Posch, der Passend-Macher
Ex-Minister fordert neues Planungsrecht für Großprojekte wie den Flughafenausbau
<2004-08-12>
Ex-Wirtschaftsminister Posch sollte eigentlich kein Thema mehr für uns sein - eben weil er nicht mehr Wirtschaftsminister ist und deshalb keinen Schaden mehr anrichten kann. Doch die Probleme der Landesregierung mit dem vom Verwaltungsgericht kassierten Regionalplan und dem Verfahren zum Flughafenausbau haben ihn wieder einmal aus der Reserve gelockt. Posch übt sich weiterhin in der Disziplin, in der er es während seiner Amtszeit zur Meisterschaft gebracht hat - dem Passend-Machen von Fakten, Verfahren und Gesetzen, die seinen Plänen im Wege stehen. Zumindest theoretisch.
Diesmal ist es das deutsche Planungsrecht, das nach seiner Ansicht passend gemacht werden müsste. "Früher waren die Planungszeiten kurz und die Bauzeiten lang, heute ist es genau umgekehrt", kritisiert Posch. "Das beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, die Wettbewerber in anderen Ländern lachen sich darüber schlapp". Insbesondere der geplante Flughafenausbau, der auch unter seinem Nachfolger Rhiel nicht so recht vorangehen will, macht Posch Sorgen.
Das liegt natürlich nicht an der Landesregierung (war Posch nicht derjenige, der die Sache mit der nachträglichen Änderung des Regionalplans zu verantworten hat?) . Sondern das deutsche Planungsrecht ist schuld. Es gehe nicht an, "dass ein für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zentrales Projekt, das von einer breiten Mehrheit im Hessischen Landtag getragen wird, planerisch genauso mühsam über viele Instanzen vorangetrieben werden muß und eben an diesen scheitern kann, wie eine x-beliebige Umgehungsstraße", sagt Posch. Sein Vorschlag dagegen: für große Infrastrukturprojekte soll es ein eignenes Planungsrecht geben.
Und wie sieht Poschs ideale Welt aus? Zuerst soll der Landtag beschließen, ob er das Projekt durchführen will. Dann soll in einem einzigen Verwaltungsverfahren nur noch geklärt werden, wie das Projekt realisiert wird. Alle nötigen Verfahrensschritte sollen in diesem Verfahren zusammengefasst werden - Umweltverträglichkeitsprüfung ebenso wie Regionalplanung, Bauplanung ebenso wie luftverkehrsrechtliche Genehmigungen. Klagen dürfte man, und das ist der wichtigste Punkt für Posch, nur noch einmal in diesem Verfahren. Die jetzige Möglichkeit, in jedem Schritt zu klagen, führe zu erheblichen Verzögerungen. Das stimmt sogar - insbesondere, wenn man in jedem Verfahrensschritt so haarsträubende Fehler macht wie Fraport und die Landesregierung, so dass die Gerichte sehr oft etwas auszusetzen haben!
Bereits zu Beginn des Jahres hatte Posch eine Forderung in den Landtag eingebracht, lange Planungszeiten generell abzukürzen, etwa durch die Abschaffung der vorgeschalteten Raumordnungsverfahren. Verabschiedet hat der Landtag kurz vor der Sommerpause, daß künftig die "Option angeboten werden soll, dass auf das Raumordnungsverfahren verzichtet werden kann". Und, dass der Landtag "die Bemühungen der Landesregierung unterstützt, über den Bundesrat die Einspruchs- und Rechtswegemöglichkeiten weiter zu reduzieren und bedeutend zu verkürzen" (!!).
Poschs Sicht der Welt und sein "Demokratieverständnis" haben sich offenbar seit seiner Ministerzeit nicht im geringsten geändert. Vorfahrt für wirtschaftliche Interessen, ist seine Devise, und das bedeutet in der Verkehrspolitik: Ausbau, Ausbau und noch einmal Ausbau: Ohne Rücksicht auf Mensch und Natur und bei Bedarf auch ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz. Weil die Gerichte Posch deswegen nicht das erste Mal auf die Finger geklopft haben, versucht er die Gesetze und Verfahren einfach passend zu ändern. "Beschleunigung und Deregulierung im Interesse des Standorts" wird das genannt und bedeutet bei Großprojekten Einschräkung der Mitwirkungs- und Klagemöglichkeiten der betroffenen Bürger.
Eine lange Liste solcher Änderungen hat Posch schon auf dem Gewissen. Bannwald im Weg? Heben wir den Schutz doch auf. Wieder einmal gegen den BUND vor Gericht verloren? Da muss das Verbandsklagerecht abgeschafft werden. Flughafen-Ausbau nicht raumverträglich? Man kann doch das Gutachten des RP ein bisschen abändern. Oder noch besser - Raumordnungsverfahren gleich abschaffen. Ist doch bei einem Großprojekt wie dem Flughafenausbau völlig überflüssig. Regionalversammlung pariert nicht? Schränken wir ihre Befugnisse ein! Regionalplan gefällt nicht? Ändern wir ihn doch einfach nachträglich! War leider rechtswidrig? Dagegen hilft der Landesentwicklungsplan. Muss sowieso neu gemacht werden, weil wichtige Teile darin auch rechtswidrig waren. Doch das ist jetzt nicht mehr Sache von Posch, sondern von seinem Nachfolger Rhiel, das wieder hinzukriegen.
Bis jetzt hat Posch mit seinen Wünschen nach einem Planungsrecht, das nach seinem Geschmack ist, auf bundespolitischer Ebene nicht viel Erfolg gehabt. Bei der täglichen Bürokratie im kleinen, mit denen der Normalbürger zu kämpfen hat, kann gern vereinfacht werden. Doch bei Großprojekten, die viele Tausend Menschen betreffen (meist nicht positiv), brauchen wir wirklich niemand, der "die Einspruchs- und Rechtswegemöglichkeiten weiter reduziert".
Ein Trost: auf viel Begeisterung sind Poschs neue alte Ideen bis jetzt nicht gestoßen, nur die FAZ hat bisher davon Kenntnis genommen. Da kann man nur hoffen, das das so bleibt.
Diesmal ist es das deutsche Planungsrecht, das nach seiner Ansicht passend gemacht werden müsste. "Früher waren die Planungszeiten kurz und die Bauzeiten lang, heute ist es genau umgekehrt", kritisiert Posch. "Das beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, die Wettbewerber in anderen Ländern lachen sich darüber schlapp". Insbesondere der geplante Flughafenausbau, der auch unter seinem Nachfolger Rhiel nicht so recht vorangehen will, macht Posch Sorgen.
Das liegt natürlich nicht an der Landesregierung (war Posch nicht derjenige, der die Sache mit der nachträglichen Änderung des Regionalplans zu verantworten hat?) . Sondern das deutsche Planungsrecht ist schuld. Es gehe nicht an, "dass ein für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zentrales Projekt, das von einer breiten Mehrheit im Hessischen Landtag getragen wird, planerisch genauso mühsam über viele Instanzen vorangetrieben werden muß und eben an diesen scheitern kann, wie eine x-beliebige Umgehungsstraße", sagt Posch. Sein Vorschlag dagegen: für große Infrastrukturprojekte soll es ein eignenes Planungsrecht geben.
Und wie sieht Poschs ideale Welt aus? Zuerst soll der Landtag beschließen, ob er das Projekt durchführen will. Dann soll in einem einzigen Verwaltungsverfahren nur noch geklärt werden, wie das Projekt realisiert wird. Alle nötigen Verfahrensschritte sollen in diesem Verfahren zusammengefasst werden - Umweltverträglichkeitsprüfung ebenso wie Regionalplanung, Bauplanung ebenso wie luftverkehrsrechtliche Genehmigungen. Klagen dürfte man, und das ist der wichtigste Punkt für Posch, nur noch einmal in diesem Verfahren. Die jetzige Möglichkeit, in jedem Schritt zu klagen, führe zu erheblichen Verzögerungen. Das stimmt sogar - insbesondere, wenn man in jedem Verfahrensschritt so haarsträubende Fehler macht wie Fraport und die Landesregierung, so dass die Gerichte sehr oft etwas auszusetzen haben!
Bereits zu Beginn des Jahres hatte Posch eine Forderung in den Landtag eingebracht, lange Planungszeiten generell abzukürzen, etwa durch die Abschaffung der vorgeschalteten Raumordnungsverfahren. Verabschiedet hat der Landtag kurz vor der Sommerpause, daß künftig die "Option angeboten werden soll, dass auf das Raumordnungsverfahren verzichtet werden kann". Und, dass der Landtag "die Bemühungen der Landesregierung unterstützt, über den Bundesrat die Einspruchs- und Rechtswegemöglichkeiten weiter zu reduzieren und bedeutend zu verkürzen" (!!).
Poschs Sicht der Welt und sein "Demokratieverständnis" haben sich offenbar seit seiner Ministerzeit nicht im geringsten geändert. Vorfahrt für wirtschaftliche Interessen, ist seine Devise, und das bedeutet in der Verkehrspolitik: Ausbau, Ausbau und noch einmal Ausbau: Ohne Rücksicht auf Mensch und Natur und bei Bedarf auch ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz. Weil die Gerichte Posch deswegen nicht das erste Mal auf die Finger geklopft haben, versucht er die Gesetze und Verfahren einfach passend zu ändern. "Beschleunigung und Deregulierung im Interesse des Standorts" wird das genannt und bedeutet bei Großprojekten Einschräkung der Mitwirkungs- und Klagemöglichkeiten der betroffenen Bürger.
Eine lange Liste solcher Änderungen hat Posch schon auf dem Gewissen. Bannwald im Weg? Heben wir den Schutz doch auf. Wieder einmal gegen den BUND vor Gericht verloren? Da muss das Verbandsklagerecht abgeschafft werden. Flughafen-Ausbau nicht raumverträglich? Man kann doch das Gutachten des RP ein bisschen abändern. Oder noch besser - Raumordnungsverfahren gleich abschaffen. Ist doch bei einem Großprojekt wie dem Flughafenausbau völlig überflüssig. Regionalversammlung pariert nicht? Schränken wir ihre Befugnisse ein! Regionalplan gefällt nicht? Ändern wir ihn doch einfach nachträglich! War leider rechtswidrig? Dagegen hilft der Landesentwicklungsplan. Muss sowieso neu gemacht werden, weil wichtige Teile darin auch rechtswidrig waren. Doch das ist jetzt nicht mehr Sache von Posch, sondern von seinem Nachfolger Rhiel, das wieder hinzukriegen.
Bis jetzt hat Posch mit seinen Wünschen nach einem Planungsrecht, das nach seinem Geschmack ist, auf bundespolitischer Ebene nicht viel Erfolg gehabt. Bei der täglichen Bürokratie im kleinen, mit denen der Normalbürger zu kämpfen hat, kann gern vereinfacht werden. Doch bei Großprojekten, die viele Tausend Menschen betreffen (meist nicht positiv), brauchen wir wirklich niemand, der "die Einspruchs- und Rechtswegemöglichkeiten weiter reduziert".
Ein Trost: auf viel Begeisterung sind Poschs neue alte Ideen bis jetzt nicht gestoßen, nur die FAZ hat bisher davon Kenntnis genommen. Da kann man nur hoffen, das das so bleibt.
Themen hierzuAssciated topics:
Posch hessische Rechtsvorschriften Hessisches Landesplanungsgesetz (HLPG) Hessische Landesregierung Genehmigungsverfahren Planfeststellungs-Verfahren(allg.)
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