KREIS GROSS-GERAU - "Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es gibt noch viel Handlungsbedarf": Landrat Thomas Will und Erster Kreisbeigeordneter Walter Astheimer äußern erhebliche Bedenken gegen den Verordnungsentwurf des Hessischen Wirtschaftsministeriums zur Festlegung des Lärmschutzbereichs am Frankfurter Flughafen. Zwar sei es erfreulich, dass die Landesregierung die ab 2011 geltenden strengeren Lärmschutzvorschriften zugrunde gelegt habe: "Von einem wirksamen Schutz vor Fluglärm sind wir aber noch weit entfernt!"
Dabei sei es besonders bedauerlich, dass die neuesten Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung offensichtlich noch nicht berücksichtigt worden seien. Es sei mittlerweile unbestritten, dass erhöhter Fluglärm bei Kindern zu Konzentrationsschwächen und Lernstörungen führen könne, betonte Thomas Will. Im Kreis Groß-Gerau liegen aber mindesten elf Schulen in einer Zone mit besonders hoher Fluglärmbelastung: "Deshalb muss der zulässige Lärmpegel hier nochmals deutlich abgesenkt werden!"
Walter Astheimer wies darauf hin, dass der Verordnungsentwurf die derzeit erprobten neuen Flugrouten sowie An- und Abflugverfahren noch nicht berücksichtige. Diese könnten jedoch die Lärmbelastung in einigen Kommunen "dramatisch" verschlimmern: "Allein von der sogenannten Südumfliegung sind mindesten drei Schulen betroffen." Zudem liege die Verteilung der Starts und Landungen auf die einzelnen Bahnen keineswegs nur in der jeweils herrschenden Windrichtung begründet, sondern folge durchaus auch anderen flugtechnischen sowie wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Diese aber würden im vorliegenden Entwurf gänzlich außer Acht gelassen. Eine Lärmschutzverordnung, so Astheimer, müsse aber von der höchst möglichen Lärm-Emission ausgehen und dürfe die Belastungen nicht schön rechnen: "Wir müssen den "worst-case" zugrunde legen, um die Bevölkerung wirksam zu schützen!" Deshalb sollten die Lärmschutzzonen so umfangreich ausgelegt werden, dass alle An- und Abflugvarianten, aber auch der Einsatz unterschiedlich lauter Flugzeugtypen berücksichtig werden könne.
Landrat und Erster Kreisbeigeordneter bemängeln außerdem, dass das Ministerium in seinem Entwurf nach wie vor von durchschnittlich 17 Starts und Landungen in der Zeit zwischen 23 Uhr und 5 Uhr ausgehe, obwohl der Hessische Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich ein Nachtflugverbot gefordert habe. Astheimer und Will erinnerten daran, dass zwischen 22 Uhr und 6 Uhr sogar durchschnittlich 150 Flüge möglich seien, auch dies mit gravierenden Auswirkungen auf die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung. "Auch wenn die Verordnung dies nicht regelt: Ein absolutes Nachtflugverbot ist der wirksamste Lärmschutz für die Nachtzeit!"
Im Zusammenhang mit der Festlegung der Schutzzonen und möglichen Entschädigungsleistungen fordert der Kreis die Einrichtung einer kompetenten Informations- und Beratungsstelle: "Hier muss die Bevölkerung allgemeinverständliche Auskünfte zu allen Fragen rund um die Festsetzung der Schutzzonen erhalten". Dort müsse dann auch darüber informiert werden, wie Entschädigungsansprüche nicht nur festgestellt, sondern auch geltend gemacht werden könnten.
Im übrigen, so Thomas Will und Walter Astheimer abschließend, belege die aktuelle Diskussion einmal mehr, wie wenig raumverträglich der Flughafenausbau sei: "Die Lebensqualität im Rhein-Main-Gebiet wird sich massiv verschlechtern. "Deshalb bemühe sich der Kreis auch weiterhin darum, die Bevölkerung so gut wie möglich vor den gesundheitsschädlichen Folgen des Fluglärms zu schützen: "Auch die Hessische Landesregierung sollte sich dies Ziel nun endlich zu eigen machen!"