Die gestrige Entscheidung des SPD-Landtagsabgeordneten Jürgen Walter, einen Regierungswechsel in Hessen nicht zu unterstützen, wertet die Umweltorganisation ROBIN WOOD als Kotau vor der Fraport AG. Bereits am 4. Juni dieses Jahres hatte Walter kaum verhohlen für eine große Koalition mit der CDU geworben, als er sich gegen ein Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen aussprach. Er stellte sich damit gegen seine Fraktion und auf die Seite der Regierung von Roland Koch. Diese hatte im Planfeststellungsbeschluss zum Flughafenausbau Ende 2007 das Nachtflugverbot gekippt. Das so genannte Mediations-Ergebnis, Grundlage aller Ausbaupläne, schreibt jedoch zwingend die Kopplung von Flughafenausbau und Nachtflugverbot vor.
Seine späte Entscheidung gegen eine rot-grüne Koalition begründete Walter gestern vor allem mit der Verzögerung beim Ausbau des Frankfurter Flughafens, diese gefährde Zehntausende Arbeitsplätze. "Walters Entscheidung hat direkte Konsequenzen für den Kelsterbacher Wald", sagt Monika Lege, Verkehrsreferentin bei ROBIN WOOD. "Denn Rot-Grün hatte vereinbart, die für diesen Winter geplante Rodung auszusetzen und die Entscheidung des hessischen Verwaltungsgerichtshof im kommenden Sommer abzuwarten."
250 Hektar Wald will die Fraport AG für den Bau einer vierten Landebahn kahl schlagen lassen. Das entspricht einer Fläche von 350 Fußballfeldern. Insgesamt soll die Stadt Kelsterbach 400 Hektar Wald für den Flughafenausbau hergeben und klagt dagegen. Zahlreiche weitere Klagen von Gemeinden, AnwohnerInnen und dem Naturschutzverband BUND gegen den Planfeststellungsbeschluss sind noch nicht entschieden.
In den rot-grünen Koalitionsverhandlungen, an denen Walter beteiligt war, war der Flughafenausbau bis zum Schluss umstritten. Im Koalitionsvertrag, dem die Landesparteitage der Grünen und der SPD am vergangenen Sonntag mit großer Mehrheit zugestimmt hatten, hielten die Partner in spe fest, dass die SPD für und die Grünen gegen den Ausbau des Flughafen Frankfurts sind. Detailliert legten sie ein Verfahren fest, das mit großer Sicherheit eine Rodung des Kelsterbacher Waldes in diesem Winter ausgeschlossen hätte. Erfolg für die Grünen: Die Entscheidung des hessischen Verwaltungsgerichthofs im Hauptsacheverfahren sollte abgewartet werden, damit die Fraport mit der Zerstörung des Waldes nicht vorzeitig Tatsachen schaffen kann. Erfolg für die SPD: Diese Aussetzung der Genehmigung zum Kahlschlag sollte bis Ende 2009 befristet werden.
Seit Mai halten UmweltschützerInnen ein Waldstück besetzt, das für den Bau einer vierten Landebahn gerodet werden soll. Der Mischwald gehört noch der Stadt Kelsterbach, die das Walddorf bisher duldet. Die Flughafengesellschaft Fraport will den Wald vor Beginn der nächsten Vegetationsperiode, also bis März 2009, kahl schlagen. Mit dem gescheiterten Regierungswechsel droht die Räumung kurzfristig und noch vor den immer wahrscheinlicher werdenden Neuwahlen.
"Die hessischen Grünen hätten es sich aufgrund ihrer Geschichte nicht leisten können, gleich zu Beginn ihrer Regierungsbeteiligung den Wald für den Flughafenausbau räumen zu lassen. Auch deswegen haben sie in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD vehement für die Verzögerung des Ausbaus gestritten", kommentiert Lege von ROBIN WOOD. "Jetzt müssen wir davon ausgehen, dass die Koch-Regierung die Drecksarbeit im Wald noch vor Neuwahlen erledigen lässt."
Waldvernichtung Hessische Landesregierung Hessischer Landtag