Der Entwurf der Bundesregierung für ein neues Fluglärmgesetz wurde im Februar vom Kabinett verabschiedet und kurz darauf in erster Lesung vom Bundestag beschlossen. Der Bundestag beschloss, zum Thema eine öffentliche Expertenanhörung im Umweltausschuss abzuhalten, die am 8. Mai in Berlin stattfinden soll.
Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF), einer der wichtigsten Kritiker gegen den Gesetzentwurf, wurde zu dieser Anhörung nicht eingeladen, wie der Präsident der Vereinigung, Hartmut Breidenbach, mitteilte. Eingeladen wurden folgende Experten: Dr. Werner Reh (BUND), Helmar Pless (VCD), Prof. Dr. Hans-Joachim Koch (SRU), Thomas Jühe (ADF), Prof. Dr. Rainer Guski (Univers. Bochum), Wolfgang Klapdor (Flughafen Köln/Bonn), Walter Vill (Flughafen München), Dr. Alexander Samel (DLR) und Dr. Volker Gronefeld (Rechtsanwalt, vertritt unter anderem das Land Hessen bei Verfahren in Flughafen-Angelegenheiten).
Warum man den in Sachen Fluglärm kompetentesten Interessenverband der Lärmbetroffenen nicht eingeladen hat, liegt auf der Hand: die Bundesvereinigung ist zu kritisch. Hatte sie doch in der Vergangenheit sehr deutliche (und leider nur zu berechtigte) Kritik am Entwurf geübt (die Kritik der anderen Umweltverbände fiel dagegen recht moderat aus). Aus den Kreisen, die die Expertenanhörung vorbereiten, wurde folgende denkwürdige Äußerung berichtet:
"Die Gefechtslage ist sehr komplex und gleichzeitig politisch sensibel. Der Gesetzentwurf ist ein mühselig austariertes, politisches Gebilde, das sofort zusammenbricht, wenn irgendeine Seite daran rührt ... eine andere Lösung ist zur Zeit nicht möglich, auch wenn wir es noch so gerne wollen! Das Ergebnis wäre kein Gesetz, und das für lange Zeit."
Vielleicht wäre letzteres Ergebnis gar nicht so schlecht. Sind doch die in dem total verwässerten Entwurf vorgesehenen Grenzwerte und sonstigen Maßnahmen völlig unzureichend und bieten den Betroffenen kaum zusätzlichen Schutz über den jetzigen Zustand hinaus. Im Gegenteil - die Schutzzonen, ab denen man Anspruch auf passive Lärmschutzmaßnahmen hat, würden an vielen großen Flughäfen sogar kleiner ausfallen als die jetzt festgelegten. Außerdem ist das Fehlen jeglicher aktiver Lärmschutzmaßnahmen (z.B. Nachtflugbeschränkungen), die lange zeitliche Streckung der Ansprüche auf Schallschutzmaßnahmen und das verzögerte Inkrafttreten der Regelung für neue und geänderte Flughäfen schlicht unakzeptabel. Der letzte von dem geplanten Ausbau des Frankfurter Flughafens Betroffene, bei dem der Grenzwert gerade so überschritten ist, würde etwa im Jahr 2018 sein Schallschutzfenster bekommen!
Würde der Gesetzentwurf so verabschiedet, wie er jetzt ist, würde eine schlechte Regelung wieder auf viele Jahre zementiert. Da muss man wieder auf den altbekannten Spruch zurückkommen: "besser keines als so eines". Denn die Gerichte haben teilweise schon bessere Werte verfügt als die die im Entwurf vorgesehen sind. Außerdem bastelt die EU an europaweit verbindlichen Lärmschutzregelungen, die wahrscheinlich für die Betroffenennoch besser ausfallen werden als die Pläne der jetzigen Bundesregierung.
Doch auf jeden Fall gilt: wie ein Fluglärmgesetz aussieht, spiegelt die Stärke der jeweiligen Lobby wieder. Im Moment ist die Luftfahrtlobby wesentlich stärker als die der Fluglärmbetroffenen und hat die meisten Politiker fest unter Kontrolle - wobei vielen Politikern die tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes gar nicht klar sein dürfte. Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm hat deshalb bereits die Bundestagsabgeordneten angeschrieben, um für Veränderungen am vorliegenden Entwurf zu werben. Möglichst viele Fluglärmbetroffene sollten auch versuchen, so gut wie möglich Einfluss zu nehmen. Sprechen Sie daher Ihren Bundestagsabgeordneten an, damit dieser Gesetzentwurf so nicht verabschiedet wird!
Mehr inhaltliche Informationen in kurzer Form - zum Überzeugen von Politikern geeignet - finden Sie in den folgenden Zusammenfassungen der Bundesvereinigung gegen Fluglärm:
- Hintergrundpapier der BVF zum Fluglärmgesetz
- Forderungen der BVF zum Entwurf des Fluglärmgesetzes
- Positionspapier der BVF zum Fluglärmgesetz
- Fluglärmgesetz - dritter Anlauf
Alles zur Novellierung des Fluglärmgesetzes
Lärm-Grenzwerte BVF Fluglärmgesetz Bundes-Politik (Deutschland) Novellierung des Fluglärmgesetzes