen den Politikern nichts. Im Juli legte eine SPD-Kommission dann einen deutlich "entschärften" Entwurf als Kompromiss vor, von dem Umweltschützer und Flughafenanwohner schon bitter enttäuscht waren - Verzögerung der geplanten Senkung der Grenzwerte auf 65/60 dB um fünf Jahre, höhere Nachtgrenzwerte von zunächst 55 (später 53) dB, Verzicht auf die zusätzliche Senkung der Grenzwerte für Aus- und Neubau, Entschädigungen für Schutzone 2 nur bei Neu- und Ausbau, kein Verbandsklagerecht.
Um sein Image nicht durch ein totales Scheitern seiner Pläne zu ramponieren, machte Minister Trittin dann kürzlich einen Kompromissvorschlag, der in Teilen noch hinter den SPD-Vorschlag zurückfällt. Zum Beispiel sollen danach Militärflughäfen von den neuen Regelungen ausgenommen sein.
Doch selbst diesen Minimalkonsens will der Verkehrsminister nicht akzeptieren. Die Grenzwerte seien immer noch zu niedrig, die Wirtschaft müsste weiter entlastet werden, schimpft die Luftverkehrslobby. Und so wird es in dieser Legislaturperiode wohl nichts mehr mit dem neuen Gesetz. Doch angesichts des aktuellen Entwurfs oder eines womöglich noch weiter abgespeckten Vorschlags möchte man sagen: Lieber gar kein neues Gesetz als dieses.
Verkehrsminster Bodewig brachte am Dienstag dieser Woche zwar die Vereinbarung mit der Schweiz zur Verringerung des Fluglärms über Süddeutschland durch den Flughafen Zürich unter Dach und Fach. Zur Erinnerung: Verringerung der Zahl der Überflüge auf 100000/Jahr (minus 37 Prozent), Nachtflugverbot von 22-6 Uhr, ab 2002 am Wochenende sogar von 20-9 Uhr - Regelungen, von denen die Anwohner deutscher Flughäfen noch nicht einmal träumen dürfen.
Und nicht genug: Als nächstes hat er angeblich ähnliche Regelungen für den Flughafen Basel im Visier.
Doch im eigenen Land weigert sich Bodewig verbissen, ernsthaften Verbesserungen für die Fluglärmbetroffenen zuzustimmen - die Lobby der Flughäfen und der Luftverkehrsindustrie hat ihn fest im Griff. Vergangene Woche lehnte er knallhart den jüngsten Kompromissvorschlag von Umweltminister Trittin zur umstrittenen Novelle des Fluglärmgesetzes ab - obwohl Trittin schon bis hart an die Grenze der Selbstaufgabe hinter seine ursprünglichen Ziele zurückgewichen war.
Im November vergangenen Jahres hatte Umweltschützer Trittin einen Gesetzentwurf für ein neues Fluglärmgesetz vorgelegt, in dem für die Schutzzonen rund um die Flughäfen die Grenzwerte für die Lärmbelastung deutlich gesenkt werden sollten: tagsüber von 75 auf 65 Dezibel für die Schutzzone 1 und von 65 auf 60 Dezibel für die Schutzzone 2, nachts sollten 50 Dezibel gelten. Für Aus- und Neubau von Flughäfen sollten diese Grenzwerte noch einmal um je 5 Dezibel gesenkt werden. Auch in den erweiterten Schutzzonen sollten die Flughäfen den Anwohnern Schallschutzmassnahmen finanzieren und Entschädigungen für die Beeinträchtigungen in den Aussenbereichen zahlen. Die Kosten könnten durch Umlegung auf die Flugpreise finanziert werden; das Umweltministerium rechnete eine durchschnittliche Erhöhung von 2 Mark pro Ticket aus (das Verkehrsministerium kam immerhin auf den riesigen Betrag von 4 Mark). Auch für Militärflughäfen sollten die neuen Schutzbestimmungen gelten. Dieser Entwurf hätte den Bürgern echte Verbesserungen gebracht und wäre durchaus finanzierbar gewesen.
Doch Flughäfen, Luftverkehrsindustrie und Wirtschaftverbände liefen Sturm gegen die Pläne und malten den Untergang des Wirtschaftsstandorts Deutschland und den Ruin von Flughäfen und Luftverkehr an die Wand. Der Verteidigungsminister lehnte die Pläne ebenso strikt ab, weil er die Investitionen für Schallschutzmassnahmen fürchtet. Und die meisten Bundesländer sahen ihre Flughafenausbau-Konzepte durch den Entwurf Trittins in Gefahr.
Monatelang bewegte sich im Streit zwischen den Politikern nichts. Im Juli legte eine SPD-Kommission dann einen deutlich "entschärften" Entwurf als Kompromiss vor, von dem Umweltschützer und Flughafenanwohner schon bitter enttäuscht waren - Verzögerung der geplanten Senkung der Grenzwerte auf 65/60 dB um fünf Jahre, höhere Nachtgrenzwerte von zunächst 55 (später 53) dB, Verzicht auf die zusätzliche Senkung der Grenzwerte für Aus- und Neubau, Entschädigungen für Schutzone 2 nur bei Neu- und Ausbau, kein Verbandsklagerecht.
Um sein Image nicht durch ein totales Scheitern seiner Pläne zu ramponieren, machte Minister Trittin dann kürzlich einen Kompromissvorschlag, der in Teilen noch hinter den SPD-Vorschlag zurückfällt. Zum Beispiel sollen danach Militärflughäfen von den neuen Regelungen ausgenommen sein.
Doch selbst diesen Minimalkonsens will der Verkehrsminister nicht akzeptieren. Die Grenzwerte seien immer noch zu niedrig, die Wirtschaft müsste weiter entlastet werden, schimpft die Luftverkehrslobby. Und so wird es in dieser Legislaturperiode wohl nichts mehr mit dem neuen Gesetz. Doch angesichts des aktuellen Entwurfs oder eines womöglich noch weiter abgespeckten Vorschlags möchte man sagen: Lieber gar kein neues Gesetz als dieses.
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Fluglärmgesetz Luftverkehr Fluglärm
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