Regionalversammlung genehmigt A380-Werft im Bannwald
Abweichung vom Regionalplan genehmigt, Sofortvollzug abgelehnt
Von: @cf <2004-11-06>
Die Regionalversammlung hat am 5.11.2004 beschlossen, dass Fraport die A380-Werft im Bannwald bauen darf. Ein Sofortvollzug wurde allerdings abgelehnt.

Die Regionalversammlung Südhessen hat auf ihrer heutigen Sondersitzung grünes Licht für die A380-Werft im Bannwald gegeben. Sie beschloss mit deutlicher Mehrheit die für die Abholzung des Bannwaldes notwendige Abweichung vom Regionalplan.

Von den 95 anwesenden Abgeordneten stimmten in namentlicher Abstimmung 76 für den Antrag der Fraport, 19 dagegen. "Nein" sagten die Grünen, der Vertreter der FAG, eine Handvoll SPD-Abgeordnete aus den Städten rund um den Flughafen und ein FDP-Abgeordneter aus Offenbach.

Gleichzeitig forderte die Versammlung mit der Mehrheit von SPD und Grünen das Regierungspräsidium auf, den Sofortvollzug zu unterlassen. Der Vorsitzende Ralf-Rainer Lavies sagte, damit solle verhindert werden, dass in den kommenden Wochen Bannwald für die Halle abgeholzt werde, bevor alle juristischen Möglichkeiten im Streit um deren Standort ausgeschöpft seien. Das RP ist allerdings nicht zwingend an diese Entscheidung gebunden.

In der Debatte vor der Abstimmung hatten Vertreter aller Parteien ihre Ansichten vorgetragen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Gerhard Weinrich schilderte in seiner Rede ausführlich die Probleme des Verfahrens und der Entscheidung, sagte dann aber zum Abschluss unvermittelt, seine Fraktion werde dem Antrag der Fraport mehrheitlich zustimmen. Man habe wegen der unterschiedlichen Betroffenheiten der Fraktionsmitglieder die Abstimmung freigegeben. Der CDU-Abgeordnete Klaus Minkel (Bad Vilbel) meinte, angesichts von über 4 Millionen Arbeitslosen in Deutschland dürfe das Vorhaben nicht scheitern: "Sozial ist, was Arbeit schafft". Er forderte auch den Sofortvollzug für den Beschluss. Für die FDP warb Wolfgang Knoll aus Kelkheim für die Werft und den Flughafenausbau: "Entweder werden wir jetzt Provinz, oder wir entscheiden uns für die Zukunft."

Frank Kaufmann (Grüne) meinte, wieder sage ein Gremium zu den Wünschen des Flughafens "unterwürfig ja und macht den Kotau". Er kritisierte auch den Regierungspräsidenten, weil dieser die alternativen Standorte für die Werft innerhalb des Flughafengeländes nicht ausführlich genug abgewogen, sondern einfach die Argumente von Fraport für plausibel erklärt habe. Der Offenbacher FDP-Abgeordnete Ferdinand Walter sprach sich in einer ironischen Rede ("ich spreche nicht als FDP-Abgeordneter, sondern als Offenbacher, die verstehen was von Flugzeugen") ebenfalls gegen die Halle im Bannwald aus.

Am Vormittag vor der Sitzung hatten der Haupt- und Planungsausschuss und der Wirtschaftsausschuss der Regionalversammlung den Antrag mit Fraport-Vertretern diskutiert. Danach hatte eine Mehrheit der SPD-Fraktion beschlossen, dem Antrag zuzustimmen, womit die Entscheidung praktisch gefallen war.

Nach der Abstimmung meldete sich die SPD-Abgeordnete Inge Auer aus Groß-Gerau, die sich intensiv für alternative Standorte für die Werft eingesetzt hatte, noch einmal zu Wort und erklärte, dass sie ihr Mandat in der Regionalversammlung mit sofortiger Wirkung niederlege. "Wenn wirtschaftliche, finanzielle, politische Verflechtungen zusammentreffen und massiv genug vertreten werden, haben sie jeglichen Rückhalt für die Durchsetzung bevorzugter Projekte", erläutert Auer in ihrem Rücktritts-Schreiben. "An dieser Politik möchte ich und will ich nicht mehr mitwirken".

Vor der Sitzung hatten rund 300 Ausbaugegner auf dem Frankfurter Römer gegen die Wartungshalle im Bannwald demonstriert. Winfried Heuser vom Bündnis der Bürgerinitiativen warf der Regionalversammlung vor, sie werde mehr und mehr zum vergrößerten Vorstand des Flughafenbetreibers Fraport. Etliche Demonstranten verfolgten später auch die Sitzung auf der Zuschauertribüne und äußerten ihren Unmut über die Entscheidung mit Zwischenrufen, Pfiffen und roten Karten.

Erste Reaktionen

Landrat Enno Siehr (Kreis Groß-Gerau) äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung der Regionalversammlung, die "nicht im Interesse der Region" liege. Nur den Umstand, dass der Sofortvollzug abgelehnt worden sei, wertete er als positiven Aspekt. "Mit der Entscheidung pro Abweichung wurden einmal mehr die privatwirtschaftlichen Interessen eines Großunternehmens vor die Belange der Bevölkerung gestellt." Es sei erschreckend, dass den Ausbauplanungen des Flughafens stärkeres Gewicht beigemessen werde als dem Regionalplan. Siehr kündigte an, dass der Kreis gegen die Entscheidung klagen werde.

Auch Bernhard Brehl, Bürgermeister von Mörfelden-Walldorf, kann sich die Entscheidung nur so erklären, dass "in zehn, zwölf Kilometer Entfernung vom Airport das Interesse am Widerstand gegen den Ausbau" nachlasse. Rüsselsheims Oberbürgermeister Stefan Gieltowski kündigte am Freitagabend eine juristische Überprüfung des Beschlusses an. Die Argumente, die die Stadt Rüsselsheim gegen den Bau der Werft vorgetragen hätten, seien nicht ausreichend geprüft worden.

Nick Timm, einer der Sprecher des BI-Bündnisses gegen die Flughafenerweiterung, sagte, die Entscheidung zeige einmal mehr, wie Politiker die betroffene Bevölkerung ignorierten. Der BUND bezeichnete die Zustimmung als "Fehlentscheidung". Dimension und Platzierung des insgesamt 26 Hektar umfassenden Vorhabens zeigen eindeutig, dass die Werftplanung Teil der Ausbauplanung sei.

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