Das Thema Regionalplanung hat zur Zeit wirklich Konjunktur: das Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung hat letzte Woche im Auftrag des Bundesbauministeriums eine Studie Europäische Verflechtungen deutscher Metropolregionen und ihre Auswirkungen auf die Raumstruktur des Bundesgebietes vorgestellt.
Die Studie bescheinigt den drei Regionen Frankfurt/Rhein-Main, München/Oberbayern und Rhein-Ruhr im deutschen Vergleich Spitzenplätze nach den Kriterien Wirtschaftskraft, Außenhandel, Entscheidungs- und Kontrollkapazitäten, Kommunikations- und Treffpunkt und Verkehrsknoten. Dabei schneidet die Region München bei der Wirtschaftskraft, der Exportquote und beim Wirtschaftswachstum am besten ab. Auch der Region Rhein-Main wird eine starke Stellung bescheinigt. Allerdings sei die Abhängigkeit von ausländischem Kapital und der Funktion als "Tor zur Welt" hier groß. Zwar scheint diese Rolle derzeit unangefochten, doch kann in einer derart hochspezialisierten Stadt aufgrund veränderter Strategien und Optionen der Wirtschaft auch ein rascher Abstieg in der Rangordnung des internationalen Städtesystems eintreten, heißt es in der Studie. Die Region München wird wegen einer größeren Reichhaltigkeit der Wirtschaftsstruktur mit einem nach wie vor starken Produktionssektor als stabiler angesehen.
Auch in dieser Studie wird ausgesagt, dass sich im Umfeld von Flughäfen mehr denn je zentrale Funktionen zu eigenständigen Zentren zusammenballen, etwa Hotel- und Kongresszentren, Luftfrachtumschlagszonen, Einkaufs- und Vergnügungszonen, Büroagglomerationen. Für Rhein-Main prognostizieren die Autoren deshalb eine Aufwertung der Flughafen-Cities für den Geschäftsverkehr bei gleichzeitiger Verlagerung des touristischen Verkehrs und teilweise auch des Luftfrachtverkehrs auf andere Standorte. (Die Autoren haben doch nicht etwa das Mediationspaket und die darauf folgende Diskussion studiert?)
Die Autoren gehen davon aus, dass es zu einer Macht- und Bedeutungsverschiebung zugunsten regionaler und supraregionaler und zu Lasten nationaler Handlungsebenen kommen wird und schlagen deshalb vor, Metropolregionen mehr politische Macht zu geben, damit ihre transnationale Handlungsfähigkeit gestärkt wird. Im Klartext: die Region soll gewisse Dinge selbständig entscheiden können, ohne dass Landes- oder Bundesregierung ihnen reinreden können. Was dann aus dem Rest des Landes wird, für das die Regierung noch zuständig ist? Könnte ein verfassungsrechtliches Problem geben.
Auch diese Studie orientiert sich beim Vergleich der Regionen am Standortwettbewerb (hier zwischen Metropolregionen) und an der Wirtschaft. Deshalb ist auch klar, dass sich die Autoren wegen der Funktion der Metropolen als Tor zur Welt und wirtschaftliche Motoren im nationalen Produktions- und Dienstleistungssystem dafür aussprechen, dass Flug- und Seehäfen, Logistikstandorte, Informations- und Kommunikationsstandorte, Messen und Kongresszentren weiter ausgebaut werden müssen. Von der Lebensqualität für alle Bewohner der Region, einer intakten Umwelt oder sozialen Faktoren (wie bezahlbarem Wohnraum) ist hier nicht die Rede. Das kennen wir schon, vom Kanzler, Minister Bodewig, Minister Posch und anderen Politikern man weiß schließlich, worauf es ankommt.
Aber immerhin hat diese Studie darauf hingewiesen, dass die Abhängigkeit von den Banken und der Funktion als Tor zur Welt ( = Flughafen) ein Risiko beinhaltet. Daraus werden unsere Politiker sicher die Folgerung ziehen, dass man z.B. den Flughafen ausbauen muss, damit man diejenigen, von denen man abhängig ist, nicht verärgert. Man könnte aber auch auf die Idee kommen, die Wirtschaft auf eine breitere Basis zu stellen, um die Abhängigkeit vom Flughafen zu verringern. Und noch ein guter Hinweis ist in der Studie enthalten: dass das System der deutschen Metropolregionen Schaden nehmen könne, wenn sich alle Regionen die gleichen Funktionsmerkmale (zum Beispiel Luftdrehkreuze) aneignen wollten, also miteinander konkurrieren wollten. Stattdessen wird eine interregionale Kooperation vorgeschlagen, beispielsweise zwischen Rhein-Main, Stuttgart und Rhein-Ruhr. Wahrscheinlich wird auch dieser Vorschlag dahingehend interpretiert werden, dass Frankfurt den Flugverkehr der anderen genannten Regionen mit übernimmt und der Flughafen deshalb wachsen muss. Man könnte aber auch die Forderung nach einem integriertes Verkehrskonzept mit einer sinnvollen Verteilung des Verkehrs daraus ableiten.Und das wäre schon mal ein Fortschritt.
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