Demokratie in Dietzenbach in Gefahr?
Flughafenausbau-Umfrage der BAD unter den Kandidaten erzürnt die Parteien
<2001-02-24>
Die Attacke traf die Lokalpolitiker plötzlich und unerwartet. In Dietzenbach, wo die Politik das Thema Flughafenausbau eher auf kleiner Flamme kocht, fanden alle 207 Kandidaten für die Kommunalwahl einen Brief der Bürgerinitiative gegen Flughafenausbau (BAD) in ihrem Briefkasten, in dem sie gebeten wurden, schriftlich mitzuteilen, ob sie für oder gegen den Flughafenausbau und ein Nachtflugverbot sind. Die Bürgerinitiative will auf ihrer nächsten Informationsveranstaltung eine Wahlempfehlung für diejenigen Kandidaten auszusprechen, die ihre Ziele unterstützen. Das ist interessant, da die Wähler durch das neue Wahlrecht mittels Kumulieren und Panaschieren seine Lieblingskandidaten einzeln pushen können, innerhalb der Parteilisten und auch über Parteigrenzen hinweg.
Veranstaltungen, auf denen Bürgerinitiativen Kommunalwahl-Kandidaten zum Thema Flughafen befragen, finden derzeit überall statt und regen niemand sonderlich auf. Mit der Idee, nicht nur die Parteispitzen, sondern jeden Kandidaten einzeln zu befragen, hat die BAD aber offenbar in ein Wespennest gestochen. Fraktions- oder Parteivorsitzende reagierten wütend. „Die gewählten Mandatsträger sind nur ihrem Gewissen verantwortlich ... Die geforderte Erklärung grenze an Nötigung“, erklärte die FWG. Die CDU sprach von „falschem Demokratieverständnis“ bei den Aktivisten und betonte ebenfalls die Gewissensfreiheit. Die SPD ärgert sich über die Befragungsmethode, besonders die Antwort-Frist und fürchtet eine Polarisierung „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“. Der ÖDP missfällt, dass von denen, die nicht antworten, angenommen wird, dass sie die BAD nicht unterstützen. Die FDP sieht sich „massiv unter Druck gesetzt“ und findet es nicht richtig, einen Kandidaten “singulär nach einer politischen Bewertung“ zu beurteilen. Die Fraktionsvorsitzenden entschieden auch gleich für die nur ihrem Gewissen (aber nicht etwa der Parteidisziplin) verpflichteten Kandidaten, dass keiner antworten würde. Eine Ausnahme machen nur die Grünen: sie befürworten sowohl die Umfrage als auch die Position der BAD zum Flughafenausbau.
Der Magistrat ließ – entgegen der Meinung des besonnenen Bürgermeisters – sogar vom Rechtsamt die Frage prüfen, ob man die BAD wegen Nötigung verklagen könne!
Nun kann man sich sicherlich darüber streiten, ob man das Schreiben nicht etwas höflicher formulieren könnte, oder ob man den Kandidaten zumuten kann, einen Brief oder ein Fax zu schicken, um ihre Meinung kund zu tun. Bei einer so wichtigem Frage wie dem Flughafenausbau sollten die Kandidaten aber diese kleine Mühe eigentlich nicht scheuen. Schließlich können sie so ihre Wahlchancen bei den Bürgern verbessern, denen die Flughafenfrage wichtig ist. Wozu also dann die Aufregung? Schließlich hat keiner verlangt, dass die Kandidaten einen rechtlich bindenden Vertrag über ihr zukünftiges Abstimmungsverhalten unterschreiben . Sie sollten nur ihre Meinung öffentlich bekannt geben – schriftlich, damit man sie später besser an ihre Wahlversprechen erinnern kann, und weil es organisatorisch gar nicht anders geht. Die Fraktionsvorsitzenden, die sich hier aufregen, haben offenbar Probleme mit für sie neuen Situation, dass die Wähler bei konsequenter Anwendung des neuen Wahlrechts ihre Listenhierarchie und damit die Machtverhältnisse in ihrer Partei durcheinander bringen könnten.
Und was das Demokratieverständnis betrifft: Jeder Wähler kann seine Wahlentscheidung treffen, wie er will. Wenn er sich anhand der Meinung der Kandidaten zu bestimmten politischen Fragen entscheiden möchte, hat er das Recht, diese Meinung zu erfragen. Wenn ihm die Flughafenfrage wichtig genug ist, kann er seine Entscheidung allein daran festmachen. Er kann außerdem erwarten, dass sich ein Kandidat nach der Wahl so verhält, wie er es vor der Wahl versprochen hat (auch wenn das heute in der Politik keineswegs die Regel ist). Und natürlich darf jeder Wähler denken – und auch laut sagen – „wenn Du nicht mein Anliegen unterstützt, wähle ich Dich nicht“. Genau genommen, ist das schon eine Art, Druck auszuüben. Aber dies ist in jeder Situation der Fall, wo eine Person oder Gruppe die Macht hat, über andere zu entscheiden – einmal in vier Jahren kann der Wähler seine Macht ausüben, indem er Kreuze auf dem Stimmzettel macht
Die Kandidatenumfrage ist ein Versuch, die Wahlentscheidung transparenter zu machen und damit ein Versuch, mehr Demokratie zu wagen. Mit dem neuen Wahlrecht werden sich die Politiker an solche Aktionen gewöhnen müssen. Inzwischen wurde bekannt, dass noch mehrere andere Bürgerinitiativen gegen Flughafenausbau, z.B. Heusenstamm und Offenbach, ebenfalls Fragebogen an ihre Kandidaten verteilt haben. Dort sehen die Politiker die Sache eher gelassen – sie füllen einfach die Fragebögen aus und schicken sie zurück.
Veranstaltungen, auf denen Bürgerinitiativen Kommunalwahl-Kandidaten zum Thema Flughafen befragen, finden derzeit überall statt und regen niemand sonderlich auf. Mit der Idee, nicht nur die Parteispitzen, sondern jeden Kandidaten einzeln zu befragen, hat die BAD aber offenbar in ein Wespennest gestochen. Fraktions- oder Parteivorsitzende reagierten wütend. „Die gewählten Mandatsträger sind nur ihrem Gewissen verantwortlich ... Die geforderte Erklärung grenze an Nötigung“, erklärte die FWG. Die CDU sprach von „falschem Demokratieverständnis“ bei den Aktivisten und betonte ebenfalls die Gewissensfreiheit. Die SPD ärgert sich über die Befragungsmethode, besonders die Antwort-Frist und fürchtet eine Polarisierung „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“. Der ÖDP missfällt, dass von denen, die nicht antworten, angenommen wird, dass sie die BAD nicht unterstützen. Die FDP sieht sich „massiv unter Druck gesetzt“ und findet es nicht richtig, einen Kandidaten “singulär nach einer politischen Bewertung“ zu beurteilen. Die Fraktionsvorsitzenden entschieden auch gleich für die nur ihrem Gewissen (aber nicht etwa der Parteidisziplin) verpflichteten Kandidaten, dass keiner antworten würde. Eine Ausnahme machen nur die Grünen: sie befürworten sowohl die Umfrage als auch die Position der BAD zum Flughafenausbau.
Der Magistrat ließ – entgegen der Meinung des besonnenen Bürgermeisters – sogar vom Rechtsamt die Frage prüfen, ob man die BAD wegen Nötigung verklagen könne!
Nun kann man sich sicherlich darüber streiten, ob man das Schreiben nicht etwas höflicher formulieren könnte, oder ob man den Kandidaten zumuten kann, einen Brief oder ein Fax zu schicken, um ihre Meinung kund zu tun. Bei einer so wichtigem Frage wie dem Flughafenausbau sollten die Kandidaten aber diese kleine Mühe eigentlich nicht scheuen. Schließlich können sie so ihre Wahlchancen bei den Bürgern verbessern, denen die Flughafenfrage wichtig ist. Wozu also dann die Aufregung? Schließlich hat keiner verlangt, dass die Kandidaten einen rechtlich bindenden Vertrag über ihr zukünftiges Abstimmungsverhalten unterschreiben . Sie sollten nur ihre Meinung öffentlich bekannt geben – schriftlich, damit man sie später besser an ihre Wahlversprechen erinnern kann, und weil es organisatorisch gar nicht anders geht. Die Fraktionsvorsitzenden, die sich hier aufregen, haben offenbar Probleme mit für sie neuen Situation, dass die Wähler bei konsequenter Anwendung des neuen Wahlrechts ihre Listenhierarchie und damit die Machtverhältnisse in ihrer Partei durcheinander bringen könnten.
Und was das Demokratieverständnis betrifft: Jeder Wähler kann seine Wahlentscheidung treffen, wie er will. Wenn er sich anhand der Meinung der Kandidaten zu bestimmten politischen Fragen entscheiden möchte, hat er das Recht, diese Meinung zu erfragen. Wenn ihm die Flughafenfrage wichtig genug ist, kann er seine Entscheidung allein daran festmachen. Er kann außerdem erwarten, dass sich ein Kandidat nach der Wahl so verhält, wie er es vor der Wahl versprochen hat (auch wenn das heute in der Politik keineswegs die Regel ist). Und natürlich darf jeder Wähler denken – und auch laut sagen – „wenn Du nicht mein Anliegen unterstützt, wähle ich Dich nicht“. Genau genommen, ist das schon eine Art, Druck auszuüben. Aber dies ist in jeder Situation der Fall, wo eine Person oder Gruppe die Macht hat, über andere zu entscheiden – einmal in vier Jahren kann der Wähler seine Macht ausüben, indem er Kreuze auf dem Stimmzettel macht
Die Kandidatenumfrage ist ein Versuch, die Wahlentscheidung transparenter zu machen und damit ein Versuch, mehr Demokratie zu wagen. Mit dem neuen Wahlrecht werden sich die Politiker an solche Aktionen gewöhnen müssen. Inzwischen wurde bekannt, dass noch mehrere andere Bürgerinitiativen gegen Flughafenausbau, z.B. Heusenstamm und Offenbach, ebenfalls Fragebogen an ihre Kandidaten verteilt haben. Dort sehen die Politiker die Sache eher gelassen – sie füllen einfach die Fragebögen aus und schicken sie zurück.
Themen hierzuAssciated topics:
Dietzenbach Nachtflugverbot Kommunalwahlen Flughafen-Ausbau FRA
Das könnte Sie auch interessierenFurther readings:
Heusenstamm
<2000-04-22>
Neu-Isenburg
<2000-04-22>
Rödermark
<2000-04-22>
Dreieich
<2000-04-22>
Kreisstadt schert aus
Frankfurter Rundschau: "Der Magistrat der Kreisstadt rät den Stadtverordneten, das Positionspapier „Die Region und der Flughafen“ aller Landkreise und Kommunen in der Region nicht zu unterschreiben."
<2012-01-17>
"Nachtflugverbot" am Frankfurter Flughafen ?
"Nachtflugverbot" bleibt ein Versprechen ohne Wert
<2002-08-19>
Kreis GG: Ausbau ohne Nachtflugverbot?
Landrat Siehr fordert Klarstellung aus Wiesbaden (PM vom 08.03.2006)
<2006-03-08>
ZRM: "Bund hat Weisungsrecht in Sachen Nachtflugverbot"
Landesregierung muss Ausbaubaupläne stoppen!
<2007-09-20>
Ausbau des Frankfurter Flughafens ohne Nachtflugverbot?
Schockierend!! - Droht nun der brutalstmögliche Flughafenausbau?
Pressemitteilung vom 07.09.2007
Pressemitteilung vom 07.09.2007
<2007-09-20>
Stoppt der Bund das Nachtflugverbot?
Oder sucht die Landesregierung einen Schuldigen, wenn es kein Nachtflugverbot gibt?
<2007-09-22>
Das Nachtflugverbot ist gestorben
Koch im Landtag: aus juristischen Gründen werden Ausnahmen zulässig sein
<2007-12-16>
Der Kampf um das Nachtflugverbot
<2018-02-06>
Nachtflugverbot nicht einfach, aber machbar
<2002-08-17>
Aufstand im RDF - Kommunalvertreter setzen Teilnahme aus
Sind die Bürgermeister doch keine Papiertiger?
<2003-05-24>
BUND - PRESSEMITTEILUNG
Eine Kampfansage an Mensch und Natur
Fraport meilenweit von der sog. Mediation entfernt
<2003-04-03>
Steinbrück: Arbeitsplätze wichtiger als Umweltschutz
Flughafen Köln-Bonn soll unbeschränkt nachtoffenes Frachtdrehkreuz werden
<2003-06-06>
Das Nachtflugverbot - die unendliche Geschichte von der Unaufrichtigkeit der Verschlimmbesserer
Pressemitteilung der BI Mörfelden-Walldorf vom 06.02.2005
<2005-02-07>