VCD Stellungnahme zum Planfeststellungsbeschluss
Missachtung der Bedürfnisse einer positiven ökonomischen und ökologischen Entwicklung der Rhein-Main-Region
<2008-01-29>
Der Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Frankfurter Flughafens enthält nach Ansicht des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) gravierende Fehler. Die wirtschaftlichen Vorteile werden zu positiv beurteilt, die negativen ökologischen und ökonomischen Folgen werden nur unzureichend oder gar nicht behandelt.
1. Bedarf
Der Bedarf an zusätzlichen Flugbewegungen wird als hauptsächliche Rechtfertigung des Ausbauvorhabens angeführt. Flugverkehr ist jedoch kein Selbstzweck, es geht immer um die Befriedigung von Mobilitätsbedürfnissen. Nicht geprüft hat die Planfeststellungsbehörde, ob diese Bedürfnisse nicht auch mit anderen Verkehrsmitteln befriedigt werden können. So sind Hochgeschwindigkeitszüge heute in der Lage, auf zahlreichen Relationen innerhalb Europas kürzere Reisezeiten als das Flugzeug zu ermöglichen. Der Ausbau des europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes ist erklärtes Ziel der Europäischen Union.
-Es wurde auch nicht untersucht, inwieweit nicht auf andere Verkehrsmittel zu verlagernde Flugbewegungen an anderen Flughäfen abgewickelt werden können. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass am Frankfurter Flughafen rund die Hälfte der Passagiere Umsteiger sind und aktuelle Entwicklungen in der Luftfahrtindustrie („Boeing Dreamliner“) auf einen Trend weg vom Hub-System hin zu Direktverbindungen auch zwischen kleineren Flughäfen hindeuten. Darüber hinaus ist das stete Wachstum des Flugverkehrs kein Naturgesetz, sondern kann sich bei geänderten Rahmenbedingungen (z.B. Kerosin-Besteuerung, Einbeziehung in den Emissionshandel) auch abschwächen.
2. Arbeitsplätze / Wirtschaftliche Auswirkungen
Die in den Antragsunterlagen enthaltenen Arbeitsplatzprognosen wurden von der Planfeststellungsbehörde übernommen, obwohl an der wissenschaftlichen Methodik der Gutachten erhebliche Zweifel geäußert wurden (vgl. Stellungnahme des Rhein-Main-Instituts vom 30.4.2007, http://www.rhein-main-institut.de/files/rmi/Pressemitteilung_RMI_2007-04-30_mf.pdf). Die unbestritten vorhandenen negativen Arbeitsplatz-Effekte wurden nach wie vor nicht untersucht. So ist zum Beispiel zu erwarten, dass bei einer weiteren Zunahme von Urlaubs-Fernreisen in den deutschen Fremdenverkehrsregionen Arbeitsplätze abgebaut werden. Der Nachweis, dass durch den Flughafenausbau 43.000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten, wurde nicht erbracht.
Nicht untersucht wurden auch Verlagerungseffekte innerhalb der Region. Die mit dem Ausbau wachsende „Airport City“ mit zahlreichen Handels- und Dienstleistungsunternehmen kann sich zu einer Gefahr für die traditionellen Zentren der benachbarten Gemeinden entwickeln.
3. Umweltwirkungen
Die Planfeststellungsbehörde wertet die verkehrs- und wirtschaftspolitischen Ziele höher als den Schutz der Bevölkerung des Rhein-Main-Gebietes vor Lärm und Schadstoffen ein. Die elementaren Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen eines dicht besiedelten Ballungsraumes werden dem Expansionsdrang eines Unternehmens geopfert. Ein Grund dafür ist nicht zu erkennen. Die Planung widerspricht der bislang weltweit üblichen Praxis, Großflughäfen an die Peripherie zu verbannen und die Ballungsräume zu Flugbeschränkungsgebieten zu erklären. Der Frankfurter Flughafen dagegen soll wachsen in einer Region, die in großen Teilen zum Siedlungsbeschränkungsgebiet und damit unbewohnbar wird. Die daraus resultierenden ökonomischen Folgen wurden bisher nicht untersucht.
Die in Aussicht gestellte Nachtflugregelung ist unzureichend und steht darüber hinaus juristisch auf tönernen Beinen. Da der Bedarf nach zusätzlichem Flugverkehr als Hauptargument für den Flughafenausbau angeführt wird, besteht die Aussicht, dass Fluggesellschaften bei nachgewiesenem Bedarf für eine größere Zahl an Nachtflügen die Regelung durch Klagen kippen können.
Die EU-Vorgabe, wonach die Immissionswerte bei Feinstaub und Stickoxiden zu reduzieren sind, wird nicht berücksichtigt, indem sich die Planfeststellungsbehörde dafür als nicht zuständig erklärt. Das Problem der Schadstoffreduzierung wird damit den Gemeinden überlassen. Laut Planfeststellungsbeschluss wird damit gerechnet, dass nach der Inbetriebnahme der neuen Landebahn die zulässigen Grenzwerte bei Feinstaub und Stickoxiden in einigen Gemeinden überschritten werden. Nicht nachvollziehbar ist die Gesamtbewertung, wonach trotz des Flughafenausbaus und dadurch steigender Emissionen die Schadstoffbelastung in der Rhein-Main-Region insgesamt gleich bleibt. Zur Begründung führt die Planfeststellungsbehörde die Fortschritte im Straßenverkehr an. Es ist tatsächlich allgemein akzeptiertes Ziel, die Emissionen des Kfz-Verkehrs deutlich zu reduzieren. Diese Anstrengungen müssen jedoch zu einer Verbesserung der Gesamtbelastung führen. Eine Kompensation durch andere Emittenten ist nicht im Sinne der Umweltpolitik.
4. Klimaschutz
Die Klimaschutzziele der Bundesregierung werden überhaupt nicht berücksichtigt und fließen nicht einmal in die Abwägung ein. Die Planfeststellungsbehörde macht es sich zu leicht, wenn sie behauptet (Planfeststellungsbeschluss, S. 2162), die Emissionen des Luftverkehrs seien nicht Gegenstand des Verfahrens, da sie unabhängig vom Frankfurter Ausbauvorhaben entstünden. Diese Argumentation ist nicht schlüssig. Es ist unbestritten, dass durch eine Erweiterung von Verkehrskapazitäten und günstige Rahmenbedingungen die Nachfrage steigt. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung der Low Cost Carrier, die nur durch den Ausbau bisher unbedeutender Regionalflughäfen möglich wurde.
Es ist nicht zulässig, den Flughafen quasi zu exterritorialem Gebiet zu erklären und die durch den dort abgewickelten Flugverkehr entstehenden Treibhausgase nicht Deutschland oder Hessen zuzuordnen. Will Hessen seine Klimaschutzziele erreichen und gleichzeitig den Flughafen ausbauen, würden 2020 zwei Drittel der Erderwärmungswirkung durch den Flugverkehr entstehen. Für andere Verkehrsarten, Heizung und Stromerzeugung bliebe dann nur noch ein äußerst geringes Kontingent übrig.
5. Landseitige Verkehrserschließung
Durch den Ausbau ist mit einer Zunahme der Personenfahrten um rund 130.000 zur rechnen (Landesplanerische Beurteilung von 2002, S. 54). Im Planfeststellungsbeschluss ist nicht zu erkennen, wie dieses Verkehrsaufkommen umweltverträglich bewältigt werden soll. Ein Ausbau leistungsfähiger Schienenverbindungen wird nicht als notwendig erachtet. Die Direktanbindung des neuen Terminals 3 an das Schienennetz ist nicht vorgesehen. Es wird lediglich angenommen, dass die Regionaltangente West bis spätestens 2020 in Betrieb geht, ohne dieses wichtige Projekt jedoch zur Voraussetzung für die Genehmigung des Ausbaus zu machen. Einen finanzielle Beteiligung der Fraport AG an der Finanzierung zusätzlicher Verkehrsangebote wird nicht vorgeschrieben. Deshalb ist zu befürchten, dass es zu einer Überlastung der öffentlichen Verkehrssystem und einer erheblichen Zunahme umweltschädlichen Straßenverkehrs kommt.
6. Fazit
Die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses ist in weiten Teilen nicht nachvollziehbar und missachtet die Bedürfnisse einer positiven ökonomischen und ökologischen Entwicklung der Rhein-Main-Region. Der Verkehrsclub Deutschland hält den Flughafenausbau nach wie vor für falsch und fordert alle politischen Kräfte in der Region auf, gegen den Planfeststellungsbeschluss vorzugehen.
1. Bedarf
Der Bedarf an zusätzlichen Flugbewegungen wird als hauptsächliche Rechtfertigung des Ausbauvorhabens angeführt. Flugverkehr ist jedoch kein Selbstzweck, es geht immer um die Befriedigung von Mobilitätsbedürfnissen. Nicht geprüft hat die Planfeststellungsbehörde, ob diese Bedürfnisse nicht auch mit anderen Verkehrsmitteln befriedigt werden können. So sind Hochgeschwindigkeitszüge heute in der Lage, auf zahlreichen Relationen innerhalb Europas kürzere Reisezeiten als das Flugzeug zu ermöglichen. Der Ausbau des europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes ist erklärtes Ziel der Europäischen Union.
-Es wurde auch nicht untersucht, inwieweit nicht auf andere Verkehrsmittel zu verlagernde Flugbewegungen an anderen Flughäfen abgewickelt werden können. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass am Frankfurter Flughafen rund die Hälfte der Passagiere Umsteiger sind und aktuelle Entwicklungen in der Luftfahrtindustrie („Boeing Dreamliner“) auf einen Trend weg vom Hub-System hin zu Direktverbindungen auch zwischen kleineren Flughäfen hindeuten. Darüber hinaus ist das stete Wachstum des Flugverkehrs kein Naturgesetz, sondern kann sich bei geänderten Rahmenbedingungen (z.B. Kerosin-Besteuerung, Einbeziehung in den Emissionshandel) auch abschwächen.
2. Arbeitsplätze / Wirtschaftliche Auswirkungen
Die in den Antragsunterlagen enthaltenen Arbeitsplatzprognosen wurden von der Planfeststellungsbehörde übernommen, obwohl an der wissenschaftlichen Methodik der Gutachten erhebliche Zweifel geäußert wurden (vgl. Stellungnahme des Rhein-Main-Instituts vom 30.4.2007, http://www.rhein-main-institut.de/files/rmi/Pressemitteilung_RMI_2007-04-30_mf.pdf). Die unbestritten vorhandenen negativen Arbeitsplatz-Effekte wurden nach wie vor nicht untersucht. So ist zum Beispiel zu erwarten, dass bei einer weiteren Zunahme von Urlaubs-Fernreisen in den deutschen Fremdenverkehrsregionen Arbeitsplätze abgebaut werden. Der Nachweis, dass durch den Flughafenausbau 43.000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten, wurde nicht erbracht.
Nicht untersucht wurden auch Verlagerungseffekte innerhalb der Region. Die mit dem Ausbau wachsende „Airport City“ mit zahlreichen Handels- und Dienstleistungsunternehmen kann sich zu einer Gefahr für die traditionellen Zentren der benachbarten Gemeinden entwickeln.
3. Umweltwirkungen
Die Planfeststellungsbehörde wertet die verkehrs- und wirtschaftspolitischen Ziele höher als den Schutz der Bevölkerung des Rhein-Main-Gebietes vor Lärm und Schadstoffen ein. Die elementaren Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen eines dicht besiedelten Ballungsraumes werden dem Expansionsdrang eines Unternehmens geopfert. Ein Grund dafür ist nicht zu erkennen. Die Planung widerspricht der bislang weltweit üblichen Praxis, Großflughäfen an die Peripherie zu verbannen und die Ballungsräume zu Flugbeschränkungsgebieten zu erklären. Der Frankfurter Flughafen dagegen soll wachsen in einer Region, die in großen Teilen zum Siedlungsbeschränkungsgebiet und damit unbewohnbar wird. Die daraus resultierenden ökonomischen Folgen wurden bisher nicht untersucht.
Die in Aussicht gestellte Nachtflugregelung ist unzureichend und steht darüber hinaus juristisch auf tönernen Beinen. Da der Bedarf nach zusätzlichem Flugverkehr als Hauptargument für den Flughafenausbau angeführt wird, besteht die Aussicht, dass Fluggesellschaften bei nachgewiesenem Bedarf für eine größere Zahl an Nachtflügen die Regelung durch Klagen kippen können.
Die EU-Vorgabe, wonach die Immissionswerte bei Feinstaub und Stickoxiden zu reduzieren sind, wird nicht berücksichtigt, indem sich die Planfeststellungsbehörde dafür als nicht zuständig erklärt. Das Problem der Schadstoffreduzierung wird damit den Gemeinden überlassen. Laut Planfeststellungsbeschluss wird damit gerechnet, dass nach der Inbetriebnahme der neuen Landebahn die zulässigen Grenzwerte bei Feinstaub und Stickoxiden in einigen Gemeinden überschritten werden. Nicht nachvollziehbar ist die Gesamtbewertung, wonach trotz des Flughafenausbaus und dadurch steigender Emissionen die Schadstoffbelastung in der Rhein-Main-Region insgesamt gleich bleibt. Zur Begründung führt die Planfeststellungsbehörde die Fortschritte im Straßenverkehr an. Es ist tatsächlich allgemein akzeptiertes Ziel, die Emissionen des Kfz-Verkehrs deutlich zu reduzieren. Diese Anstrengungen müssen jedoch zu einer Verbesserung der Gesamtbelastung führen. Eine Kompensation durch andere Emittenten ist nicht im Sinne der Umweltpolitik.
4. Klimaschutz
Die Klimaschutzziele der Bundesregierung werden überhaupt nicht berücksichtigt und fließen nicht einmal in die Abwägung ein. Die Planfeststellungsbehörde macht es sich zu leicht, wenn sie behauptet (Planfeststellungsbeschluss, S. 2162), die Emissionen des Luftverkehrs seien nicht Gegenstand des Verfahrens, da sie unabhängig vom Frankfurter Ausbauvorhaben entstünden. Diese Argumentation ist nicht schlüssig. Es ist unbestritten, dass durch eine Erweiterung von Verkehrskapazitäten und günstige Rahmenbedingungen die Nachfrage steigt. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung der Low Cost Carrier, die nur durch den Ausbau bisher unbedeutender Regionalflughäfen möglich wurde.
Es ist nicht zulässig, den Flughafen quasi zu exterritorialem Gebiet zu erklären und die durch den dort abgewickelten Flugverkehr entstehenden Treibhausgase nicht Deutschland oder Hessen zuzuordnen. Will Hessen seine Klimaschutzziele erreichen und gleichzeitig den Flughafen ausbauen, würden 2020 zwei Drittel der Erderwärmungswirkung durch den Flugverkehr entstehen. Für andere Verkehrsarten, Heizung und Stromerzeugung bliebe dann nur noch ein äußerst geringes Kontingent übrig.
5. Landseitige Verkehrserschließung
Durch den Ausbau ist mit einer Zunahme der Personenfahrten um rund 130.000 zur rechnen (Landesplanerische Beurteilung von 2002, S. 54). Im Planfeststellungsbeschluss ist nicht zu erkennen, wie dieses Verkehrsaufkommen umweltverträglich bewältigt werden soll. Ein Ausbau leistungsfähiger Schienenverbindungen wird nicht als notwendig erachtet. Die Direktanbindung des neuen Terminals 3 an das Schienennetz ist nicht vorgesehen. Es wird lediglich angenommen, dass die Regionaltangente West bis spätestens 2020 in Betrieb geht, ohne dieses wichtige Projekt jedoch zur Voraussetzung für die Genehmigung des Ausbaus zu machen. Einen finanzielle Beteiligung der Fraport AG an der Finanzierung zusätzlicher Verkehrsangebote wird nicht vorgeschrieben. Deshalb ist zu befürchten, dass es zu einer Überlastung der öffentlichen Verkehrssystem und einer erheblichen Zunahme umweltschädlichen Straßenverkehrs kommt.
6. Fazit
Die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses ist in weiten Teilen nicht nachvollziehbar und missachtet die Bedürfnisse einer positiven ökonomischen und ökologischen Entwicklung der Rhein-Main-Region. Der Verkehrsclub Deutschland hält den Flughafenausbau nach wie vor für falsch und fordert alle politischen Kräfte in der Region auf, gegen den Planfeststellungsbeschluss vorzugehen.
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