Bürgermeister gegen Flughafenausbau und Landesentwicklungsplan
Anliegerkommunen kritisieren Siedlungsbeschränkungen und Abkehr von der Mediation
Von: @cf <2007-02-13>
Vor der Landestagsanhörung zur Änderung des Landesentwicklungsplans haben die Bürgermeister von sieben Anliegerkommunen des Frankfurter Flughafens scharfe Kritik an der Landesregierung geübt

Im Vorfeld der Landtagsanhörung zur Änderung des hessischen Landesentwicklungsplans haben die Bürgermeister von sieben Anliegerkommunen scharfe Kritik an der Landesregierung und an den Plänen zum Flughafenausbau geübt. Besonders kritisiert wurde die Abkehr von der "Mediation" und die massiven Einschränkungen bei der Ausweisung neuer Wohngebiete.

Bei der Änderung des Landesentwicklungsplans soll der geplante Flughafenausbau mit einer Nordwestbahn festgeschrieben werden. Für die Anlieger-Kommunen bedeutet das nicht nur hohe Belastungen durch Fluglärm, Schadstoffe und zusätzlichen Verkehr, sondern auch Siedlungsbeschränkungen: sie können nicht mehr wachsen. Die Städte Flörsheim, Hochheim und Hattersheim hatten durch Klagen erreicht, dass die Festschreibung des Ausbaus im Landesentwicklungsplan 2000 und im zugehörigen Regionalplan gekippt wurde. Deshalb müssen die Pläne jetzt neu gemacht werden.

Der Flörsheimer Bürgermeister Michael Antenbrink appellierte an die Landtagsabgeordneten, die Bürger nicht im Stich zu lassen. Der Landesentwicklungsplans diene nur der planerischen Absicherung des Ausbaus, um die nachteiligen Auswirkungen für die Betroffenen kümmere man sich nicht. Überall werde es durch den Ausbau zusätzliche Belastungen geben und man habe keine Garantie, wo das Ende der Fahnenstange sei. "Das ist keine Regionalplanung, sondern ein Gefälligkeitsgutachten", schimpfte Antenbrink.

Angelika Munck, Bürgermeisterin in Hochheim, fühlt sich "über den Tisch gezogen". Die Landesregierung ändere nachträglich die Gesetze, um den Ausbau genehmigungsfähig zu machen.

Der Bürgermeister von Hattersheim, Hans Franssen, beklagte die Abkehr von der Mediation. Im Landesentwicklungsplan werde zwar der Flughafenausbau, nicht aber das Nachtflugverbot festgeschrieben. Ebenso wie Munck befürchtet Franssen, dass Fraport in der Auseinandersetzung über den Ausbau bessere Karten habe, weil sie über viel größere finanzielle Mittel verfüge als die Kommunen.

Der Rüsselheimer Stadtrat Ernst Peter Layer beschwerte sich über die Einschränkungen bei der Ausweisung neuer Wohngebiete durch den neuen Landesentwicklungsplan. Obwohl die Kommunen in der Wachstumsregion Rhein-Main liegen würden, könnten sie nicht am Wachstum teilhaben. So werde für Rüsselsheim Bedarf für 27 Hektar neuer Siedlungsflächen festgestellt, 17 davon würden aber durch die Siedlungsbeschränkungen gleich wieder entfallen. Ein "Ausgleich in der Wetterau" nütze der Stadt nichts.

Bernhard Brehl, Bürgermeister in Mörfelden-Walldorf sieht durch den Ausbau neben dem Fluglärm auch am Boden große Probleme bei der Verkehrsanbindung. Auswirkungen auf Landes-, Kreis- und Ortsstraßen seien nicht untersucht worden.

Der Kelsterbacher Bürgermeister Erhard Engisch bezeichnete den vier Milliarden teuren Ausbau als "volkswirtschaftlichen Wahnsinn" . Die Nordwestbahn koste nicht nur zusätzlich 650 Millionen für die Schließung der Ticona, sondern auch noch 1000 Arbeitsplätze in der Stadt. Dabei sei im Jahr 2020 vermutlich die Kapazität schon wieder ausgeschöpft. Kelsterbach will die 300 Hektar Bannwald auf Kelsterbacher Stadtgebiet, die Fraport für den Bau der neuen Landebahn braucht, nicht freiwillig verkaufen. Engisch befürchtet deshalb, dass die Stadt enteignet wird.

Der Raunheimer Bürgermeister Thomas Jühe beklagte, die Landespolitik nehme ihre Verantwortung nicht wahr. Den meisten Abgeordneten seien die komplexen Wirkungen des Ausbaus in der Region nicht bewusst. Sei der Ausbau erst einmal genehmigt, würde sich keiner mehr darum kümmern. Jühe befürchtete, die Mediation würde beim Planfeststellungsbeschluss keine Rolle mehr spielen und werde zur reinen Farce.

Auch wenn die Bürgermeister die Erfolgsaussichten mit gemischten Gefühlen betrachten, zeigten sie sich fest entschlossen, auch weiterhin gegen den Ausbau zu kämpfen und gegen einen Planfeststellungsbeschluss zu klagen. Einen winzigen Erfolg in Sachen Landesentwicklungsplan konnten sie schon verbuchen: während sie ursprünglich auf der Landtagsanhörung gar nicht zu Wort kommen sollten, hat man ihnen nun wenigstens je fünf Minuten Redezeit eingeräumt.

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