Die Zürcher Fluglärm-Mediation ist geplatzt. Beim ersten Arbeitstreffen nach der gemeinsamen Auftaktveranstaltung konnten sich die 28 Vertreter der mehr als 120 beteiligten Institutionen nicht auf die Besetzung der 15-köpfigen "Koordinationsgruppe" einigen, die für die Festlegung von Zielen und Arbeitsplänen und anderen Spielregeln der Mediation verantwortlich sein sollte. Die Beteiligten entschieden sich danach, keine Mediation durchzuführen. "Alle, die präsent waren, kamen zum Schluss, dass es so nicht geht", sagte die Zürcher Regierungsrätin Rita Fuhrer am frühen Freitagmorgen in einer ersten Reaktion. Damit hat das ehrgeizige Mammutprojekt, bei dem die zukünftige Entwicklung des Flughafens Zürich, vor allem aber die Flugrouten und damit die Verteilung des Fluglärms verhandelt werden sollte, schon in der Vorbereitungsphase Schiffbruch erlitten.
Auslöser des Scheiterns war ein Streit der Bürgerorganisationen, die im Süden, Osten und Norden des Flughafens angesiedelt sind und damit drei verschiedene Interessenrichtungen vertreten, um die zwei ihnen zugestandenen Plätze in der Koordinationsgruppe. Die Bürgerorganisationen aus dem Osten und Norden wollten sich nicht gefallen lassen, dass sie sich einen Sitz teilen sollten, während der Süden einen eigenen Sitz erhalten hätte. Diese Position ist verständlich, denn im Kern geht es bei der Mediation um die Frage, ob der Fluglärm nach Norden, Osten oder Süden kommt. Auch die Wirtschaftsorganisationen konnten sich nicht auf einen Vertreter einigen.
Ein möglicher Misserfolg der Mediation hatte sich schon vorher abgezeichnet. Kurz vor dem Beginn des Verfahrens hatten die Vorschläge der Projektgruppe "Relief" ("Raumentwicklungskonzept für die Flughafenregion und langfristige Infrastruktur des Flughafens") für Zündstoff gesorgt. Die von der Zürcher Kantonsregierung eingesetzte Expertengruppe hatte ein Konzept vorgestellt, nach dem die Anflüge zukünftig über den Osten und Norden des Flughafens, aber nicht mehr über dem Süden abgewickelt werden sollen. Die Veröffentlichung dieser Ideen hatte das Klima der Mediation bereits im Vorfeld belastet, weil einige Teilnehmer die Ergebnisoffenheit nicht mehr als gegeben ansahen.
Die Idee der Zürcher Flughafen-Mediation war im letzten Herbst von Bundesrat Leuenberger ins Leben gerufen worden. Anlass war der Streit um neue Flugrouten als Folge des gescheiterten Staatsvertrags mit Deutschland. Nachdem der Staatsvertrag 2002 von Schweizer Seite abgelehnt worden war, hatte Deutschland eine einseitige Verordnung zur Beschränkung von Flügen über deutschem Gebiet erlassen. Deswegen hatte man am Flughafen Zürich Anflüge von Süden her eingeführt, die seitdem für heftige Konflikte sorgen. An der Mediation sollten der Kanton Zürich und sechs weitere Kantone, Wirtschafts- und Gemeindeverbände, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen und auch süddeutsche Landkreise teilnehmen. Die Erfolgschancen des Verfahrens waren in letzter Zeit wenig optimistisch gesehen worden.
Die Flughafenbetreibergesellschaft Unique forderte jetzt, die Rechtsunsicherheit schnell zu beeden und die Probleme "innerhalb der demokratisch legitimierten Institutionen auf politischem Weg gelöst zu lösen". Der deutsche Landkreis Waldshut, der ohnehin nur auf Drängen des Bundeskanzlers an der Mediation teilgenommen hatte, kündigte Widerstand gegen das Relief-Projekt an.
Mehr zur Zürcher Mediation und zum Staatsvertrag:
Neue Zürcher Zeitung: Dossier Flughafen Zürich
Staatsvertrag, Staatsverträge Zürich „Mediations“-Verfahren zum Ausbau des Frankfurter Flughafens Flugrouten Anflugroute(n)